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13.08.11 / Zeitbombe Kosovo tickt wieder / In dem neuerlichen Konflikt gibt es keinen Gewinner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Zeitbombe Kosovo tickt wieder
In dem neuerlichen Konflikt gibt es keinen Gewinner

Als Kosovo-Premier Hashim Thaci am Abend des 25. Juli die nördlichen  Grenzübergänge Jarinje und Brnjak von Polizeieinheiten besetzen ließ, um ein von ihm verfügtes Einfuhrverbot serbischer Waren zu kontrollieren, war der friedliche Schein dahin. Dabei schien der kosovarische Dauerkonflikt im ersten Halbjahr 2011 zu enden, nachdem sich Serben und Albaner im Dialog sogar über die leidige Frage der Zollstempel geeinigt hatten: Statt „Zoll der Republik Kosova“, was Serbien ablehnte, sollte es künftig „kosovarischer Zoll“ heißen und so normaler Warenaustausch zugunsten der fürs Kosovo defizitären Handelsbilanz möglich sein.

Im Jahre 1991 lebten im Kosovo 1,9 Millionen Menschen, darunter 195301 Serben. Nach 1999 wurden 230000 Nichtalbaner vertrieben, wogegen sich die Serben in regionalen „Wagenburgen“ wehrten. Im Norden (Mitrovica), Südosten (Pomoravlje) und im Zentrum (Gracanica) leben noch 126000 Serben. Sie unterstützen Belgrad bei dessen Ablehnung kosovarischer Unabhängigkeit, die vor allem auf Druck der USA im Februar 2008 einseitig proklamiert wurde.

Fünf EU-Staaten und zwei Drittel aller UN-Mitglieder haben diese Unabhängigkeit nicht anerkannt, auch ist das Kosovo durch die Serbengebiete, vor allem um Mitrovica, in Teilen der albanischen Kontrolle entzogen. Ökonomisch bewahrte das Kosovo im Frühjahr 2011 nur ein Kredit des Internationalen Währungsfonds über 22 Millionen Euro vor der Pleite. Premier Thaci sah sich zum Jahresende 2010 vom Europarat als Wahlbetrüger und Mafia-Boss überführt. Gründe genug für den „Befreiungsschlag“ der Besetzung von Jarinje und Brnjak, der Serben und internationale Gemeinschaft verstummen lassen würde – erstere mit Blick auf ihre EU-Beitrittschancen, letztere als „Paten“ des „Mafia-Areals“ Kosovo: „Ich habe die Unterstützung der USA und Brüssels“, tönte Thaci triumphierend.

Im Nord-Kosovo sorgten serbische „Eingreif-Komitees“ dafür, dass Thacis Trupps sofort bei der KFOR-Schutztruppe unterkriechen mussten und in Belgrad redete Präsident Boris Tadic in einem Fernseh­interview vom 29. Juli wütend Klartext: Thaci habe im Auftrag der US-Botschafter in Priština und Belgrad gehandelt, auch der EU komme die Krise gelegen, sie wolle Serbien nicht als Mitglied, die Kosovaren wollten ein ethnisch reines Kosovo, aber Serbien ließe sich nicht erpressen. „Wenn Brüssel uns sagt“, so Tadic weiter, „Anerkennung des Kosovo oder kein EU-Beitritt, dann ist unsere Antwort nein.“

Das zeigte Wirkung. Umgehend ließen alle Thaci fallen – die USA, die EU, die Nato und die EU-Polizeimission Eulex sagten deutlich, dass die Kosovaren sie „übertölpelt“ hätten und von der Konfrontation zum Dialog zurückkehren müssten. Eine erste Abmachung mit KFOR-Kommandeur Generalmajor Erhard Bühler hatte Thaci am 27. Juli noch „inakzeptabel und unausführbar“ genannt, eine zweite vom 4. August, die viel weiter ging, schluckte er: Seine Polizei rückte ab, bis zum 15. September bewachen Eulex- und KFOR-Kräfte die Grenze und stellen den ungehinderten Verkehr sicher. Die auf 5500 Mann ausgedünnte KFOR-Truppe wird aufgestockt, allein die Deutschen stellen 550 weitere Soldaten (siehe PAZ Nr. 31). Zukunftslösungen bot Serbiens Vizepremier Bozidar Djelic an: „Wenn 22 EU-Staaten unsere Kosovo-Sicht tadeln und fünf Staaten die Sicht Prištinas ablehnen, dann muss Europa uns beide zu einem Kompromiss prügeln.“           Wolf Oschlies


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