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15.10.11 / Leichte Beute für Wucher-Zins / China: Immer mehr kleinere Unternehmen geraten unter Druck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-11 vom 15. Oktober 2011

Leichte Beute für Wucher-Zins
China: Immer mehr kleinere Unternehmen geraten unter Druck

In den chinesischen Medien häufen sich Berichte über Unternehmer, die auf der Flucht sind oder Selbstmord begehen. Hintergrund der tragischen Fälle sind fast immer Wucherkredite aus dem boomenden Finanz-Schwarzmarkt, der sich seit einigen Jahren neben dem offiziellen Bankensektor entwickelt hat. Der illegale Kreditmarkt hat inzwischen enorme Ausmaße angenommen. Die Volkswirtin Wei Yao von der Société Générale geht davon aus, dass sämtliche Aktivitäten des finanziellen Schwarzmarktes − darunter auch illegale Pfandleihen − ein Volumen von 14 bis 15 Billionen Renminbi umfassen.

Als ein Zentrum des Marktes gilt die Stadt Whenzhou, wo nach Angaben chinesischer Medien etwa 90 Prozent der Haushalte in derartige Geschäfte involviert sind. Gespeist wird der Markt von den privaten Geldern von Familienmitgliedern oder Dorfgemeinschaften, aber auch durch Kredite aus dem offiziellen Bankensektor, die umgeleitet werden. Nach Schätzungen des Chefs der staatlichen Bankenaufsicht sind von Krediten in Höhe von 9,7 Billionen Renminbi, die offiziell an mittlere und kleinere Unternehmen vergeben wurden, fast drei Billionen Renminbi im Schattenmarkt gelandet.

Angelockt werden die Geldgeber durch die im Vergleich zu normalen Bankeinlagen attraktiven Renditen, da die Kredite zu Jahreszinsen zwischen 20 bis 180 Prozent ausgereicht werden. Das Zinsni-veau macht auch deutlich, in welch verzweifelter Lage sich die Unternehmer befinden, wenn sie auf die Wucherkredite zurückgreifen.

In der Vergangenheit ließen sich fast ausschließlich Spekulanten zum Beispiel aus dem Immobiliensektor auf derartige Geschäfte ein. Inzwischen sind die illegalen Kredite auch für verzweifelte Unternehmer aus der Industrie immer öfter die letzte Möglichkeit, um Löhne oder Material zu bezahlen. Resultat der Wucherkredite ist immer häufiger, dass Unternehmer als letzten Ausweg nur noch die Flucht vor den Schulden sehen.

Die Firmen geraten nicht nur durch anziehende chinesische Löhne und steigende Rohstoffpreise unter Druck, sondern auch durch die offiziellen Banken, die zunehmend ihre Kreditvergabe zurückfahren. Die Unternehmer werden damit Opfer der Bemühungen der chinesischen Führung zur Inflationsbekämpfung. Dass diese im August mit 6,2 Prozent einen Rückgang gegenüber dem Juliwert mit 6,5 Prozent aufweisen konnte, ist unter anderem der Geldpolitik der „Peopels Bank of China“ geschuldet, welche die landesweite Kreditvergabe zum Beispiel durch Erhöhung der Mindest-reserven der Banken eindämmen will.

In ihrer Analyse des Schattenbankmarktes geht die Ökonomin Wei Yao davon aus, dass sich die Liquiditätsklemme vieler Unternehmer bis zum Jahresende verstärken wird. Anzeichen für eine Verschärfung der Lage gibt es inzwischen auch auf dem Immobiliensektor. Projekt-Entwickler werfen immer öfter Objekte als Notverkäufe auf den Markt und sorgen damit für fallende Immobilienpreise. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnten damit allerdings noch weiterreichende Verwerfungen im chinesischen Bankensektor ausgelöst werden. N. Hanert


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