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24.09.11 / Die erste Kaiserin des Deutschen Reiches / Vor 200 Jahren wurde die Ehefrau Wilhelms I. von Preußen, Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, in Weimar geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-11 vom 24. September 2011

Die erste Kaiserin des Deutschen Reiches
Vor 200 Jahren wurde die Ehefrau Wilhelms I. von Preußen, Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, in Weimar geboren

Die am 30. September 1811 geborene erste Kaiserin des Deutschen Reiches Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach war eine Enkelin Carl Augusts von Sachsen-Weimar-Eisenach, dem bekannten Förderer Wolfgang von Goethes. Der Dichter nahm zuweilen eine Art Großvaterrolle bei der Prinzessin ein. Erzogen wurde sie protestantisch und im Sinne von Johann Gottfried Herders Humanitätsideal. Hieraus dürfte sich ihre vergleichsweise liberale Einstellung erklären lassen. Dennoch konstatiert ihre Biographin Karin Feuerstein-Praßer einschränkend, Augusta sei von der Weimarer Atmosphäre geprägt, jedoch nicht inspiriert gewesen. Die Mutter Maria Pawlowna – Schwester zweier russischer Zaren – gab ihr den Satz „Eine Prinzessin darf niemals müde sein!“ mit auf den Weg. Äußere Haltung bewahrte Augusta ihr Leben lang.

Prinz Wilhelm von Preußen, der 1861 seinem kinderlosen Bruder Friedrich Wilhelm IV. auf dem Thron nachfolgen sollte, lernte sie im Herbst 1825 kennen, vier Jahre später wurde geheiratet. Seine große Liebe war sie nicht, eine Ehe mit der eigentlichen Favoritin Elisa Radziwill war ihm aber aus Standesgründen versagt geblieben. Die Weimarer Verbindung hingegen war seinem Vater Fried­rich Wilhelm III. sehr erwünscht.

Augusta sei schön und klug, aber sie lasse ihn kalt, soll Wilhelm einmal geäußert haben. Seine Briefe aus der Verlobungszeit lesen sich bemüht, als wolle er sich bevorstehendes Glück einreden. Und Augusta? Vielleicht war sie wenigstens zu Anfang glück­lich, aber zeitweise grenzte ihr Verhalten an Selbstverleugnung, wenn sie versuchte, sich mit der keineswegs geheimen Tatsache zu arrangieren, dass die wirkliche Zuneigung Wilhelms einer anderen galt. Er hatte von der bereits 1834 verstorbenen Elisa bis zu seinem eigenen Tod – mehr als 50 Jahre später – ein Bild auf dem Schreibtisch.

Aber nicht nur die Herzensangelegenheiten sorgten für anhaltenden Verdruss, auch wenn Augusta versuchte ihrer Position gerecht zu werden. Berlin empfand sie als „Fegefeuer“. Intellektuell war sie ihrem Mann überlegen. Nicht immer wusste sie die hier von ihr erwartete Zurückhaltung zu wahren – was zu zusätzlichen Spannungen führte. Philipp zu Eulenburg, Freund und Günstling ihres Enkels Wilhelm II., meinte treffend, sie habe äußerlich in eine größere, innerlich in eine kleinere Welt hineingeheiratet.

Im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gab es bereits ab 1816 eine Verfassung. Vor diesem Hintergrund sind auch Augustas politische Ansichten zu verstehen. Der Vereinigte Landtag von 1847 wurde von ihr begrüßt. Allerdings war sie alles andere als eine Demokratin. Aristokratisch durch und durch, hatte sie jedoch auch die realen Gegebenheiten der Zeit im Blick. Ihre Einstellung lässt sich wohl am ehesten als „aufgeklärt absolutistisch“ bezeichnen, wie die Augusta-Kennerin Feuerstein-Praßer meint.

Nachdem ihr Mann 1850 Generalgouverneur der Rheinprovinz geworden war, ging Augusta mit ihm nach Koblenz. Dort fand sich am Hof ein Kreis liberaler Persönlichkeiten – die sogenannte „Wochenblattpartei“ – zusammen, was auch der Initiative Augustas zu verdanken war. Sie übernahm in der Koblenzer Zeit zudem karitative Aufgaben und lernte die Tätigkeit katholischer Wohltätigkeitsvereine kennen und schätzen. Ihre diesbezügliche Offenheit ist oft missgedeutet worden. Sie war immer eine überzeugte Protestantin, aber hatte aus einem tief verinnerlichten Christentum stets das Bestreben, Bedürftigen zu helfen. Aus dieser Haltung erklärt sich auch ihre Abneigung gegen jegliche Art von bewaffneter Auseinandersetzung.

Als Wilhelm die Regentschaft für seinen erkrankten Bruder übernahm, ging es zurück ins „Fegefeuer“, nach Berlin. Vielleicht muss man nicht unbedingt von Hölle sprechen, aber ihr Hauptfeind der folgenden beiden Jahrzehnte machte ihr das Leben nicht leicht. Und sie ihm auch nicht: Otto von Bismarck fürchtete den – stets überschätzen – Einfluss der „alten Fregatte“ auf den König und Kaiser. Sie wiederum glaubte, der „eiserne Kanzler“ betreibe eine für Preußen und Deutschland verhängnisvolle Politik und arbeite gegen ihren Mann. Im vor allem von Bismarck geführten Kulturkampf konnte Augusta es als einen Erfolg verbuchen, dass auf ihre Intervention hin die krankenpflegenden Orden von einer eigentlich geplanten Ausweisung verschont wurden. Am Ende kam es dann allerdings zu einer Art Aussöhnung zwischen Bismarck und Augusta, die in den großen politischen Zielen wahrscheinlich viel mehr übereinstimmten, als sie jemals zugegeben hätten.

Augusta, die zunehmend von körperlichen Gebrechen geplagt war, hielt sich an der Seite Wilhelms I. aufrecht bis zum Schluss. Sie überlebte ihn um knapp zwei Jahre und starb am 7. Januar 1890. Erik Lommatzsch


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