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24.09.11 / Mit ungewöhnlicher Handschrift / Thomas Gainsborough malte Porträt der englischen Königin Charlotte aus dem Hause Mecklenburg-Strelitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-11 vom 24. September 2011

Mit ungewöhnlicher Handschrift
Thomas Gainsborough malte Porträt der englischen Königin Charlotte aus dem Hause Mecklenburg-Strelitz

Seit Jahren zählt das Bildnis der englischen Königin Charlotte, Teil der Sammlung Christian Ludwig, Herzog zu Mecklenburg, zu den herausragenden Werken des Staatlichen Museums Schwerin. Auf seiner Rückseite, genauer auf dem Keilrahmen, trug es einst die Aufschrift: Gainsborough px. London.

Thomas Gainsborough, 1727 in Sudbury (Suffolk) als Sohn eines Tuchhändlers geboren, offenbarte bereits frühzeitig sein Talent fürs Malen und Zeichnen. Sein Werdegang ist nicht ganz klar. Doch schickte ihn sein Vater schon mit 13 Jahren zum Studium nach London, wo er in Kontakt kam mit dem französischen Kupferstecher Hubert Gravelot, selbst ein Schüler Bouchers, und dem Porträtisten F. Hayman. Beide unterrichteten an der Kunstschule St. Martin’s Lane Academy, die auch Gainsborough besuchte. Damit stand seine künstlerische Ausbildung von Anfang an sowohl unter der Einwirkung eines internationalen Stils – ohne, wie damals üblich, je selbst eine Auslandsreise gemacht zu haben.

Gainsborough kam in London rasch zu Ruhm, kehrte nach dem Tod seines Vaters 1748 aber in seinen Geburtsort zurück, um in der Nachbarstadt Ipswich zu wohnen. Im Oktober 1759 verlegte er seinen Wohnsitz nach Bath, das zu jener Zeit nach London als Zentrum der vornehmen englischen Gesellschaft galt. 1774 ließ er sich endgültig in London nieder, wo er schon ein Jahr später erste Aufträge von der königlichen Familie erhielt, zu deren bevorzugtem Maler er bald avancierte. Der Maler starb 1788 im Alter von 61 Jahren in London.

Gainsborough gilt als Schöpfer des Landschaftsporträts. Das heißt, er verband seine Liebe zur Landschaftsmalerei mit seiner Begabung als Porträtmaler, indem er die Dargestellten inmitten und vor locker gemalten Landschaften agieren lässt.

Das Bildnis der Königin Sophie Charlotte entstand 1781. Damals war Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, Schwester Herzog Adolf Friedrichs IV., seit 20 Jahren mit König Georg III. von England aus dem Hause Hannover verheiratet und hatte bereits 14 Kinder geboren. Im Gegensatz zu einem königlichen Repräsentationsporträt zeigt Gainsborough Charlotte lediglich als Angehörige des Hochadels, in kostbarer Robe vor Tuchdraperie mit Landschaftsausblick. Zu ihren Füßen ist ein Hündchen platziert, Zeichen ehelicher Treue, die Charlotte ihrem damals bereits an einer Geisteskrankheit leidenden Gemahl bis zu dessen Tod hielt. Königliche Insignien, wie Purpur, Hermelin und Krone, fehlen.

Das Schweriner Gemälde ist eine Wiederholung des in Windsor Castle befindlichen Originals, das zu den besten Porträts zählt, die Gainsborough von der englischen Königsfamilie gemalt hat. Manche sprechen sogar von einem der „hervorragendsten Dynastenporträts“ überhaupt. Und obwohl es der für die mecklenburgische Verwandtschaft bestimmten Fassung an der Brillanz und Lockerheit des Vorbilds mangelt, kann man die ungewöhnliche Handschrift des Künstlers eindrucksvoll nachvollziehen. Dank der Verwendung von Farbflecken wirken die Gemälde Gainsboroughs ungemein lebendig. Sie sollten sowohl aus der Nähe als auch aus der Entfernung wirken. Das einfühlsame Porträt zeigt die in Deutschland recht unbekannte Königin (1744–1818) im Alter von 37 Jahren. Prinzessin Sophie Charlotte, von der Familie liebevoll Lottchen genannt, wurde in Mirow geboren, wo ihr Vater als nicht regierender Halbbruder des Herzogs Adolph Friedrich III. von Meck-lenburg-Strelitz, mit der Familie in relativ einfachen Verhältnissen lebte. Friedrich der Große nannte die Mitglieder der Mirower Nebenlinie spöttisch nur die Mirokesen. Schon bei den Zeitgenossen war daher die Verwunderung groß, wie sich der König von Großbritannien und Irland eine Braut aus einer so unbekannten Familie aussuchen konnte.

Trotz des ländlich-bescheidenen Hofs der fürstlichen Familie hatte Herzog Carl Ludwig Fried-rich auf eine gute und umfangreiche Ausbildung seiner Tochter in Sprachen, Naturwissenschaften und Künsten wert gelegt. Diese fiel bei dem aufgeweckten Kind auf fruchtbaren Boden. Erregte Sophie Charlotte doch schon mit 16 Jahren durch einen Brief an den preußischen König, in welchem sie bat, ihr heimatliches Herzogtum vor dem Krieg zu verschonen, internationales Aufsehen. Der Legende nach fiel dieser in die Hände des britischen Königs Georg III., der so auf die junge Prinzessin aufmerksam wurde und daraufhin um ihre Hand anhielt.

Die Wirklichkeit war profaner, wie die zum 250. Krönungsjubiläum herausgegebene neuste deutschsprachige Monographie über das königliche Landeskind offenbart. Nicht Romantik, sondern politisches Kalkül führte zu der Verbindung. Gesucht war zu jener Zeit „eine deutsche protestantische Prinzessin ... aus einem unbedeutenden Fürstentum, um zu vermeiden, dass mit der Hochzeit politisch ungünstige Verpflichtungen eingegangen werden müssten“. Zudem war das englische Königshaus sich Charlottes Treue gewiss. Hatte Georg II. doch Charlottes verwitwete Mutter unterstützt, als diese 1752 – Charlotte war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre alt – in Vormundschaft die Regierungsverantwortung für Mecklenburg-Strelitz übernahm. Bei näherer Betrachtung war die junge Prinzessin also die ideale Partie.

Am 17. August 1761 verließ Sophie Charlotte mit 17 Jahren ihre mecklenburgische Heimat und bereits am 22. September fand die feierliche Krönungszeremonie des Paares statt. Die Verbindung sollte übrigens eine glückliche werden und die Mo-narchin erfreute sich rasch allgemeiner Beliebtheit. Und während der Gemahl durch die Kolonialisierung Australiens, Neuseelands und Indiens das Empire aus dem Boden stampfte, widmete sich Charlotte der Erziehung ihrer 15 Kinder, der Kunst und der Botanik. Denn die Ehe war unter der Bedingung geschlossen, dass sich die Gemahlin nicht in die Politik einmischte.

Zu Ehren kommt Charlotte dennoch. Als Ende des Jahrhunderts eine Paradiesvogelblume aus Südafrika in London eintrifft, gibt man ihr den Namen Strelitzia Reginae. 1818 schickt die Königin eine Pflanze als Geschenk in ihre Heimat nach Neustrelitz. Vier Jahre später blüht hier Deutschlands erste Strelitzie.

1793 gelingt es Charlottes Lieblingsbruder Carl, seine Tochter Luise mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm zu verheiraten. Kurz darauf wird er regierender Herzog von Meck-lenburg-Strelitz, ab 1815 Großherzog, und seine Tochter Königin von Preußen. Deren Tante Sophie Charlotte, die erste Königin aus dem Haus Mecklenburg-Strelitz, stirbt 1818 in Kew Pa-lace. Insgesamt bringt das unbedeutende Haus Mecklenburg-Strelitz vier Königinnen hervor. 1837 wird Luises Schwester Friederike Königin von Hannover und 1921 wird Jutta, die Schwester des letzten regierenden Großherzogs, für eine Woche Königin von Montenegro, bevor dieses an Jugoslawien fällt. Helga Schnehagen

Friederike Drinkuth: „Königin Charlotte. Eine Prinzessin aus Mecklenburg-Strelitz besteigt den englischen Thron“, Thomas Helms Verlag, Schwerin, 2011, 40 Seiten, 4,50 Euro


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