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20.08.11 / Ein langer Weg von der Pflegerburg zum Hotel / Schloss Lötzen: Vor gut 725 Jahren begann seine Geschichte, vor knapp 675 Jahren wurde es erstmals erwähnt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Ein langer Weg von der Pflegerburg zum Hotel
Schloss Lötzen: Vor gut 725 Jahren begann seine Geschichte, vor knapp 675 Jahren wurde es erstmals erwähnt

Die Anfänge der Lötzener Burg liegen im Dunkeln. Als „Hotel Zamek Gizycko 1285“ (Schloss-Hotel Lötzen 1285) soll ihr eine lichte Zukunft bevorstehen. Was dazwischen liegt sind spannende Jahrhunderte voller Höhen und Tiefen.

Vor der Ordenszeit lag der Standort der Burg Lötzen im Stammesgebiet der Galinder. Schon frühzeitig wurde die strategische Bedeutung der Landzunge zwischen den großen Seen Löwentin und Kissain erkannt. So wählten die Deutschordensritter sie für den Bau einer eigenen Feste. Auf Anordnung des Brandenburger Komturs Meinhard von Querfurt entstand eine erste, hölzerne Burg im Jahre 1285. Von 1337 stammt die früheste Beschreibung eines Wildhauses. 1365 zerstörten Litauer unter Fürst Kinstute die Burg. 1377 wurde sie während der Amtszeit des Hochmeisters Winrich von Kniprode als gemauerte Anlage wieder aufgebaut. 1340 bestimmte man Lötzen zum Pflegersitz und nach dem Dreizehnjährigen Krieg (1454–1466) diente es als Kammeramt. Die Burgbesatzung übte neben militärischen und administrativen Aufgaben auch die Aufsicht über eine Fischerei aus und unterhielt ein Vorwerk.

Die Bauart der Burg Lötzen als kleinere Wehranlage ist typisch für die niederen Ämter der Kämmerer, vergleichbar mit Lyck. Das heute noch erhaltene Burghaus ist zwar massiv und hoch, jedoch mit 22 Metern Länge und 14,5 Metern Breite ziemlich klein. Erd- und Obergeschoss waren wie der Keller dreigeteilt und mit Balkendecken ausgestattet. Für die Architekten von heute ist nach allen neuzeitlichen Umbauten die mittelalterliche Innenstruktur kaum noch erkennbar. Das Haus war dreigeschossig, mit hohem Satteldach, erbaut aus Backstein mit steinernem Unterbau mit Eckstützen. Im Erdgeschoss befand sich der wirtschaftliche, im Hauptgeschoss der repräsentativ-amtliche Bereich, das zweite Geschoss diente Wehr- und Lagerzwecken. Das Haupthaus lag in der Mitte des Hofs; auf der Seite des Löwentinsees lag die Vorburg. Den Komplex umgab eine Wehrmauer mit Graben. Der Kanal-Bau 1857 benutzte östliche Abschnitte davon.

Die Siedlung neben der Burg wird 1475 urkundlich als „Neues Dorf an der Burg Leczen“ erwähnt. Das Stadtrecht nach Kulmer Recht erhielt Lötzen 1612.

Nach der Umwandlung des Deutschordensstaates in das weltliche Herzogtum Preußen im Jahre 1525 wurde die Burg zum Sitz eines herzoglichen Hauptmanns. Preußische Adlige bekleideten das Amt; in Lötzen waren es meist Mitglieder der Familie von Lehndorff.

1560 erfolgte ein grundlegender Umbau der Burg. Sie erhielt eine neuzeitliche Gestaltung außen und innen und ein innen liegendes Treppenhaus. Die gotischen Treppengiebel mit Fialen wurden durch halbrunde, heute noch vorhandene Renaissancegiebel ersetzt. Als herzogliches Jagdschloss erfolgen 1613/1614 erneut Umbauten, mit bunter Ausmalung der Balkendecken und Wände aller repräsentativen Räume. An das Burghaus wurden zwei barocke Flügel angebaut, die 1749 ausbrannten und abgerissen wurden. Ebenfalls aus der Neuzeit stammte ein einst an der Ostseite stehender eingeschossiger Bau mit niedriger Bastei, der nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand.

Nach 1752 wurde die Burg zum Sitz einer herzoglichen Domäne. 1852 erwarb das Militär die Anlage. Diese ließ die Burg zum Wohnhaus umbauen, die erst der Unterbringung von Bauleuten und dann der Kommandanten der zwischen 1847 und 1855 errichteten Lötzener Feste Boyen dienten. Die nach dem preußischen Kriegsminister von 1814 bis 1819 und dann wieder von 1841 bis 1847 benannte Ringfestung erfüllte im Ersten Weltkrieg ihren Zweck. Die Russen belagerten sie 1914 vergebens.

Mittlerweile ist die militärtechnische Entwicklung längst über die Festung hinweggegangen. Seit 1993 betreut der „Verein der Festung Boyen Liebhaber“ die Anlage. Der Verein sorgt dafür, dass das Objekt erneuert und den Touristen zur Besichtigung zugänglich gemacht wird. Auf dem Gelände der Festung gibt es eine Jugendherberge mit 200 Betten, ein historisches Museum und einen Gastronomiebetrieb.

Wie die Feste soll nun auch das Schloss touristisch genutzt werden, und zwar als Hotel. In kaum vorstellbarer Geschwindigkeit hat die Investorengruppe „Zamek Gizycko“ (Schloss Lötzen) das alte Gebäude seit vergangenem Jahr instand gesetzt und beachtliche weitere neue Gebäudeflügel angebaut. In Erinnerung an alle verfügbaren Abbildungen des alten Schlosses Lötzen aus der Vorkriegszeit darf man feststellen, dass dieser Rekonstruktions- und Neubau ein gelungenes und denkmalschutzgerechtes Architekturwerk darstellt. Und als Förder-Projekt der Europäischen Union dürfte das Schloss-Hotel Lötzen einen Vorbildcharakter aufweisen, bewahrt es nach jahrelangem Dornröschenschlaf heute in gewandelter Form und Funktion ein bedeutendes Zeugnis des Deutschordensstaates Preußen.

Den Beschreibungen der Bauherren und zukünftigen Hotel-Unternehmer lässt sich entnehmen, dass das neue Hotel 169 Gästen Platz bieten wird und das Kellergewölbe als Konferenz- und Bankettsaal für bis zu 300 Personen dienen soll. Ein Schwimmbad mit Spa- und Wellness-Bereich sowie eine Bibliothek sollen den Gästen ebenfalls zur Verfügung stehen. Man hat sich ferner bemüht, diverse historische und kunstgeschichtlich passende Gegenstände aus heute polnischen Sammlungen und Museen für das Burghotel zurückzugewinnen, um damit die restaurierten Innenräume der Burg zu gestalten.

Dieser Tage soll das Schloss seiner neuen Bestimmung als Hotel übergeben werden. Es ist den deutschen Teilnehmern an den Jubiläumsfeierlichkeiten aus Anlass des 400. Jahrestages der Erteilung der Stadtrechte im Jahre 1612 zu wünschen, den neuen Glanzpunkt der Stadt nicht nur betrachten, sondern auch als Hotelgäste genießen zu können.     Eckhard Schlemminger


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