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01.10.11 / »Tötet den Weißen« / Spaltung in Südafrika nimmt weiter zu – Schuld wird bei den Weißen gesucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

»Tötet den Weißen«
Spaltung in Südafrika nimmt weiter zu – Schuld wird bei den Weißen gesucht

Es war ein schöner Traum, eine Gesellschaft ohne Rassenschranken, ohne Gewalt. Es war der Traum des neuen Südafrika, es war die Vision des Nobelpreisträgers Nelson Mandela von der Regenbogen-Nation. Heute, 17 Jahre nach Beendigung der Apartheid und dem Beginn der Präsidentschaft des Anti-Apartheid-Kämpfers, scheint der Traum zu Ende. Neue Unruhen flammen überall im Lande auf. Streiks lähmen die Wirtschaft. Betroffen ist davon am meisten die Minen-Industrie des rohstoffreichen Staates am Kap.

Im Vergleich mit dem Rest Afrikas ist die einst ökonomisch an der Spitze liegende Republik Südafrika bereits stark zurückgefallen und rangiert bei den ausländischen Direktinvestitionen nur noch an zehnter Stelle, hinter dem Kongo, Angola und dem Sudan. 2010 kamen mit 1,6 Milliarden Dollar nurmehr 70 Prozent der Vorjahresanlagen ins Land. Die ausländischen Investitionen fließen aufgrund der derzeitigen politischen Unsicherheiten eher in andere Schwellenländer wie etwa Brasilien als in die immerhin größte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents. Zudem schrumpft das Wirtschaftswachstum, zuletzt von 4,5 auf 1,3 Prozent.

Vor allem die junge Generation rebelliert gegen eine horrende Jugendarbeitslosigkeit sowie gegen die Tatsache, dass noch immer eine weiße Minderheit die Wirtschaft beherrscht und fast dreiviertel der Führungspositionen innehat.

Der Star am Himmel der Schwarzen heißt Julius Malema, der 30-jährige Führer der schwarzen Jugendliga der Partei Afrikanischer Nationalkongress (ANC). „Kill the Boer“ – „Tötet den Weißen“ –, das ehemalige Kampflied der Anti-Apartheid-Bewegung, erklingt trotz gerichtlichen Verbotes immer wieder bei seinen Kundgebungen. Bei Protestkundgebungen Tausender Jugendlicher wurden allerdings auch schon Porträts des Regierungschefs und Vorsitzenden des ANC Jacob Zuma öffentlich verbrannt, da die Unzufriedenheit mit den Herrschenden groß ist.

Seit dem Ende der Apartheid wurden bei 5500 Überfällen 3000 weiße Bauern ermordet. Die Kriminalität lässt sich nicht in den Griff bekommen. Allein von 2008 bis 2009 wurden rund 2,1 Millionen Gewaltstraftaten registriert, von 1949 bis 2006 mehr als 420000 Menschen getötet, 650000 Vergewaltigungen gezählt. Statistisch muss jede zweite Südafrikanerin damit rechnen, vergewaltigt zu werden.

Wohlhabende ziehen sich deswegen in eigene umzäunte, streng von privaten Sicherheitsdiensten bewachte Stadtviertel mit einer eigenen Infrastruktur an Geschäften und Schulen zurück. Die Mehrheit der schwarzen Bevölkerung lebt hingegen noch immer in den Barackensiedlungen der Townships und ehemaligen

Homelands, den ehemaligen Ghettos der Apartheid. Eine wachsende Drogenkriminalität bereitet zusätzlich Sorgen. Der Politikwissenschaftler Mike Schussler aus Johannesburg kommentiert resigniert: „Die Apartheid ist nicht bewältigt.“

Jugendführer Malema tritt vehement für eine Umverteilung des Landbesitzes, für eine Verstaatlichung der Banken und Minen, für gleiche Löhne von Schwarzen und Weißen, für eine bessere Bildung und damit Chancengleichheit ein, oft sind Randale die Folgen seiner Auftritte. In ihnen bezeichnet er unter frenetischem Beifall Weiße meist als Kriminelle, die das Land gestohlen haben. Der Nährboden dafür ist groß. Die Inflation ist mit über elf Prozent sehr hoch. Zudem wird das Land von Korruption beherrscht, bei der sich allerdings speziell Schwarze ein Zubrot verdienen. Vor allem unter dem Vorgänger des heutigen Präsidenten Zuma, Thabo Mbeki (1999–2008), schoss sie ins Kraut. Da der ANC aber die Pressefreiheit eingeschränkt hat, halten sich die öffentlichen Klagen dagegen in Grenzen.

Das Durchschnittseinkommen der Schwarzen sank zwischen 1994 und 2004 um 19 Prozent, das der Weißen stieg um 16 Prozent, was aber auch damit zu tun hat, dass Weiße grundsätzlich immer noch besser ausgebildet sind. Dringend benötigte – weiße wie schwarze – Fachkräfte wandern wegen der unsicheren Situation aus. Zudem gibt es mit 13 Millionen Sozialhilfeempfängern fast so viele Arbeitslose wie Beschäftigte unter den rund 50 Millionen Einwohnern. Joachim Feyerabend


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