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20.08.11 / Auf dem Weg zur Parkplatzpolizei / Scharfe Kritik der Polizeigewerkschaften an Sparmaßnahmen bei der Bundespolizei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Auf dem Weg zur Parkplatzpolizei
Scharfe Kritik der Polizeigewerkschaften an Sparmaßnahmen bei der Bundespolizei

Die „Saarbrücker Zeitung“ hatte bereits im Mai aus einer dreiseitigen „Mitarbeiterinformation“ des Bundespolizeipräsidenten Matthias Seeger zitiert: „Die Bundespolizei unterliegt zur Zeit strengen Sparzwängen. Dies äußert sich für Sie zunächst vor allem bei den Einschränkungen der Treibstoffbeschaffung.“ Und: „Als eine erste Maßnahme wurde die Kontin­gentierung von Treibstoffen vereinbart.” Einen „Offenbarungseid“ nannte dies Roland Voss von der Abteilung Bundespolizei in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Koblenz. Seine Kollegen stünden schon jetzt unter Druck, die Streifenwagen stehen zu lassen.

Die Veröffentlichung löste Medienberichte aus mit Überschriften wie  „Polizei muss bei Gangsterjagd Sprit sparen“ („Ostseezeitung“),  „Bundespolizei muss mit Fahrrad auf Streife“ („N 24“),  und „Sprit sparen ist erst der Anfang“ („Kölner Stadtanzeiger“). Laut GdP muss das Bundesfinanzministerium nach der Klage von Fluglinien wegen zuviel eingezogener Luftsicherheitsgebühren 77 Millionen Euro zurückzahlen. 33 Millionen Euro davon sollen vom laufenden Haushalt der Bundespolizei abgezogen werden.  „Die Bundespolizei kann mit dieser drastischen, weiteren Kürzung ihrer Haushaltsmittel ihre gesetzlichen Aufgaben nicht mehr aus­üben“, erklärte der Vorsitzende der GdP-Bundespolizei, Josef Scheuring. Aus  Polizeikreisen wird darauf hingewiesen, dass die Höhe der Luftsicherheitsgebühren vom Bundesinnenministerium (BMI) „willkürlich festgelegt“ worden sei und die vereinnahmten Gesamtsummen „im Bundeshaushalt und nicht im Haushalt der Bundespolizei versickert“ seien. Laut Deutscher Polizeigewerkschaft (DPolG) gelten die Einsparungen nicht nur für das Haushaltsjahr 2011, sondern mindestens bis 2014. Der Vorsitzende der DPolG-Bundespolizei, Hans-Joachim Zastrow, warnt davor, dass die Bundespolizei kaum noch präventive Aufgaben erfüllen könne und zu einer „Parkplatzpolizei“ mutiere.

Die Bundesregierung reagierte auf die Kritik mit Abwiegeln. Auf eine Bundestagsanfrage zum Schreiben von Bundespolizeipräsident Seeger antwortete die Regierung am 21. Juli:  „Das Bundespolizeipräsidium hat keine Kontingentierung der Fahrleistung verfügt. Sämtliche verfügbaren Haushaltsmittel wurden den nachgeordneten Behörden zugewiesen. Diese verwenden die zugeteilten Haushaltsmittel nach eigener Festlegung, wobei alle notwendigen Einsatzfahrten durchzuführen sind und somit nicht eingeschränkt werden dürfen.“  Die Pressesprecherin der Bundespolizei-Direktion Koblenz hat jedoch auf Anfrage der PAZ die Korrektheit der Zitate aus dem Schreiben Seegers bestätigt. Eine schriftliche Anfrage dieser Zeitung in der vergangenen Woche an das Präsidium der Bundespolizei in Potsdam, worin im Ergebnis der Unterschied zwischen einer „Kontingentierung von Treibstoffen“ (Seeger) und einer „Kontin­gentierung der Fahrleistung“ (Bundesregierung) bestünde, blieb bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe unbeantwortet.

Der Schwarze Peter wird offensichtlich einfach an die einzelnen Polizeidienststellen weitergereicht, die mit weniger Benzin zurechtkommen und entscheiden müssen, welche Einsatzfahrt denn noch unbedingt notwendig sei. Die Kritik aus der Polizei hält denn auch weiter an. Josef Scheuring von der GdP erklärte in einer NDR-Sendung vom 7. August: „Ich finde es geradezu eine Schande, dass in diesem größten und reichsten Land in Mitteleuropa nicht genügend Sprit für die Polizei da ist.“ Er verwies auf die gestiegene illegale Migration, die gerade nach dem Schengen-Abkommen eine mobile Grenzsicherung durch die Polizei erfordere.

Der NDR-Bericht zeigte auf, wie sich das verordnete Benzinsparen im  Gebiet der deutsch-polnischen Grenze auswirkt. Bei Pasewalk sollten die Bundespolizisten aus Kostengründen nicht mehr als 30 Kilometer pro Schicht fahren. Damit reiche deren Aktionsradius nicht mehr bis zur Grenze. Im Grenzgebiet gebe es Dörfer, in denen seit Monaten keine Streife der Bundespolizei mehr gesichtet worden sei. Dabei hätten Einbrüche und Diebstähle zugenommen. Aus Spargründen richte die Polizei mit ihren Fahrzeugen nur noch bestimmte Kontrollstellen ein, die sie eigentlich aus taktischen Gründen nach einer Stunde wechseln müsste. Denn solche Kontrollpunkte sprächen sich unter den Kriminellen schnell herum. „Die Automobile der Bundespolizei sind inzwischen alles andere als mobil. Sie dienen den meisten Teil des Tages als immobile Funkzentrale“, so der NDR. Beim zuständigen BMI sei man zu einer Stellungnahme vor der Kamera nicht bereit gewesen. Ein Sprecher habe nur telefonisch lapidar erklärt, es gälten die Haushaltsvorgaben des Bundestages und wo letztlich gespart werde, läge in der Entscheidung der Bundespolizei.          Michael Leh


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