26.04.2024

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03.09.11 / Sie hat es verdient

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-11 vom 03. September 2011

Sie hat es verdient
von Vera Lengsfeld

Am letzten Montag in der Astor-Filmlounge am Kurfürstendamm. Das Ambiente ist reines Alt-Westberlin. Das Publikum, das sich auf den bequemen Sesseln räkelt, einen Prosecco oder ein Wasser mit Moosbeeren neben sich, ist die Westberliner Schickeria. Die ARD präsentiert mit größerem Aufwand die Preview eines besonderen Films. „Sie hat es verdient“ widmet sich der Jugendgewalt in unserm Land. Ein Thema, das nach den Massakern in Erfurt und Winnenden, den S-Bahn-Morden in München und zahllosen brutalen Schlägereien die Medienmacher mit Recht umtreibt.

Der Film ist hervorragend, vor allem mit der nötigen Sensibilität inszeniert. Er ist hart, aber niemals brutal. Die Schwelle des Unerträglichen wird nicht überschritten, obwohl die Geschichte eines geplanten und ohne Erbarmen ausgeführten Mordes in vollem Umfang gezeigt wird. Sie ist schnell erzählt. Zwei Mädchen und ein Junge, noch nicht volljährig, locken eine Mitschülerin, die an diesem Tag ihren 16. Geburtstag hat, während der Schulpause in das Elternhaus der Anführerin, schlagen sie auf dem Dachboden mit ihren Springerstiefeln bis zur Bewusstlosigkeit, später zu Tode. Warum?, will ein Jahr später die Mutter von der Mörderin wissen. „Sie hat es verdient“, war die knappe Antwort. Das Mädchen hatte ein Auge auf den Freund der Mörderin geworfen, deshalb musste sie sterben.

Der Film versucht der Frage nachzugehen, wie Jugendliche dazu kommen, eine solche Tat zu verüben. Die Bilder sind voller Intensität, dank einer hervorragenden Regie und überragender Schauspielkunst. Veronika Ferres als Mutter der Ermordeten zeigt in diesem Film, dass ihr Können mit dem einer Romy Schneider durchaus vergleichbar ist. Auch die jugendlichen Darsteller sind hervorragend. Sie ziehen den Zuschauer in ihren Bann und lassen ihn bis zum Ende des Films nicht mehr los.

Warum bleibt trotzdem ein Gefühl des Unbefriedigtseins zurück?

Man hat den Eindruck, die Filmemacher hätten in einen Abgrund geschaut und davor zurückgeschreckt, das ganze Ausmaß dessen, was sie dort gesehen haben, wiederzugeben. Das geht schon damit los, dass die Protagonistin ein Mädchen aus gutem Elternhaus ist, obwohl die Jugendgewalt überwiegend männlich und zu einem hohen Anteil, wie es politisch-korrekt umschrieben wird, südländisch ist. Die Gewissenlosigkeit der Dreier-Gang wird immer wieder abgemildert durch Bilder liebevoller Fürsorge für die Geschwister. Zum Schluss steht die zu strenge Mutter der Mörderin als die Schuldige da, die durch Gefühlskälte auch den Ehemann in den Selbstmord getrieben hat. Wie Jugendgewalt aussieht, wissen wir jetzt, von ihren wahren Ursachen erfährt man in diesem Film leider wenig.


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