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24.09.11 / Falscher Konservativer / Beckstein: Woran er glaubt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-11 vom 24. September 2011

Falscher Konservativer
Beckstein: Woran er glaubt

Die CDU leidet unter Schwindsucht. Auch die CSU hat bei der letzten Landtagswahl ihre absolute Mehrheit eingebüßt. Wir begeben uns auf Ursachenforschung. Die Konservativen, die Patrioten seien der Partei abhandengekommen, kritisieren jene, denen die Union fremd geworden ist. Günter Beckstein, vormals für kurze Zeit bayerischer Ministerpräsident, hat ein Buch vorgelegt. Er galt als ein ganz harter Konservativer – zu Recht? Beckstein gab seinem Buch – einer Art politischer Erinnerungen und Gedanken – den originellen Titel „Die zehn Gebote“. Das macht neugierig.

Beckstein entpuppt sich bereits auf den ersten Seiten als einer, dessen politischer Standpunkt zu Unrecht als „konservativ“ gilt. Bereits in den 70er Jahren will er gegen Franz Josef Strauß opponiert haben, als dieser auf der legendären Klausurtagung in Wildbad Kreuth die Fraktionsgemeinschaft mit der bereits damals nach links driftenden CDU aufkündigen wollte, um Handlungsfreiheit für seine CSU zu gewinnen. Eine strategische Fehlentscheidung, wie man heute mit 35-jähriger Verspätung weiß.

Beckstein beschreibt auch seine Mitverantwortung für den Bau der ersten Moschee mit Minarett in Fürth, wünscht sich einen „aufgeklärten Islam“ und kann sogar dem islamistischen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan etwas Positives abgewinnen, holte „frühzeitig Muslime in die CSU“ und initiierte einen entsprechenden Gesprächskreis. Er schreibt viel von christlicher Verantwortung und zitiert Luther, kritisiert die Homo-Ehe, aber bleibt die Erklärung schuldig, warum er nach dem abermaligen Machtwechsel auf Bundesebene nicht dagegen vorgegangen ist. Ähnlich ist sein Beklagen der hohen Anzahl von Scheidungen und Abtreibungen. Beckstein schimpft, aber in der Zeit, in der er Macht und Einfluss besaß, leistete er keinen Widerstand und behauptet das in seinem Buch auch nicht.

Weiten Raum nimmt in Beck-steins Traktat die „rechte Gefahr“ ein. Das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren hatte er mit zu verantworten, schiebt aber die Schuld dafür dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily zu. Stets beschwört Beckstein die bösen Geister des Nationalsozialismus. Von Kommunismus, Stalinismus, Stasi oder gewaltbereitem Linksextremismus schreibt er nichts. Besorgt stellt sich der Leser die Frage: War der Mann, der viele Jahre Bayerns innere Sicherheit verantwortete, auf dem linken Auge blind? Auch zu der interessanten Frage, wie sein Amtsvorgänger, der populäre Edmund Stoiber, sein Amt verlor, erfährt man wenig.

Becksteins „Zehn Gebote“ sind ein zeitgeschichtliches Dokument über den Niedergang der beiden Unionsparteien als konservative Volksparteien der rechten Mitte und deren Umformung zu Erfüllungsgehilfen der politischen Korrektheit. Der Niedergang der Bürgerlichkeit der CDU ist nicht der Untätigkeit oder Machtlosigkeit angeblich konservativer Politiker geschuldet, sondern, wie man bei der Lektüre des Beckstein-Buches erfährt, sie sind diese Teil des Problems. Diese Erkenntnis wirft die Frage nach einer grundsätzlichen Reformfähigkeit und Umkehr der Union auf. Theo Maass

Günter Beckstein: „Die zehn Gebote“, Hänssler Verlag, Holzgerlingen 2011, gebunden, 192 Seiten, 17,95 Euro


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