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17.09.11 / Die zweite Schlacht um Libyen / Kaum ist Gaddafi vertrieben, beginnt die Aufteilung des Landes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Die zweite Schlacht um Libyen
Kaum ist Gaddafi vertrieben, beginnt die Aufteilung des Landes

Offenbar waren so manche der westlichen Helfer im Kampf der Libyer gegen Gaddafi keineswegs von humanen Motiven getrieben. Frankreich soll sich sogar vorher vertraglich Öl gesichert haben.

Die Tageszeitung „Liberation“ kann man bisher schwerlich zu den Lieblingsblättern des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zählen. Nachdem die Ausgabe vom 1. September auf dem Markt war, dürfte die Abneigung noch weiter gewachsen sein. Zeitgleich mit der in Paris stattfindenden „Internationalen Libyen-Konferenz“ hatte „Liberation“ einen Brief des libyschen Übergangsrates an den Emir von Katar veröffentlicht. Brisanter Inhalt des bereits im April entstandenen Schreibens ist nach Angaben des Pariser Blattes eine Zusage, dass Frankreich nach einem Machtwechsel als Gegenleistung für seine militärische Hilfe den bevorzugten Zugriff auf 35 Prozent der libyschen Ölförderung der Marke Brent erhalten soll. Aufschlussreich war die Reaktion von Außenminister Alain Juppe zu dem Vorgang: Er bestritt lediglich den Brief zu kennen, ansonsten hielt er es aber für logisch, dass der Übergangsrat diejenigen bevorzugen würde, die Unterstützung gewährt hätten. Bei einer bisherigen Exportmenge Libyens von zirka 1,4 Millionen Barrel pro Tag würde die Frankreich gemachte Zusage eine Menge von etwa 500000 Barrel täglich betreffen. Die libyschen Ölreserven werden auf 42 Milliarden Barrel geschätzt und gelten als die größten auf dem afrikanischen Kontinent.

Es sind aber nicht nur diese gewaltigen Rohstoffreserven, die Begehrlichkeiten wecken. Auch der Wiederaufbau des Landes könnte für westliche Firmen zu einem glänzenden Geschäft werden, das sich durch die hohen Auslandsguthaben Libyens finanzieren lässt. Insgesamt sind die genauen Summen noch nicht einmal bekannt, die durch den Gaddafi-Clan ins Ausland geschafft wurden. Allein bei französischen Banken sind 7,6 Milliarden Euro deponiert worden.

Mit seiner forschen Haltung, sich seine Umsturzhilfe auch handfest entlohnen zu lassen, dürfte Frankreich allerdings auf einigen Widerstand treffen. Mögliches Material für die öffentliche Auseinandersetzung wird in den nun offenstehenden Archiven des gestürzten Gaddafi-Regimes reichlich vorhanden sein. Dass jetzt zum Beispiel in der US-Presse über erfolgte Schmiergeldzahlungen einer französischen Großbank an Personen aus dem Gaddafi-Umfeld berichtet wird, dürfte kein Zufall sein. Ebenso wenig die nun verstärkt auftauchenden Berichte über die Zusammenarbeit von US-Nachrichtendiensten mit Gaddafis Geheimpolizei. Sollte Frankreich mit dem Ausbau seines wirtschaftlichen Einflusses in Libyen Erfolg haben, würde dies vor allem zu Lasten des bisher stark engagierten Italien gehen. Beim italienischen Öl-Riesen ENI ist die Besorgnis groß, zukünftig vom französischen Total-Konzern verdrängt zu werden. Vorbeugend war von Italiens Außenminister Franco Frattini bereits zu hören, dass die bisherigen Abmachungen keine Verträge mit Gaddafi, sondern mit dem Staat Libyen selbst sind. Auch China könnte zu den Verlierern des Machtwechsels in Libyen zählen: 26 chinesische Unternehmen sind mit rund 20 Milliarden Dollar im Land engagiert, zahlreiche Projekte sind noch nicht abgeschlossen.

Erstaunlich ruhig waren bisher die deutschen Reaktionen auf den Poker um Einfluss in Libyen, immerhin bezog Deutschland in der Vergangenheit bis zu acht Prozent seiner Erdöleinfuhren aus dem nordafrikanischen Land. Die britische „Denkfabrik“ Open Europe hält es allerdings für wahrscheinlich, dass ein kürzlich von EU-Energiekommissar Günther Oettinger gemachter Vorschlag auf ein Betreiben der Bundesregierung zurückgeht: Kurz nach der Libyen-Konferenz in Paris hatte Oettinger den Vorschlag präsentiert, dass statt einzelner EU-Länder zukünftig nur noch die EU-Kommission Energielieferverträge mit Drittstaaten verhandeln darf. Norman Hanert


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