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17.09.11 / Beitritt mit Beruhigungspille / Rumänien und Bulgarien vor der Schengen-Aufnahme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Beitritt mit Beruhigungspille
Rumänien und Bulgarien vor der Schengen-Aufnahme

Ende Oktober sollen Rumänien und Bulgarien in einem gestuften Verfahren Mitglieder des Schengen-Raumes werden. Das, obwohl die EU-Kommission einen grundsätzliche Mängel in den Rechtssystemen der beiden EU-Länder dokumentiert hat und westeuropäische Staaten unter dem Zustrom von Zigeunern zu leiden haben. Ein alarmierender Bericht von Mitte Juli attestierte Sofia bei der Verfolgung von Korruption und Organisierter Kriminalität „ernst­hafte Defizite in der Rechtspraxis“.

Doch noch am 22. September soll im Justiz- und Innenministerrat der EU ein Beschluss zur Aufnahme Rumäniens und Bulgariens fallen. Um aufgenommen zu werden, ist ein einstimmiger Beschluss aller 26 EU-Mitgliedsstaaten erforderlich. Polen, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft ausübt, befürwortet eine rasche Ausweitung der Schengen-Zone. Um den Ländern entgegenzukommen, die Sicherheitsbedenken haben – allen voran Holland, das im Juni Druck gemacht hatte –, ist als Kompromiss ein stufenweiser Beitritt ausgehandelt worden. Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Beruhigungspille“.

Um das Abstimmungsverhalten Deutschlands gibt es indes Verwirrung. Medien hatten berichtet, die Bundesregierung wolle nicht gegen die Einstellung der Grenzkontrollen im See- und Luftverkehr zum 31. Oktober votieren. Die Pass- und Zollkontrollen an den Landgrenzen im Binnenraum des Schengener Abkommens sollen demnach im Sommer 2012 wegfallen.

Vor zwei Wochen ließ Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) über seinen Sprecher ausrichten, er habe noch keine endgültige Zustimmung signalisiert. „Wir sehen das zurückhaltend und haben angesichts der eher negativen Berichte weiterhin Bedenken“, wiegelte Friedrichs Sprecher Jens Teschke ab. Der Minister wolle sich wegen der deutschen Bedenken vorab insbesondere mit den Niederlanden und Frankreich abstimmen. Berlin hatte im März gemeinsam mit Den Haag und Paris verhindert, dass Bulgarien und Rumänien schnell dem Schengener Abkommen beitreten.

Inzwischen ist die deutsche Haltung geklärt: Mit Frankreich will Friedrich den Abstimmungskompromiss eingehen. „Bevor wir aber die Landgrenzen öffnen, müssen wir noch deutlichere Fortschritte bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sehen“, betonte der Innenminister. Eine weiterreichende Einbeziehung der beiden Länder am Schwarzen Meer in die Schengen-Zone lehnt Friedrich ab. „Ein sofortiger Schengen-Vollbeitritt, also der Wegfall sämtlicher Personenkontrollen, kommt derzeit nicht in Frage“, sagte er. Der wäre indes politisch ohnehin nicht durchsetzbar – eben wegen der ablehnenden Haltung auch anderer EU-Staaten. Der niederländische Immigrations- und Asylminister Gerd Leers hatte erklärt, bevor Holland grünes Licht gebe, müsse es überzeugt sein, „dass sich die Leistungsfähigkeit der Gerichte und der Polizeikräfte im Kampf mit dem Verbrechen verbessert hat“.

Warnende Stimmen im Bundestag gibt es offenbar nur wenige. Der christdemokratische Fraktions-Vizechef Günter Krings sagte, vor dem Hintergrund der schwerwiegenden Mängel in den betreffenden Ländern bedeuteten unkontrollierte Grenzen ein „unabschätzbares Risiko“. „Ich kann nur dringend davon abraten, hier derzeit auch nur einen ersten Schritt zu machen.“ Christian Rudolf


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