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27.08.11 / Gegen die braven Bürger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-11 vom 27. August 2011

Gegen die braven Bürger
von Jan Heitmann

Nacht für Nacht brennen in Berlin und Hamburg Autos. Die Täter scheinen wahllos zuzuschlagen. Sie bevorzugen keine bestimmte Gegend, keine Marke und keine Preisklasse. Bekennerschreiben gibt es nicht. Politiker spekulieren über mögliche Motive, reden von „gesellschaftlichen Verwerfungen“, einer „Vorform des Terrorismus“ und fordern ein hartes Durchgreifen. Polizeigewerkschafter verlangen harte Strafen für Autobrandstifter. Um jemanden bestrafen zu können, muss man ihn aber erst einmal haben. Obwohl seit vielen Monaten angeblich „mit Hochdruck“ an der Ermittlung der Täter gearbeitet wird, hat die Polizei bisher kaum einen von ihnen erwischt. Ein Armutszeugnis für Innenpolitiker und Sicherheitsbehörden gleichermaßen.

Die Bürger interessiert es nicht, ob linke Autonome, verwirrte Einzeltäter oder Sozialneider hinter den Brandanschlägen stecken. Sie wollen nur eines: ihre Autos über Nacht unbesorgt auf der Straße abstellen können. Dafür, dass der Staat ihnen das ermöglicht und ihr Eigentum schützt, zahlen sie schließlich ihre Steuern.

Für die Opfer der Brandanschläge muss es befremdlich wirken, wenn in der Nacht Autos brannten – Täter­ermittlung wie immer erfolglos – und am nächsten Tag ein Polizist in der selben Gegend in einer ruhigen Wohnstraße akribisch selbst geringste Parkverstöße verfolgt. Diesen engagierten Einsatz der Ordnungshüter hätten sie sich in der Nacht gewünscht. Vielleicht wäre ihr Auto dann kein rauchendes Wrack oder wenigstens wären die Täter dingfest gemacht. Die aber sind der Polizei stets mindestens einen Schritt voraus.

Wessen Auto eine Handbreit über die Parkplatzbegrenzung hinausragt, der bekommt die ganze Macht des Staates unerbittlich zu spüren. Wer aber Autos anzündet, kommt ungeschoren davon. Das ist die Botschaft. Ähnliche Beispiele lassen sich auch aus anderen Bereichen anführen.

So entsteht der fatale Eindruck, dass die Gesetze nur gegenüber den ansonsten braven Bürgern angewandt werden, der Staat aber, wenn es darum geht, diese vor Kriminalität zu schützen, nur zögerlich vorgeht oder sogar ganz versagt. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Warum, so fragt sich der gesetzestreue Bürger irgendwann unwillkürlich, soll ich mich eigentlich noch länger an Recht und Gesetz halten, wenn Kriminalität, Brandstiftung und Randalierertum mehr oder minder straffrei bleiben, ich aber bei der kleinsten Normenübertretung unnachsichtig verfolgt werde? Eine solche Entwicklung führt über kurz oder lang zur Erosion des Rechtsstaats. Dem kann der Staat nur begegnen, wenn er mit der gleichen Konsequenz, die er dem „kleinen Mann“ gegenüber zeigt, gegen Straftäter vorgeht.

Foto: Beinah ungestört kann sich der Mob austoben: Nach einem Brandanschlag in Berlin-Mitte


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