26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.08.11 / Konnte er Stalin warnen? / Angebliche Tagebücher Lawrentij Berijas veröffentlicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Konnte er Stalin warnen?
Angebliche Tagebücher Lawrentij Berijas veröffentlicht

Von  Lawrentij Berija, dem sowjetischen Geheimdienstchef ab 1938, sind angebliche Tagebuchaufzeichnungen aufgetaucht. Dem russischen Historiker Sergej Kremlow, der im Jahr 2007 durch eine Untersuchung über die Managerqualitäten des 1953 liquidierten Sowjetpolitikers hervorgetreten ist, wurde Anfang 2010 eine CD-Rom zugespielt, auf der sich die tagebuchartigen Aufzeichnungen des Gegenspielers Nikita Chruschtschows aus den Jahren 1937 bis 1953 befinden sollen. Im Moskauer Verlag „Jausa Ekspress“, der sich auf Veröffentlichungen auf Geheimdienstgebiet spezialisiert hat, publizierte Kremlow im April/Mai 2011 diese angeblichen Berija-Aufzeichnungen in drei Bänden und versah sie mit wissenschaftlichen Kommentaren. Bislang rief diese Veröffentlichung in Deutschland keinerlei Reaktion hervor.

Kremlow zufolge, einem ausgewiesenen Berija-Spezialisten, sind die ihm von einem früheren sowjetischen Geheimdienstler zugespielten Tagebuchabschriften wahrscheinlich echt. Das ist wichtig zu betonen, denn im Jahr 1992 waren in Russland plump gefälschte Berija-Aufzeichnungen aufgetaucht. Die Originale der nunmehr in Moskau publizierten Berija-Aufzeichnungen sollen sich in einem russischen Archiv befinden. Bei einem konspirativen Treffen bekam Kremlow Fotokopien von Tagebuchseiten zu sehen, auf denen er Berijas Handschrift gut zu erkennen glaubte. Warum der 1899 in Mercheuli bei Suchumi, Gouvernement Kutaissi geborene Mingrelier seine persönlichen Aufzeichnungen auf Russisch und nicht in seiner Muttersprache verfasste, darüber kann Kremlow nur spekulieren.

Sollten die Tagebücher trotzdem echt sein, gäben sie manche neue Hinweise für die sowjetische Geschichte. Es ist zwar relativ gleichgültig, ob Berija Stalin im Krieg zweimal weinen sah. Doch interessieren sollte der Umstand, dass der NKWD-Chef zwei Wochen vor Kriegsausbruch für zehn Tage die deutsch-sowjetische Grenze bereiste und wegen der vorgefundenen Lage Erkundungsflüge sowjetischer Luftaufklärer über dem deutschen Grenzgebiet veranlasste. Ab dem 18. Juni 1941 gelang es Berija, Stalin in stundenlangen Besprechungen zu überzeugen, dass deutsche Angriffshandlungen zu erwarten seien. Stalin hatte folglich wertvolle 96 Stunden für eigene Entschlüsse gewonnen.   Jürgen W. Schmidt


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren