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01.10.11 / Ein kleiner Leuchtturm auf Rügen trotzt den Zeiten / Karl Friedrich Schinkel entwarf neben Zweckbauten auch Bühnenbilder und wirkte als Maler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

Ein kleiner Leuchtturm auf Rügen trotzt den Zeiten
Karl Friedrich Schinkel entwarf neben Zweckbauten auch Bühnenbilder und wirkte als Maler

Als sich am 3. August 1816 der Vorhang zur Uraufführung von E.T.A. Hoffmanns Oper „Undine“ im Königlichen Schauspielhaus zu Berlin hob, war man nicht nur begeistert von der Musik des Königsbergers, auch die Dekorationen erregten die Aufmerksamkeit des Publikums. Geschaffen hatte sie kein Geringerer als Karl Friedrich Schinkel (1781–1841), der heute – als Schöpfer des preußischen Stils – gemeinhin nur noch als begnadeter Baumeister bekannt ist. 14 Aufführungen zwischen August 1816 und Juli 1987 erlebten die Bühnenbilder Schinkels, dann wurden sie ein Opfer der Flammen beim Brand des Schauspielhauses.

Auch vieles, was der Baumeister Schinkel schuf, hat die Zeitläufte nicht überdauert. Zwei Weltkriege, die Umwälzungen zweier Jahrhunderte und die Abrisswut der Nachgeborenen taten das ihre. Und dennoch ist Bemerkenswertes erhalten geblieben, wird heute von der Nachwelt gehegt und gepflegt.

Für viele Zeitgenossen ist das Wirken des berühmten preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel in erster Linie mit seinen Berliner Bauten wie der Neuen Wache, dem Schauspielhaus oder der Bauakademie verknüpft. Gemälde und Grafiken Schinkels zeigen jedoch das Allroundtalent des obersten Baumeisters in Preußen, der nicht nur Schlösser und Wohnhäuser, Kirchen und Grabmäler, Schul- und Industriebauten entwarf, sondern auch dem Gewerbeschaffen in Preußen seinen Stempel aufdrückte. Ein Universalgenie, das auch Zweckbauten wie Leuchttürme entwarf.

Einst warnten sie die Seeleute vor drohenden Gefahren wie Untiefen oder Riffs, heute sind sie oft stillgelegt, weil moderne Navigationssysteme sie überflüssig machen: Leuchttürme sind dennoch nicht aus unserem Bild von Küste und Seefahrt wegzudenken. Und so werden einige von ihnen in unseren Tagen auch gern zweckentfremdet genutzt, um sie zu erhalten. So hat man Leuchttürme zu Standesämtern umfunktioniert oder zu kleinsten Hotels. Auch in dem „kleinen“ Leuchtturm (19 Meter Höhe) von Kap Arkona auf Rügen kann man sich das Ja-Wort geben. Er wurde 1826/27 von der preußischen Regierung in Auftrag gegeben. Beachtenswert ist die architektonische Qualität des Bauwerks. Wer die Stufen der schmiedeeisernen Treppe hinaufsteigt, der kann bei klarer Sicht bis hinüber nach Dänemark blicken. Der ungewöhnliche rechteckige Grundriss geht auf Oberbauraut Günther zurück, die äußere Gestaltung aber wird Schinkel zugeschrieben. Und so spricht man auf Rügen immer nur vom „Schinkelturm“. Der preußische Baumeister fühlte sich der Insel und Vorpommern eng verbunden, hatte er doch auf dem Friedhof um die Klosterruine Eldena auf Grabsteinen den Namen Schinkel entdeckt – ehemalige Äbte des Klosters. Bereits 1821 hatte er ein Gemälde geschaffen, das die typische Landschaft auf der Insel zeigt. Es war als Geschenk für König Friedrich Wilhelm III. gedacht, wird von Experten aber als persönliches Bekenntnis Schinkels zur vorpommerschen Landschaft verstanden.

Direkt neben dem Schinkelturm steht der größere Bruder, ein schlanker Rundturm, 36 Meter hoch und 1902 errichtet, weil der „kleine“ nicht mehr ausreichte. Schöner ist er nicht, das finden selbst eingefleischte Leuchtturm-Fans.

Erste Leuchttürme entstanden schon zu Zeiten der Hanse, um sich vor Seeräubern zu schützen und die Schifffahrt sicherer zu machen. – Allerdings nutzten räuberische Küstenbewohner die Angewohnheit der Seeleute, sich bei Nacht nach einem Lichtschein zu richten, für ihre dunklen Absichten und löschten so manches Feuer, das die Schiffe in den sicheren Hafen geleiten sollten; statt dessen entfachten sie eigene Feuer, welche die Schiffe dann auf einen Felsen oder eine Sandbank führten, wo sie schließlich Schiffbruch erlitten und Mann und Maus ertranken. Das Treibgut und die Ladung wurden dann von den räuberischen Gesellen sicher gestellt.

Ein erstes Leuchtfeuer wurde nach Absprache mit dem dänischen König Waldemar Sejr 1220 bei Falsterbo errichtet. Sechs Jahre später folgte Travemünde, wo heute das Hotel Maritim als Leuchtturm fungiert: In seinem obersten Stock­werk wurde ein Leuchtfeuer installiert, da der Neubau den alten Leuchtturm teilweise verdeckte.

Im 13. und 14. Jahrhundert wurden immer mehr Leuchtfeuer errichtet: in der Wismarer Bucht auf der Insel Lieps 1266, auf der Insel Neuwerk 1286, in Stralsund auf der Südseite der Insel Hiddensee 1306, in Warnemünde 1349. Die nächste große Bauphase begann um 1800. So wurde 1804/05 in Cuxhaven ein Leuchtturm errichtet, der noch heute in Betrieb ist. Allen Widrigkeiten der Zeit hat auch der Leuchtturm getrotzt, der 1813 nach Entwürfen aus der Werkstatt Karl Friedrich Schinkels in Pillau entstand.

Wer einmal mit einem Schiff auf Reisen war und das Blinken eines Leuchtturmes nach langer Fahrt entdeckt hat, der wird diese Faszination nachempfinden können. Auch wenn Satelliten und Radar heute weitgehend die Navigation übernommen haben, so sind diese ältesten Seezeichen der Welt dennoch immer wieder beeindruckend. Os


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