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17.09.11 / Der »normannische Kleiderschrank« / Der Schauspieler Curd Jürgens beeindruckte nicht nur durch seine Kunst der Darstellung auf Bühne und Leinwand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Der »normannische Kleiderschrank«
Der Schauspieler Curd Jürgens beeindruckte nicht nur durch seine Kunst der Darstellung auf Bühne und Leinwand

Von der deutschen Leinwand schaffen nicht viele Schauspieler den Sprung in die große weite Welt. Einer der ersten, dem das Kunststück gelang, war Curd Jürgens. Im Nachkriegsdeutschland bekannt geworden, ist er bald in internationalen Produktionen an der Seite von Weltstars zu sehen.

193 Zentimeter hoch gewachsen, markante Gesichtszüge, blonde Haare und blaue Augen waren die Attribute, die seinen Erfolg beflügelten. Kaum ein anderer pflegte das Image des Lebemanns so ausschweifend wie „der normannische Schrank“: fünf Ehefrauen, Häuser in aller Welt und eine Leidenschaft für Rolls Royce.

Dabei hatte er zunächst gar nicht vor, Schauspieler zu werden. Nach der Schule arbeitete der am 13. Dezember 1915 in München geborene Curd Jürgens zunächst als Redakteur beim Berliner „8-Uhr-Abendblatt“. Doch Theater und Film faszinierten ihn bald und so nahm der Hühne Schauspielunterricht. Seine erste Ehefrau Lulu Basler bestärkte ihn in seinen Plänen. 1935 erhielt er ein erstes Bühnenengagement in Dresden am „Metropoltheater“. Im gleichen Jahr gab er sein Leinwanddebüt an der Seite von Paul Hörbiger in Herbert Maischs „Königswalzer“. Die Grundsteine für eine große Karriere waren gelegt.

In seiner über 40 Jahre dauernden Bühnenpräsenz drehte er über 160 Filme und spielte zahlreiche klassische Rollen. Unter anderem gehörte er, der 1945 österreichischer Staatsbürger wurde, über Jahre zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Sein ausschweifender Lebensstil zog jedoch oft mehr Aufmerksamkeit auf sich als seine Kunst.

Im Laufe seines Lebens sammelte Jürgens fünf Ehefrauen. Die erste war Lulu, es folgten über die Jahre Judith Holzmeister, Eva Bartok und das Fotomodell Simone Bicheron. Zuletzt war er bis zu seinem Tod mit Margie Schmitz vermählt. Zwischendurch berichteten die Boulevardblätter immer wieder von Affären mit allerlei Schauspielkolleginnen. Margie Schmitz ist zu verdanken, dass fernab vom Image des Lebemanns auch etwas vom Privatmenschen Curd Jürgens zu erfahren war. Denn sie hat sich nicht an seinen letzten Willen gehalten, seinen schriftlichen Nachlass im Pool der Villa in Nizza mit einem Freudenfeuer zu verbrennen. 15 Jahre nach seinem Tod übergab sie 40 Umzugskartons gefüllt mit Briefen, Tagebüchern und Zeitungsausschnitten dem Deutschen Filmmuseum in Frankfurt. Nun ist sich die Filmwissenschaft nicht ganz einig: War er einfach nur ein luxussüchtiger Dandy oder schlummerte hinter der harten Fassade ein sensibler Kern?

Das Image eines Lebemannes hat Curd Jürgens wie kaum ein anderer deutschsprachiger Schauspieler der Nachkriegszeit gepflegt. Fast möchte man seinen Lebensstil als dekadent bezeichnen. Er unterhielt mehrere Häuser in Wien, Frankreich, der Schweiz und auf den Bahamas. Außerdem hatte er eine Leidenschaft für die Luxuslimousinen der Marke Rolls Royce. Die Partys, die Curd Jürgens in seiner Villa in Nizza feierte, waren legendär. Das galt auch für die Gäste: Alain Delon, Romy Schneider, Gunter Sachs und Brigitte Bardot, Robert Mitchum und Orson Welles sind auf unzähligen Partyfotos zu sehen. Liz Taylor und Richard Burton bedankten sich nach einem Fest per Telegramm für die schöne Zeit in Nizza.

Den Champagner soll Jürgens bei Partys nur in Magnumflaschen serviert haben. Er liebte das schnelle und exzessive Leben. Am 3. August 1970 ist in seinem Tagebuch zu lesen: „Verlasse Cesar‘s Hotel in Tijuana. Morgendlich schnelle Fahrt nach L.A. in die Sonne. Frühstück, Pool & Schlaf.“ Über Dreharbeiten mit Jacqueline Bisset schrieb der Frauenheld: „Jacqueline im Nacht-hemd: Der schönste Busen.“ Jürgens hat mit allengroßen Kollegen seiner Zeit gedreht. In „James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte“ war er schließlich der Gegenspieler von Roger Moore.

Zu seinen Leinwandpartnerinnen zählten auch Ingrid Bergman, Nadja Tiller, Anita Ekberg und Catherine Deneuve. Brigitte Bardot hatte ihm während der Dreh-arbeiten zu „Und ewig lockt das Weib“ seinen Spitznamen „der normannische Kleiderschrank“ verpasst. Da fragt man sich doch gleich doppelt gespannt, wer wohl auf das Originaldrehbuch von „Des Teufels General“ die Worte „Ich liebe dich. Bitte glaub es mir“ geschrieben hat. Auch Romy Schneider soll in jungen Jahren in ihn verliebt gewesen sein. Sieben Briefe von der jungen Romy wurden in seinem Nachlass gefunden.

So waren ihm wohl bei allen erwiesenen und vielen vermuteten Affären die Gefühle der Damen nicht ganz egal, wenn er die Erinnerungsstücke aufbewahrt hat. Und auch Trennungen schienen nicht spurlos an ihm vorüber gegangen zu sein. Nach der Scheidung von seiner vierten Ehefrau Simone schrieb er in sein Tagebuch: „Das Haus ist noch so erfüllt von S., dass ich es kaum ertrage. Nachts ohne Schlaf. Ich bete.“

Curd Jürgens hat nach der Devise gelebt: „Es ist wichtiger, den Jahren mehr Leben zu geben, als dem Leben mehr Jahre. Und beim Sterben sollte einem geholfen werden, nachgeholfen.“ Das hat er. Trotz zahlreicher Herz-OPs verzichtete er bis zum Ende nicht auf seinen ausschweifenden Lebensstil, liebte sein morgendliches Glas Whiskey und seine Zigarette. Am 18. Juni 1982 starb er im Alter von nur 66 Jahren. Tatjana Niezel/Ricore


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