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17.09.11 / Frischer Wind / Spannender politischer Krimi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Frischer Wind
Spannender politischer Krimi

Fast wäre der erste Kriminalroman des Autoren-duos Petra Hartlieb und Claus Ulrich Bielefeld in der Schublade verschwunden. Die Wiener Buchhändlerin und der Berliner Literaturredakteur trafen sich auf der Frankfurter Buchmesse. Bei einem kleinen Italiener heckten sie den Plan aus, gemeinsam einen Krimi zu schreiben. Monatelang schickten sich die beiden, die laut der Diogenes-Verlagsseite eine „heitere deutsch-österreichische Freundschaft“ verbindet, per Mail gegenseitig Manuskriptseiten zu. Als Hartlieb eine längere Schreibpause einlegte, drohte ihr Bielefeld, die Figur der Kommissarin herauszuschreiben und sie unter den Zug kommen zu lassen, falls nicht bald die nächsten Kapitel fertig sein sollten. Die Worte wirkten. Herausgekommen ist „Auf der Strecke“, der Auftakt einer grenzüberschreitenden Krimireihe rund um das ungewöhnliche Ermittlerpaar Anna Habel und Thomas Bernhardt.

Die beiden Kommissare könnten unterschiedlicher nicht sein: Habel ist Ende 30, Chefinspektorin von der Mordkommission Wien, alleinerziehende Mutter, temperamentvoll und unermüdlich. Ihr Kollege Bernhardt von der Berliner Kripo ist Mitte 50, sarkastisch und behäbig mit einem Hang zur Melancholie. Bereits beim ersten Telefongespräch geraten die beiden aneinander. Auf Bernhardt deutsche Art und väterliche Fürsorge reagiert Habel genervt mit den Worten „Wir hier in Wien sind auch nicht blöd!“ Doch während der gemeinsamen Aufklärung des Mordes an einem jungen Erfolgsautor raufen sie sich zusammen.

Das Opfer Xaver Pucher war unterwegs zu seinem Verleger, um ihm sein neues Manuskript „Herodots wilde Reisen“ vorzulegen. Im Schlafwagenabteil des Zuges von Wien nach Berlin wurde er brutal erwürgt. Der Tote trug nur das Teuerste, wie handgenähte Schuhe und Designerklamotten. In seinem Koffer findet die Polizei Spuren von Kokain. Vom ominösen Schriftstück, mit dem Pucher einen internationalen Skandal in Afghanistan aufdecken wollte, fehlt jede Spur. Der Dandy hatte sich mit seinen Starallüren und seiner investigativen Art viele Feinde gemacht und stand unter Bewachung des österreichischen Staatsschutzes. Verdächtige gibt es folglich mehrere, selbst mit der islamistischen Szene hatte sich Pucher angelegt.

Ihre Recherchen führen Habel und Bernhardt in Wien auf den Zentralfriedhof, in den Prater und in die Gassen der Altstadt, in Berlin zu den modernen Büros am Prenzlauer Berg, in die Hinterhöfe Schönebergs und die Kneipen Neuköllns. Als ein zweiter Mord geschieht, gerät das Team selbst in Gefahr. Bernhardt wird mit seiner Berliner Kollegin am Tatort niedergeschlagen und Habel findet in Wien ihre Wohnung völlig verwüstet vor. Auf der Frankfurter Buchmesse naht die Lösung des Falls.

Mit ihrem unkonventionellen Schreibstil bringen Bielefeld und Hartlieb frischen Wind in die Krimiszene. Die Autoren schlagen interessante Brücken zwischen der jüngeren deutschen Geschichte, Politik, Religion und den Ereignissen in Berlin und Wien. Bissige Dialoge, witzige Figuren wie das Ermittlerpaar à la Hund und Katze, Habels pubertierender, ständig verstöpselter Sohn Florian oder Computer-Kurti sowie ein gut und spannend konstruierter Fall sorgen für abwechslungsreiche Unterhaltung. Lediglich das Finale geht etwas zu schnell über die Bühne. Sophia E. Gerber

Petra Hartlieb, Claus-Ulrich Bielefeld: „Auf der Strecke. Ein Fall für Berlin und Wien“, Diogenes, Zürich 2011, broschiert, 368 Seiten, 10,90 Euro


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