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17.09.11 / Im Dunstkreis von Döner und Tsatsiki / Wie, wo und warum eine PAZ-Mitarbeiterin den Großen Kurfürsten auf der Insel Rügen fand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Im Dunstkreis von Döner und Tsatsiki
Wie, wo und warum eine PAZ-Mitarbeiterin den Großen Kurfürsten auf der Insel Rügen fand

Bei einem Blick auf die Landkarte schlug das Herz des Preußen-Fans höher. Dort an der Südostküste der Insel Rügen fand sich das kartografische Zeichen für ein Denkmal. Daneben stand in fetter Schrift der Vermerk „Großer Kurfürst“. Inmitten des Ferienparadieses ein Denkmal für den brandenburgischen Herrscher, der den Ruhm des Hauses Hohenzollern begründete? Dem musste man doch nachgehen.

Mit der Karte, die dem Merian-Reiseführer (1. Auflage 2011) beilag, in der Hand ging es los Richtung Neukamp, einem verschlafenen Nest an der Küste. Nichts deutete auf die Sehenswürdigkeit hin, keine Wegweiser, keine Touristenströme, kein Denkmal. Enttäuscht zog man sich schließlich zurück. Doch sollte sich Merian derart täuschen? Eine Nachfrage im Hotel ergab die Lösung des Rätsels. Das Denkmal war abgerissen worden, der Große Kurfürst nun im nahegelegenen Putbus zu bestaunen. „Direkt neben der Dönerbude an der Alleestraße, Sie können es gar nicht verfehlen.“ Also auf nach Putbus, die ehemalige Residenzstadt des Fürsten Wilhelm Malte I. Das Städtchen ist Architekturliebhabern bekannt durch seinen „Circus“, 16 zwei- und dreigeschossige Häuser, die sich um einen kreisrunden Platz gruppieren. Die moderne Zeit hat jedoch auch in Putbus Einzug gehalten: Im 1836 errichteten Pädagogium am Circus befindet sich heute das IT College Putbus.

Einmal rund um den Circus Richtung Theater gefahren, dann kommt man an der Alleestraße direkt zum demontierten Denkmal. Der Besitzer der Dönerbude schaut erwartungsvoll und hofft auf Kundschaft. Als er jedoch die Kamera entdeckt, wendet er sich ab. Er weiß: Der Besuch gilt dem großen Preußen, der in der Tracht des 17. Jahrhunderts die Gäste begrüßt. Wenn er auch seine Hand fast bedrohlich in den Himmel reckt, wird er kaum etwas ausrichten können – sein Schwert ist ihm abhandengekommen. Was war geschehen?

Wenn gekrönte Häupter ins Schwanken geraten, ist es nur eine Frage der Zeit, dass sie fallen. Das gilt für reale Herrscher ebenso wie für die Denkmäler, die für sie errichtet wurden. Und so holte man vor 20 Jahren den Großen Kurfürsten in Neukamp und den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. in Groß Stresow von ihren Sockeln, damit sie nicht stürzten. Zu sehr hatten sie im Sturm auf den Säulentrommeln in 15 Metern Höhe geschwankt. Kein Wunder, denn die überlebensgroßen Standbilder waren samt der Säulenteile nur lose aufgesetzt worden.

Was machten die Preußenherrscher überhaupt auf Rügen, wird sich der Feriengast fragen. 1854 und 1855 gab der kunstsinnige preußische König Friedrich Wilhelm IV. die beiden Denkmale bei dem Berliner Bildhauer Wilhelm Ludwig Stürmer in Auftrag. Stürmer, der auch das Roßgärter Tor in Königsberg schuf, gestaltete sie nach Plänen des Architekten Friedrich August Stüler. Das Standbild des Großen Kurfürsten erinnert nun nicht nur an einen Krieg, den Kurbrandenburg zusammen mit Dänemark gegen Schweden führte und der 1678 zur zeitweiligen Vertreibung der schwedischen Soldaten von der Insel Rügen führte. Es unterstreicht nicht zuletzt auch den Anspruch Brandenburg-Preußens auf Teile der norddeutschen Ostseeküste. Doch bereits 1679 muss­te Kurbrandenburg Rügen an die Schweden wieder zurückgeben. Während des Nordischen Krieges schließlich landete 1715 der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mit dem Dänenkönig Friedrich IV. bei Stresow auf Rügen und vertrieb die Schweden. Die Standbilder konnten allerdings erst auf Rügen aufgestellt werden, nachdem die Insel und Vorpommern mit den Städten Stralsund und Greifswald als Ergebnis des Wiener Kongresses Preußen zugeschlagen worden waren.

Nachdem der Landkreis als Eigentümer der Werke die Standbilder durch den Berliner Steinmetzmeister Carlo Wloch hatte abbauen lassen, schaffte man sie zunächst nach Berlin, wo sie restauriert werden sollten. Wloch stammt aus einer Steinmetzdynastie, die sich stets dem Erhalt von Kulturstätten gewidmet hat. Vater Erich war aus Stettin nach Berlin gekommen und hatte die größte private Steinmetzwerkstatt in Ostberlin geführt. Heute ist bereits die dritte Generation mit am Werk. Zu den Aufgaben gehören Restaurierungsarbeiten an den Gräbern von Johann Gottfried Schadow, Max Liebermann oder Moses Mendelsohn. Die größte Aufgabe aber ist jetzt die Errichtung der Fassade des Berliner Stadtschlosses nach historischem Vorbild.

Da das Geld fehlte und die nötigen Sponsoren, zog sich die Restaurierung der Denkmäler in die Länge. Mittlerweile sind die Standbilder wieder auf Rügen, wenn auch durch den Transport ein wenig ramponiert, schließlich ist der Sandstein sehr empfindlich. Das Denkmal Friedrich Wilhelms I. hat dabei mehr gelitten als das des Großen Kurfürsten. Wie lange der Brandenburger nun noch neben der Dönerbude wird ausharren müssen, ist ungewiss. Rainer Roloff, Leiter des Bauamtes des Landkreises Rügen, bestätigte der PAZ, dass an der Wiedererrichtung der Preußensäulen gearbeitet wird. „In diesem Jahr beschäftigen wir uns mit den planerischen Vorbereitungen für den Wiederaufbau der Preußensäule in Neukamp.“ Allerdings gebe es derzeit weder einen konkreten Zeitplan noch einen Termin. Man darf also gespannt sein. Silke Osman


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