© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

Schlüsselrolle
Nato-Botschafter Rogosin Mann des Kreml

Das Peronalkarussell in Mos-kau dreht sich. Zwar sind es noch knapp sechs Monate bis zur Präsidentenwahl in Russland, doch die Spekulationen, wer in welcher Position unter Putin mitmischen wird, laufen auf Hochtouren.

Finanzminister Alexej Kudrin sorgte vor wenigen Tagen für Fakten, als er seinen Rücktritt erklärte. Als Grund nannte er unüberbrück-bare Differenzen mit Medwedjew wegen der Erhöhung der Militärausgaben und weil seine Mahnung zum Sparen nicht gehört wurde. Erst nach Beratung mit Premier Putin trat Kudrin zurück. Vielleicht ist es ein Abschied auf Zeit, denn Putin, der den als liberaler Reformer und Vertreter eines harten Sparkurses geltenden Finanzexperten schätzt, wird ihn in Zukunft noch brauchen.

Einer, der abgestellt wurde für den Zeitpunkt, da Putin ihn wieder gebrauchen könnte, ist Dmitrij Rogosin, derzeit als ständiger Vertreter Russlands bei der Nato in Brüssel tätig. Am 21. September nahm er an einem „Kongress russischer Gemeinden“ teil, einer von Rogosin mitgegründeten ursprünglichen Hilfsorganisation, die nun zur Partei erhoben wurde. Der charismatische, forsch und selbstsicher auftretende Politiker ist im Volk äußerst beliebt. Als Rogosin 2005 als Spitzenkandidat der damaligen Partei Rodina (Heimat) Putin hätte gefährlich werden können, fiel er in Ungnade. Wegen „fremdenfeindlicher Parolen“ wurde die Partei von der Wahlliste entfernt und Rogosin nach Brüssel weggelobt, wo er aufgrund seines standhaften Auftretens dem We-sten einige Zugeständnisse abtrotzen konnte. Zuhause erwarb er sich damit großes Ansehen. Bei den Parlamentswahlen soll Rogosin eine Schlüsselrolle spielen, national-patriotisch gesinnte Wählerschichten an die Kremlpartei binden und verhindern, dass fremdenfeindliche Übergriffe − wie im vergangenen Dezember − auf Moskaus Straßen aufflammen.

Diese Aufgabe dürfte Rogosin leicht fallen. Mit gewinnendem Wesen, seiner Schlagfertigkeit und bisweilen derben Chauvi-Sprüchen erobert er die Menschen. Er gilt als untypischer Beamter, der zwar auf die Befehle des Kreml reagiert, aber gleichzeitig Eigeninitiative zeigt. Seinen Posten bei der Nato will Rogosin beibehalten, ihn jedoch zukünftig von Moskau aus ausüben. M. Rosenthal-Kappi