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20.08.11 / Paukenschlag mit Folgen / Herabstufung der Bonität der USA verschärft finanzielle Situation des Landes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Paukenschlag mit Folgen
Herabstufung der Bonität der USA verschärft finanzielle Situation des Landes

Als Folge der Neubewertung der US-Bonität durch die Ratingagentur Standard & Poor’s werden nun auch tausende von Anleihen von US-Kommunen und Bundesstaaten einer Prüfung unterzogen. Die Folgen sind noch nicht endgültig absehbar. Langfristig wird die Neueinschätzung der Kreditwürdigkeit der USA die ohnehin angespannte Finanzlage an vielen Stellen des Landes aber weiter verschärfen.

Nach Börsenschluss am 5. August hat die Ratingagentur Standard & Poor’s das  bisherige „AAA“-Rating der USA auf „AA+“ heruntergestuft. Trotz einer vorhergehenden Warnung der Agentur am 13. Juli war dies ein Paukenschlag. Auf die Kurse von US-Staatsanleihen hat die herabgesetzte Bonität allerdings bisher keine negative Wirkung gehabt. Zehnjährige US-Anleihen notieren mit einer Rendite von 2,5 Prozent nach der Herabstufung sogar einige Basispunkte tiefer als vor der Neubewertung. Sollte es trotzdem am Markt für US-Schatzbriefe eng werden, stehen ohnehin die „Primary Dealer“ bereit. Diese Gruppe von Wall-Street- Banken, die über bevorzugte Geschäftsbeziehungen zur Zentralbank FED verfügt, kann sich sicher sein, erworbene US-Anleihen jederzeit bei der FED wieder abladen zu können.

Der Rating-Herabstufung  vom 5. August vorangegangen war eine Vereinbarung von Demokraten und Republikanern über eine Anhebung der Schuldenobergrenze und über Sparbeschlüsse. Die vereinbarten Einsparungen über 2,4 Billionen US-Dollar lagen deutlich unter den vier Billionen, die von Standard & Poor’s erwartet wurden. Neben dem politischen „Hick-hack“ bis  zur letzten Minute war auch dies ein Grund für die Agentur, den Daumen zu senken. Nach dem Paukenschlag vom 5. August nimmt Standard & Poor’s nun Schuldner auf kommunaler und bundesstaatlicher Ebene unter die Lupe, die eng am Finanztropf Washingtons hängen. Bei diesen Schuldnern könnte es durch eine Bonitäts-Herabstufung erheblich schneller zu Verwerfungen kommen als auf dem Markt für US-Staatsanleihen. Schätzungen gehen davon aus, dass Standard & Poor’s mehr als 11000 Anleihen von Bundesstaaten und Kommunen einer Prüfung unterziehen wird.

Nachdem Ende 2010 bei den kommunalen Anleihen, den „Munis“, eine Ausverkaufs-Stimmung ausgebrochen war, hatte diese sich erst in den letzten Monaten wieder abgeschwächt. Noch schätzen viele Anleger die Steuerbefreiung dieser Anleihen. Dass 37 Prozent davon in der Hand von Privatanlegern sind, war für viele der kommunalen Schuldner bisher die Rettung. Die privaten Investoren sind auch bei  schlechten Nachrichten eher bereit, zunächst an ihrem Engagement festzuhalten. Fondsgesellschaften zogen dagegen seit November 2010 sechs Monate in Folge Gelder aus dem Markt ab. Der Vertrauensvorschuss der Privatanleger könnte allerdings bald aufgebraucht sein. Als möglicher Auslöser für einen solchen Umschwung wird nicht einmal eine Herabsetzung des Ratings der Kommunen gesehen, sondern die Erwartung auf zukünftige Kürzungen im Staatshaushalt. Sollten in Washington Programme für Städte, Schulen und Krankenhäuser dem Rotstift zum Opfer fallen, müssten auf lokaler Ebene mehr Schulden gemacht werden.

Ähnliches wird den Bundesstaaten bevorstehen, die sich auch erneut in die Bücher schauen lassen müssen. Derzeit bewertet Standard & Poor’s 13 US-Bundesstaaten als erstklassige Schuldner mit einem dreifachen A-Rating. Schwierigkeiten, ihr bisheriges Rating zu behalten, könnten zum Beispiel Staaten wie Maryland und Virginia bekommen. Beide sind stark von der Finanzkraft der Zentralregierung in Washington abhängig. In beiden Staaten leben sehr viele Bundesangestellte, aber auch Beschäftigte von Rüstungsunternehmen, die ihre  Aufträge vom Pentagon erhalten. Dass die Verteidigungsausgaben um mindestens zehn Prozent gekürzt werden, gilt als nahezu sicher. Noch leisten sich die USA mit Ausgaben von 671 Milliarden Dollar im Jahr 2011 den größten Verteidigungshaushalt der Welt.

Eine erwartete Folge des neuen US-Ratings war die Herabstufung der beiden Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, die beide von Finanzhilfen aus Washington abhängen. Eine neue Risikoabschätzung wird sich aber auch auf Institutionen erstrecken, von denen man es zunächst nicht erwarten würde. Universitäten mit Weltruf wie Harvard und Princeton, beide noch als Schuldner mit erstklassiger Bonität bewertet, werden ebenfalls neu untersucht.

Die erste Herabstufung der US-Bonität durch Standard & Poor’s seit der Aufnahme der Bewertung von staatlichen Schuldnern im Jahr 1917 hat noch eine unerwartete Reaktion ausgelöst:  Die US-Börsenaufsicht hat Ermittlungen gegen die Ratingagentur aufgenommen, um die angewandten Rechenmethoden und einen möglichen Insider-Handel zu untersuchen. Als hätte er eine Vorahnung gehabt, meinte Bill Gross, Manager beim weltgrößten Anlagefonds Pimco, kurz nach dem Herabsetzen des US-Ratings:  „Standard & Poor’s hat einiges an Rückrat bewiesen.“ Selbst der ehemalige Finanzminister Henry Paulson kommentierte den Verhandlungsstil zwischen Regierung und Opposition mit den Worten: „Unsere politischen Verfahren, unsere Regierung haben nicht auf AAA-Niveau gearbeitet.“  Norman Hanert


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