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17.09.11 / »Verbale Kraftmeierei« / Ehemalige Politikerin der Partei »Die Linke« über ihren Austritt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

»Verbale Kraftmeierei«
Ehemalige Politikerin der Partei »Die Linke« über ihren Austritt

Solange es so aussah, als würde Oskar Lafontaine aus der früheren DDR-Staatspartei „Die Linke“ eine Interessenvertretung der Hartz-IV-Geschädigten machen, schien der Aufstieg der Partei nicht mehr aufzuhalten. Seit „Oskar“ weg ist, ist es auch mit dem Aufstieg vorbei. Christine Ostrowski (65) saß für die SED/PDS/„Die Linke“ in der letzten DDR-Volkskammer, war Mitglied des Sächsischen Landtages, des Deutschen Bundestages, war Stadträtin in Dresden und bis 2000 Vorsitzende der PDS Dresden. 2008 kehrte sie der Partei den Rücken. Die PAZ sprach mit ihr.

PAZ: Ist der 9. November für Sie ein Tag der Freude?

Ostrowski: Es war mir im November 1989 durchaus klar, dass die DDR, so wie sie war, keine Zukunft mehr hatte und die Mauer früher oder später fallen musste. Dass das gerade am 9. November geschah, kam allerdings auch für mich überraschend. Und was heißt hier Freude! Das Gefühl, diesen historischen Moment des Mauerfalls bewusst mit erleben zu können, war größer als schlichte Freude.

PAZ: Kann man als Marxist national empfinden?

Ostrowski: Ich habe mich selbst nie als Marxistin gesehen oder derart definiert. Insofern kann ich die Frage im Grunde nicht beantworten. Allerdings war der Marxismus-Leninismus die offizielle Weltanschauung der DDR und seine Positionen und Prinzipien begleiteten mich durch Schule und Hochschule und Beruf, durch mein gesamtes Leben bis zur Wende. In dieser Weltanschauung verlief die Teilung zwischen den Klassen, nicht den Nationen – der Internationalismus stand demzufolge über der Nation, die Interessen der internationalen Arbeiterklasse über den nationalen Interessen. Das wurde mir, wie allen DDR-Bürgern, eingeimpft. Aber die Wirkung hielt sich in Grenzen, denn diese Art Internationalismus hatte mit den konkreten Menschen wenig zu tun, die ihr Land, ihre Heimat liebten, weil sie ihnen näher war als eine anonyme Arbeiterklasse.

Dennoch: In der politischen Linken darf man auch heute kaum wagen, zu sagen, dass man stolz auf Deutschland ist. Als ich noch PDS-Politikerin war, wurde ich schon wegen nationalistischer Tendenzen kritisiert, wenn ich öffentlich sagte, dass ich mein Land, meine Heimat liebe. Die linke Verachtung gegenüber dem Zugehörigkeitsgefühl von Menschen zu ihrem Land finde ich furchtbar.

PAZ: Weshalb verliert die Linkspartei jetzt an Zustimmung?

Ostrowski: In meiner Austrittserklärung aus der Partei „Die Linke“ hatte ich 2008 formuliert, dass „in der Partei zunehmend deklaratorische Politik dominiert, in der ... fundamentalistische Phrasen, oberflächliche Sprüche und verbale Kraftmeierei an die Stelle konkreter politischer Arbeit treten, ... und in der kein Platz für Konzepte ist, die von der gesellschaftlichen Wirklichkeit ausgehen“. Diese Einschätzung gilt für mich auch heute noch und ist aus meiner Sicht die Ursache der Stagnation bei der Partei. Denn das Volk hat ein feines Gespür dafür, ob die Vorstellungen einer Partei auch zu verwirklichen sind. Es nimmt die Ansammlung von „gesetzlicher Mindestlohn“, „bedingungsloses Grundeinkommen“, „Abschaffung von Hartz IV“, „Rückkehr zur Rente mit 65“, „30-Stunden-Woche“, „Verstaatlichung von Großkonzernen“ als das, was sie ist: eine Wundertüte. Wundertüten mögen für einen kleinen Teil der Wähler akzeptabel sein. Für relevante Schichten der Bevölkerung sind sie es nicht.


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