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08.10.11 / Sorgen auf höchstem Niveau / Die Schweizer Wirtschaft: Weit mehr als nur Banken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-11 vom 08. Oktober 2011

Sorgen auf höchstem Niveau
Die Schweizer Wirtschaft: Weit mehr als nur Banken

Zürich, im Sommer 2011: Einer der Luxusläden an der noblen Bahnhofstrasse zeigt sich von der eher hässlichen Seite. Die Schaufenster sind verklebt mit Plakaten: Totalausverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Der Herrenausstatter, der hier so lange die gutbetuchte Kundschaft standesgemäß einkleidete, muss aufgeben, denn die Geschäfte laufen nicht mehr.

Dass in diesen Tagen der Frankenkurs gerade den Zenit seines Höhenflugs erreicht hat, ist wohl kein Zufall. Bei nahezu Parität zum Euro ist die Schweiz für Ausländer unerschwinglich teuer. Und nicht nur die Finanzmetropole am Limmat, das ganze Land lebt zu erheblichen Teilen vom internationalen Fremdenverkehr. Durch den teuren Franken aber bleiben die zahlungskräftigen Gäste aus.

Auch für die Exportwirtschaft nahm die galoppierende Aufwertung dramatische Dimensionen an. Eine Zeit lang konnte die Schweiz sich noch darauf verlassen, dass ihre hochwertigen Produkte sich auch zu höheren Preisen noch ganz gut verkaufen lassen. Dann aber war die Grenze der Konkurrenzfähigkeit erreicht. Selbst die hochgelobten Uhrmacher spürten auf einmal die einzig verbliebene Konkurrenz im sächsischen Glashütte, die Luxuskundschaft wanderte von Patek Philipp zu August Lange ab.

Inzwischen hat die Nationalbank reagiert und eine Eurokursuntergrenze von 1 zu 1,20 verordnet, die bislang auch mit Eingriffen am Devisenmarkt eingehalten wird. Ob das auf Dauer funktioniert, bleibt abzuwarten.

Weitere wichtige Wirtschaftszweige sind der Maschinenbau (insbesondere Präzisionsinstrumente), Nahrungsmittel, Medizintechnik sowie Chemie und Pharmaindustrie. Sie sind, ähnlich wie die deutsche Wirtschaft, stark exportabhängig, können also einen allzu starken Franken nicht vertragen.

Im öffentlichen (und veröffentlichten) Meinungsbild aber wird die Schweiz in erster Linie als ein weltweit führender Finanzplatz gesehen. In der Tat zählen UBS und Credit Suisse zu den weltweit größten Geldinstituten; fünf Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten im Finanzsektor.

Neutralität, innere und äußere Sicherheit sowie ein strikt eingehaltenes Bankgeheimnis haben im Laufe der Zeit immer mehr Kapitalanleger aus aller Welt in die Schweiz gelockt. Allein aus Deutschland wird Schwarzgeld von weit über 100 Milliarden Franken vermutet.

Vor wenigen Tagen haben Berlin und Bern ein Steuerabkommen unterzeichnet, das diese unversteuerten Gelder legalisieren und wenigstens teilweise dem deutschen Fiskus zugänglich machen soll. Ob das Abkommen den Bundesrat passiert, ist allerdings fraglich, denn SPD und Grüne wollen Steuersünder nicht so billig davonkommen lassen. Zu Nachverhandlungen sind die Schweizer jedoch nicht bereit, zumal sie unter noch stärkerem Druck seitens der USA stehen. Unabhängig von der moralischen Bewertung von Steuerhinterziehung – Washington zeigt sich hier wieder einmal als selbsternannter Weltsheriff mit unakzeptablen Rambo-Manieren. H.J.M.


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