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13.08.11 / Wachsender Widerstand – auch im Innern / Initiative plant Volksbefragung gegen das russische Kernkraftwerk »Baltijski« an der Memel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Wachsender Widerstand – auch im Innern
Initiative plant Volksbefragung gegen das russische Kernkraftwerk »Baltijski« an der Memel

Der Widerstand gegen den Bau des russischen Kernkraftwerks „Baltijski“ an der Memel zieht nicht nur in den Nachbarstaaten, sondern auch im Königsberger Gebiet immer weitere Kreise.

Das vom staatlichen russischen Konzern „Rosatom“ betriebene Projekt ist offensichtlich viel zu groß für den Strombedarf des Königsberger Gebiets und soll daher wohl dem Stromexport dienen. Die Nachbarstaaten wollen sich freilich nicht erneut von russischen Energielieferungen abhängig machen und vor allem in Litauen ist man ob der Gefahren durch die unsichere russische Atomtechnologie in unmittelbarer Nähe der eigenen Grenze besorgt. Nun regt sich auch im Königsberger Gebiet ein zunehmender Widerstand gegen das Bauvorhaben. Waren es bisher vor allem Aktivisten der agilen russischen Umweltschutzorganisation „Ekozasch­tschita“, nehmen nun auch weitere Bevölkerungskreise und sogar Abgeordnete der Gebietsduma an den Protesten teil.

Nach zähen Verschleppungsbemühungen hat die Wahlkommission des Königsberger Gebiets die Regis­trierung einer Initiative für eine Volksabstimmung über den Weiterbau des Atomkraftwerkes gebilligt. Vorausgegangen waren drei Ablehnungen des Antrags aus formalen Gründen. Hatte es zunächst Formfehler bei der Adressschreibung gegeben – die Antragsteller hatten zwar ihre Anschrift, nicht aber den speziell bei diesem Verfahren formal vorgesehenen Zusatz „Kaliningrader Oblast“ angegeben –, gab es beim zweiten Anlauf eine Abweichung in der Passnummer eines der Antragsteller zwischen zweien der Formulare. Schließlich wurde beim dritten Anlauf in Zweifel gezogen, dass der Hauptantragsteller Michail Kostjajew überhaupt einen hinreichenden Aufenthaltsstatus in dem Königsberger Gebiet besäße. Auch dieses Problem ließ sich anschließend leicht aus der Welt schaffen. Nun muss die Königsberger Duma innerhalb von 20 Tagen darüber entscheiden, ob sie eine Unterschriftensammlung durch die Initiativgruppe billigt – erst danach kann die Sammlung der Unterschriften beginnen. Mindestens zwei Prozent der Wahlberechtigten müssen sich in die Listen eintragen, damit anschließend eine Volksabstimmung anberaumt werden kann.

Die Ablehnung des Referendums seitens der Duma ist inzwischen längst nicht mehr so wahrscheinlich, wie sie noch vor Kurzem schien. Aus russischen Kernkraftwerken wurden in der letzten Zeit eine ganze Reihe von sicherheitsrelevanten Schlampereien und gezielten, kriminell motivierten Missachtungen von Sicherheitsbestimmungen bekannt, welche die Bevölkerung beunruhigen. Trotz einer massiven Propagandainitiative seitens der russischen Regierung regt sich gerade im Königsberger Gebiet ein deutlicher Widerstand gegen die bisherige Atompolitik, der auch von einigen Abgeordneten der Duma geteilt wird. Am 1. August fand in der litauischen Hauptstadt Wilna eine Konferenz statt, auf der Vertreter von Königsberger Nichtregierungsorganisationen und Königsberger Politiker gemeinsam vor den Gefahren des Atomkraftwerkes „Baltijski“ warnten. Der Königsberger Duma-Abgeordnete Wladimir Sultanow forderte die litauische Regierung eindringlich auf, die Gefahren des Kernkraftwerks nicht einfach hinzunehmen. Bereits im Vormonat hatten weißrussische Umweltaktivisten auf einer anderen Konferenz in Wilna an die litauische Regierung appelliert, den ebenfalls von Rosatom betriebenen Bau eines Atomkraftwerks in ihrem Land, nur 30 Kilometer von der litauischen Grenze entfernt, zu verhindern.

Selbst wenn es im Kernkraftwerk „Baltijski“ keine Störfälle geben sollte, was nach den bisherigen Erfahrungen ja durchaus nicht zu garantieren ist, kann sich sein Bau für das Königsberger Gebiet als wirtschaftlich ruinös erweisen. Das Atomkraftwerk wird vor allem den Aufbau eines Natur- und Erholungstourismus massiv beeinträchtigen, den man in der Region zu Recht für die beste und nachhaltigste Grundlage einer künftigen wirtschaftlichen Entwicklung hält.            Thomas W. Wyrwoll


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