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20.08.11 / »Die Heimat muss uns als lebendiges Leben begleiten« / Zum 25. Todestag des Dichters Willy Kramp – Viel Preußisches und stille Heiterkeit war in seinem Werk

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

»Die Heimat muss uns als lebendiges Leben begleiten«
Zum 25. Todestag des Dichters Willy Kramp – Viel Preußisches und stille Heiterkeit war in seinem Werk

Wenn der protestantische Schriftsteller Willy Kramp (1909–1986) auch in Mühlhausen/Elsass geboren wurde und seine Kindheit und Jugend in Stolp (Hinterpommern) verbrachte, so hat er doch stets Ostpreußen als seine eigentliche Heimat betrachtet. Schließlich stammte nicht nur sein Vater aus West- und seine Mutter aus Ostpreußen, sondern auch er selbst lebte lange Zeit in Ostpreußen. „Es stellte sich heimatliche Geborgenheit ein, wenn Willy Kramp seine ostpreußischen Geschichten erzählte“, bemerkte später Klaus von Bismarck über seinen Freund. „Die Bilder der stillen Küste der Nehrung, die Städte der Hanse von Lübeck bis Königsberg stellten sich ein und das Graublau der vielen Seen. Auch ein wenig Kantsche, protestantische Strenge? Jedenfalls viel Preußisches und Heiterkeit, eine schöpferische Kraft des Humors.“

1934 hatte Kramp sein Germanistik- und Philosophiestudium mit der Promotion zum Dr. phil. an der Königsberger Universität abgeschlossen. Danach wohnte er mit seiner jungen Frau, einer Masurin aus Palmnicken, in Margen-Nautzwinkel und ab 1939 in einem schönen, alten Gutshaus in Caporn – beides idyllisch gelegene kleine Ortschaften am Frischen Haff.

Im Jahr 1939 erscheint Kramps Roman „Die Fischer von Lissau“, zu dessen Inhalt er durch die Bekanntschaft und Gespräche mit den am Haff lebenden Fischern angeregt worden war. Das Buch wurde ein großer dichterischer Erfolg. Es brachte Kramp aber auch viel Ärger mit den „braunen Kulturbonzen“ ein. Denn das Menschenbild, das der Dichter in seinem Werk zeichnete, entsprach ganz und gar nicht ihren Vorstellungen. „Ich bemühte mich“, so Kramp, „das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen, mit denen ich zusammenlebte, wirklichkeitsgemäß zu schildern; dabei ergab sich (für mich jedenfalls), dass die Bibel die nüchterne Wahrheit über den Menschen spricht und dass Luthers ‚zugleich Sünder und gerecht‘ aus dieser Wahrheit stammt. Aber genau dies: dass wir allzumal so erlösungsbedürftig wie erlösungsfähig sind, genau dies war die Botschaft, der die Herrschenden Todfeindschaft angesagt hatten.“

Schon zuvor waren Kramp über den unmenschlichen und antichristlichen Geist der Nationalsozialisten die Augen aufgegangen. Ein Schlüsselerlebnis hierzu bildete eine Begegnung, die er 1933 im Hause seines Freundes Fritz von Schulenburg mit dem ostpreußischen Gauleiter Erich Koch gehabt hatte. Und bei der dieser sich voller Verachtung über das „jüdische Knechtschristentum“ ausließ. (Kramp: „Mir war, als sei der Mann von einer fühlbaren manifesten Atmosphäre des Bösen umgeben; ja als rede er nicht selbst, sondern als rede es aus ihm: fluchend, tobend, angstvoll.“) Eine Konsequenz dieser erschütternden Erfahrung war für Kramp, dass er sich schon früh der Bekennenden Kirche als aktives Mitglied anschloss.

Während des Zweiten Weltkriegs lernte Kramp als Soldat im Frühjahr 1944 in Insterburg den jungen Major von Hößlin kennen, dessen Ordonanzoffizier er vorübergehend wurde. Hößlin, der der Widerstandsbewegung gegen Hitler angehörte, machte Kramp zum geheimen Mitwisser einer real existierenden Verschwörung und eines kurz bevorstehenden Anschlags auf den „Führer“. Kurze Zeit nach dem missglück­ten Attentatsversuch erfuhr Kramp von der Verhaftung und Hinrichtung Hößlins. Er selbst jedoch blieb unbehelligt.

Gegen Kriegsende kam Kramp in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er endlich 1950 entlassen wurde. In dem Buch „Brüder und Knechte“ hat er später versucht, seine Erlebnisse als Kriegsteilnehmer und Kriegsgefangener schriftstellerisch zu verarbeiten. Nach seiner Entlassung war er ins westfälische Schwerte gezogen, wo er am 19. August 1986 gestorben ist. Im Jahr zuvor hatte er noch den Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen für Literatur erhalten. Bereits 1952, als noch viele Vertriebene voller Sehnsucht auf eine Rückkehr in die geliebte Heimat hofften, hatte Willy Kramp in einem groß angelegten Artikel („Wir werden leben“) im Ostpreußenblatt die schönen und weisen Worte gefunden: „Wir werden das Bild der Heimat in unseren Herzen bewahren. Wir werden unser ostpreußisches Erbe als Geist und Art nicht verleugnen. Aber wir betrügen uns selbst und unser Volk, wenn wir dies alles nur als leeren, starren Anspruch mit uns herumtragen; als Ressentiment, als trennende, tote Form. Sondern die Heimat und ihr inneres Erbe muss uns als lebendiges Leben begleiten, aus unserer Sehnsucht muss uns verwandelnde Kraft zuwachsen, und die Erinnerung muss uns freudig machen, dort zu schaffen und zu gestalten, wo uns neue Aufgaben zuwachsen wollen.“    Matthias Hilbert

 

Der Autor ist Verfasser des im Herbst im Aachener mm-Verlag erscheinenden Buches „Dichter-Bekehrungen im 19. und 20. Jahrhundert“. In ihm werden zwölf Dichter porträtiert. Einer von ihnen ist Willy Kramp.


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