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24.09.11 / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-11 vom 24. September 2011

Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth
In der Strafkolonie / Warum unser armes Geld arbeiten muss / Billiger aus der Pleite kaufen / Die Märkte sind an allem schuld / Eine gute Nachricht

Es war einmal vor langer Zeit ein Land, da nannte man die Mitarbeiter eines Geldinstituts Bankbeamte. Sie waren zwar keine richtigen Beamten, aber wie diese galten sie als zuverlässig, vertrauenswürdig und gelegentlich auch ein wenig langweilig. Wenn man ein bisschen Geld übrig hatte – was nicht so oft vorkam –, dann konnte man es zu diesen Bankbeamten bringen. Wenn man es dann nach einer Weile wieder abholte, bekam man immer etwas mehr, als man vorher hatte.

Dafür musste man – es war wirklich märchenhaft – gar nichts bezahlen. Heute heißen die Bankbeamten schon lange Banker. Wenn man ihnen etwas Geld zum Aufbewahren bringt, dann legen sie es an, weil, wie sie sagen, dass Geld arbeiten muss. Damit sie dem Geld eine Arbeitsstelle verschaffen, muss man ihnen etwas bezahlen. Offenbar muss unser liebes Geld dann richtig schuften, denn wenn man es wieder abholen will, ist oft ein großer runder Betrag zu einem kleinen krummen Betrag geschrumpelt. Manchmal ist das Geld auch gar nicht mehr da, dann hat er sich offenbar zu Tode geschuftet.

Richtige Strafkolonien für Euros gibt es. Was dem al-Kaida-Kämpfer sein Guantanamo, ist für den Euro Griechenland. Nein, Griechenland ist schlimmer. Aus Guantanamo kommen die Burschen irgendwann wieder raus und werden zum Ausgleich für die erlittene Pein auch nach Deutschland geschickt. Aber Griechenland? Wenn es ganz schlimm kommt – und es kommt ja jeden Tag etwas schlimmer – droht 400 Milliarden deutschen Euros als Angehörigen des Euro-Hilfsfonds die Deportation nach Griechenland. Hat schon jemand mal ausgerechnet, was der ganze Laden da unten kostet? Na gut, vielleicht sogar ein bisschen mehr als 400 Milliarden. Aber wenn wir beschließen, unser Geld in Raten zu versenken, wäre es dann nicht sinnvoller, auf Raten zu kaufen? Aber natürlich hat wieder mal keiner gefragt, was die Griechen denn haben wollen, so für alles.

Vielleicht ist der Wirtschaftsminister Philipp Rösler ja viel pfiffiger, als wir alle denken. Lässt die Griechen erst Pleite gehen und kauft dann die Insolvenzmasse billig auf. Chapeau, Herr Minister, Chapeau! Er greift zu, ehe die Chinesen kommen. Endlich einmal. Er hat bestimmt schon gemerkt: Chinesen shoppen anders. Gucci- und Fuzzi-Fummel sind bei den kleinen Chinesinnen zwar auch sehr begehrt, aber die staatlichen Chefeinkäufer sacken strategisch ein. Afrikas Bodenschätze haben sie schon im großen Stil gekauft, egal von welchem korrupten Despoten. Weite Landstriche haben sie auch erworben, ganz schlicht für Ackerbau und Viehzucht im großen Stil. Wenn dann ein braver europäischer Entwicklungshelfer seinem afrikanischen Kleinbauern auf die Beine helfen möchte, steht der Chinese längst da.

Mit Afrika sind die Chinesen durch, da haben sie alles einkassiert, was ihnen nützlich sein könnte. Nun steht der gute Onkel aus Fern­ost vor Europas Tür. Mit prallen Spendierhosen. Wenn wir alle schön brav sind, sagt der gute Onkel, und endlich mal ein bisschen sparsamer mit dem Geld umgehen, dann schickt er uns auch ein paar Euros zum Arbeiten. Da sage noch einer, China habe ein Problem mit den Menschenrechten. Der gute Onkel aus Peking macht sich Gedanken über das Wohlergehen seiner Euros, ehe er sie aussendet zum Malochen bei uns. Leisten kann er es sich ja. Erst haben wir ihm unsere Arbeitsplätze überlassen, damit hat er die größte Devisenreserve in der Geschichte der Menschheit angehäuft. Und nun kündigt er an, seine Euros zur Arbeit zurückzuschicken. Es ist doch ein hübsches Geben und Nehmen auf der Welt. Der Vollständigkeit halber muss jedoch festgestellt werden: Viel mehr als diese Ankündigung kam bisher nicht aus Peking. Vielleicht ist man dort ja der Ansicht, statt die Euros in Griechenland arbeiten zu lassen, sei es im Sinne der Menschenrechte sinnvoll, die Griechen arbeiteten.

Und wer ist daran schuld, dass die Euros so getrieben werden? Dass die Griechen so zittern und barmen müssen? Die Märkte! Wer nach den Ursachen des Debakels fragt, bekommt überall dieselbe Antwort: Die Märkte! Und wer soll das sein? Darauf gibt es keine Antwort, die Märkte sind einfach die Märkte. Sie sind die wahren Finsterlinge unserer Zeit. Sie sind das, was in den alten James-Bond-Filmen Dr. No oder Goldfinger waren, verrückte Schurken, die vom Grund des Ozeans die Welt auslöschen wollen. Diese Schurken hat James Bond besiegt, nun bedrohen die schurkischen Märkte unser kleines Euro-Glück. Je mehr Politiker als tapfere Weiße Ritter gegen die Märkte zu Felde ziehen, desto wackliger steht unser Euro. Als sei er von einer ansteckenden Krankheit befallen. Allerdings weiß jeder Kleingärtner: Befallen werden nur die bereits geschwächten Pflanzen.

Am Abend nach der Wahl in Berlin, da durfte der Philipp Rösler in der Schwatzbude von Günther Jauch noch einmal den Weißen Ritter spielen. Tapfer hat er da über den Euro palavert, als sei gar nichts passiert, als sei seine FDP nicht soeben zur Splitterpartei degradiert worden. Immerhin, er durfte noch plappern, eingeladen ist eingeladen. Seine Parteifreundinnen und

-freunde bekamen kein Mikrophon mehr unter die Nase gehalten, um allen Helfern zu danken für ihren unermüdlichen Einsatz im Wahlkampf. Den Part der FPD übernimmt die Piratenpartei. Sie hat gute Voraussetzungen dafür. Ihre Mitglieder sind auch jung, frisch, unverbraucht – und wissen ebenfalls nicht, was sie wollen. Wer so wählt, der muss sich um seine Euro wahrhaftig keine Sorgen mehr machen.

Der schleswig-holsteinische CDU-Politiker Christian von Boetticher hat hingegen einfach nur Pech gehabt. Oder er war am falschen Platz. Mal angenommen, er wäre in Berlin als Politiker angetreten. So als Herausforderer von Klaus Wowereit? Da stellt sich doch zwangsläufig die Frage: Hätte er unter den Umständen wegen der Lolita-Affäre zu einer 16-Jährigen zurücktreten müssen? Nur weil er progressiv und weltoffen ist? Oder wäre er nicht vielmehr eine echte Alternative zu Wowi und dessen Schmusebär gewesen? Als problematisch könnte allerdings angesehen werden, dass er sich mit einem Mädchen eingelassen hat. Und so hübsch wie Wowi hätte er wahrscheinlich auch nicht über die Bühne hüpfen können. Das muss man einräumen.

Egal, Christian von Bötticher war nicht in Berlin, er war in Schleswig-Holstein. Da ist man noch nicht ganz so fortschrittlich. Deshalb hat der Christian von Bötticher jetzt auch erklärt, er kandidiere nicht mehr, er hänge die Politik an den Nagel. Da sage noch einer, es gebe keine guten Nachrichten. Nach seiner öffentlich inszenierten Rückkehr in den Kieler Landtag war schließlich das Schlimmste zu befürchten gewesen.

Man kann, ja, man muss, dem Mädel dankbar sei. Christian von Bötticher hätte den Schleswig-Holsteinern als Ministerpräsident passieren können, man weiß schließlich nie, wie gewählt wird. Hier haben wir den äußerst seltenen Fall, dass ein Fehler als solcher erkannt wird, ehe er gemacht wird.

Ausgerechnet zur Abstimmung über das sogenannte Glücksspiel-Gesetz haben sie von Bötticher wieder in den Landtag gezerrt. Der Anlass war nicht gerade pietätvoll gewählt. Hat nicht Glück in der Liebe, wer Pech im Spiel hat? Oder umgekehrt? Egal, der Abgeordnete hatte doppeltes Pech: Liebe futsch, Amt futsch. Der Auftritt des Rück­kehrers war allerdings so toll wie das tränennasse Eingeständnis, es sei „schlicht Liebe gewesen“, was ihn zu der 16-Jährigen getrieben habe. In der Altherrenpartei werden das manche neidvoll vernommen haben. Nun also die Inszenierung des kurzzeitigen Wiedereinzugs in den Landtag, nachdem er sich aus dem Staub gemacht hatte.

„Sie sehen: Ich bin wieder da!“, rief Christian von Bötticher, als er zurückkehrte. Den Satz muss man sich merken. Der ist nicht ungefährlich. Denn als er jetzt erklärte, nicht wieder für den Landtag zu kandidieren, ließ er sich zugleich dennoch zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden seiner Partei wählen. Vielleicht hören wir den Satz ein zweites Mal. Vorausgesetzt, die Märkte geben uns noch so lange Zeit.


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