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20.08.11 / Desinteresse wird zu Ignoranz / Deutschland geht bei Besetzung von Posten im Europäischen Auswärtigen Dienst fast leer aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Desinteresse wird zu Ignoranz
Deutschland geht bei Besetzung von Posten im Europäischen Auswärtigen Dienst fast leer aus

Im Diplomatischen Dienst der EU sind 25 Botschafterposten neu besetzt worden. Während lediglich ein deutscher Diplomat bei den Neubesetzungen berück­sichtigt wurde, sind einige Länder unerwartet stark im diplomatischen Dienst der EU vertreten.

Als eine wirkliche Überraschung kann man die Pressemitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Asthon vom 3. August nicht bezeichnen. Bei der Bekanntgabe, wie 25 neue Spitzenposten im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) besetzt werden, wurde nur deutlich, was sich bereits seit der Gründung des EAD abzeichnet: In der Zentrale des immer noch im Aufbau befindlichen Dienstes bauen Großbritannien und Frankreich personalpolitisch ihre Dominanz weiter aus. Beide Länder scheinen dies auch nicht einmal verbergen zu wollen. Offizielle Arbeitssprachen des Dienstes sind Englisch und Französisch, aber nicht Deutsch, das von immerhin 100 Millionen Europäern gesprochen wird. Auch bei den Botschafterposten ist es wiederum Frankreich, das neben Spanien dominiert. Erstaunlich ist aber auch, wie stark Länder wie Polen, die Tschechei, Belgien oder Griechenland überproportional berücksichtigt werden. Die Mittel hierzu: Quotenregelungen – sei es für osteuropäische Bewerber, für Frauen oder für Bewerber, die nicht aus dem EU-Apparat, sondern aus dem diplomatischen Dienst der Mitgliedsstaaten kommen. Europas bevölkerungsreichster und volkswirtschaftlich wichtigster Staat Deutschland scheint im Diplomatischen Dienst der EU hingegen nur gefragt zu sein, wenn es um die Finanzierung des mit 464 Millionen Euro ausgestatteten Dienstes geht. Auch bei der aktuellen Besetzungsrunde, deren Ergebnisse Ashton am 3. August verkündete, konnte wieder Frankreich sechs Spitzenposten mit eigenen Bewerbern besetzen. Während es Italien, Großbritannien und selbst Griechenland immerhin noch gelang, jeweils zwei Diplomaten durchzusetzen, besetzt Deutschland nur einen einzigen Posten mit einem eigenen Diplomaten. Selbst das allerdings nur auf einer Stellvertre­terposition: Der deutscher Diplomat Detlev Brauns wird stellvertretender Leiter der EU-Delegation bei der Welthandelsorganisation in Genf.

Damit setzt sich eine Entwick­lung fort, die seit der Gründung des EAD besteht. Mittlerweile besetzt Frankreich 18 EU-Botschafter- oder andere hochrangige Posten im EAD. Italien ist immerhin mit 16 Diplomaten auf wichtigen Stellen vertreten und selbst auf Spanien entfallen 14 einflussreiche Positionen. Angesichts der starken zahlenmäßigen Vertretung von Spaniern und Franzosen sprechen Beobachter im EU-Parlament mittlerweile sogar von einer „Aufteilung des EAD in koloniale Einflusssphären“. Deutschland ist es bisher nur gelungen, sieben Posten mit einiger Bedeutung zu besetzen. Als wirkliche personalpolitische Erfolge kann man davon allerdings bisher nur zwei Stellenbesetzungen bewerten: Der EU-Botschafterposten in Peking wurde mit dem deutschen Diplomaten Markus Ederer besetzt und in der Brüsseler Zentrale ist Helga Schmid als Vize-EU-Außenbeauftragte am Aufbau des EAD beteiligt. Dem Auswärtigen Amt in Berlin werden Vorbehalte gegen die deutschen Beamten in den Diensten der EU nachgesagt. In einem solchen Falle wäre es allerdings angebracht gewesen, von vornherein die Entstehung eines Auswärtigen Dienstes auf EU-Ebene im Rahmen des Lissabon-Vertrages zu verhindern. Nachdem der EAD allerdings nun zunehmend zur Realität wird, grenzt es an Ignoranz, weiterhin an einer Politik des Desinteresses festzuhalten. Der Versuch von Großbritannien und Frankreich, Einfluss auf den Dienst über die Personalpolitik zu nehmen, scheint allemal weitblickender und könnte für Deutschland eines Tages weitreichende Folgen haben.

Dass an der Spitze des Dienstes ewig eine farb- und konturenlose Person wie die Britin Caterine Asthon stehen wird, ist kaum anzunehmen. Selbst wenn Asthon auch weiterhin nicht mit größeren diplomatischen Erfolgen auffallen sollte, hätte sie zumindest innerhalb des EAD für wichtige Weichenstellungen im Sinne ihres Heimatlandes gesorgt. Sollte es in der Zukunft einen Wechsel an der Spitze des Auswärtigen Dienstes der EU geben, ist Großbritannien auf einflussreichen Positionen weiterhin mit eigenen Diplomaten vertreten. Für den ziemlich wahrscheinlichen Fall, dass Ashtons Nachfolger vom „Quai d’Orsay“ entsandt wird, wäre die Amtszeit der Britin aus Londoner Sicht schon allein damit ein voller Erfolg gewesen. Norman Hanert


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