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01.10.11 / Fehlstart mit Freiwilligen / Bundeswehr muss ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

Fehlstart mit Freiwilligen
Bundeswehr muss ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern

In diesen Tagen treten 4500 Freiwillige ihren Dienst in der Bundeswehr an. Die Verpflichtungszeit beträgt im Schnitt 15 Monate. Angesichts von jährlich mindestens 5000 erhofften Kurzzeitdienenden bezeichnet Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière die Zahlen als gut, warnt aber, diese dürften „kein Ruhekissen für die kommenden Jahre sein. Das Problem: Es bleiben nicht alle bei der Stange. Von den knapp 3500 Freiwilligen des ersten Durchgangs, die Anfang Juli nach der Aussetzung der Wehrpflicht in die Bundeswehr eingetreten waren, haben 780 die Truppe aus unterschiedlichen Gründen schon wieder verlassen.

Die Bundeswehr muss mit den anderen Anbietern auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren, wobei sie insbesondere bei hochqualifizierten Bewerbern schlechte Karten hat. Keine leichte Aufgabe für die Nachwuchswerber, die jetzt eine neue Organisationsform bekommen sollen. Statt der bisherigen Kreiswehrersatzämter und der Nachwuchsgewinnungszentren soll es zukünftig 16 „Karriere-Center“ geben. Außerdem sind 110 „Karriereberatungsbüros“ und 200 „mobile Büros“, die aus einem Mitarbeiter mit Auto und Laptop bestehen, geplant.

Die werden dann wahrscheinlich die Broschüre „Freiwillig dienen“ verteilen. Darin präsentiert sich die Bundeswehr als „moderner und zukunftsorientierter Arbeitgeber“. Hier erfahren „engagierte Frauen und Männer“, die „als Teil eines starken Teams zum Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und über Deutschlands Grenzen hinaus“ beitragen wollen, „welche Chance sie haben, sich bei einer attraktiven Vergütung einzubringen“. Neben Informationen über Besoldung, soziale Absicherung, Tätigkeitsfelder sowie Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten enthält die Broschüre auch viele Bilder, die zeigen sollen, wie „vielseitig und abwechslungsreich“ der Dienst ist. Ganz so, als ob jeder Bundeswehrsoldat in die USA kommen würde, sieht man da fröhliche junge Leute in Uniform durch New York flanieren. Wahrscheinlicher dagegen ist ein lebensgefährlicher Einsatz in Afghanistan. Der aber findet in der Broschüre nur auf zwei verharmlosenden Fotos statt. Am Ende wird das Bild schon realistischer. Zwei Mannschaftsdienstgrade mit Migrationshintergrund strahlen in die Kamera. Tatsächlich dürften die neben den Geringqualifizierten die Bevölkerungsgruppe sein, die man mangels zivilberuflicher Aussichten am ehesten für den Dienst in den Streitkräften gewinnen kann. Kritiker befürchten daher zumindest in der Dienstgradgruppe der Mannschaften die Entstehung einer Unterschichtenarmee.

In der Truppe denkt man pragmatisch. Fehlen qualifizierte Bewerber, senkt man eben die Anforderungen, die der tägliche Dienst stellt. So haben Kompaniechefs und „Spieße“ bei einer Tagung empfohlen, „alte Verhaltensweisen nicht mehr unreflektiert fortzuführen“ und „alte Zöpfe in der Grundausbildung“ abzuschneiden. Im Klartext: Der Militärdienst soll „zivilisiert“ werden.

Wer zur Bundeswehr geht, tut in jedem Fall etwas für sein ökologisches Gewissen, denn die Dienstwagenflotte ist wegen ihres niedrigen CO2-Ausstoßes mit der „Grünen Karte für glaubwürdiges Umweltbewusstsein“ der Deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet worden. Was zählt es bei so froher Kunde schon, dass die Marine Piraten ohne ihre Tanker jagen muss, weil deren zivile Seeleute laut EU-Arbeitszeitrichtlinie höchstens 13 Stunden am Tag arbeiten dürfen. Jan Heitmann


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