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15.10.11 / Ein fröhlicher Bekenner / Trauerrede auf Professor Wolfgang Stribrny

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-11 vom 15. Oktober 2011

Ein fröhlicher Bekenner
Trauerrede auf Professor Wolfgang Stribrny

Verehrte Trauergemeinde! Ich bin Wilhelm von Gottberg, heimatvertriebener Ostpreuße, einer von sechs Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen (BdV) und Altsprecher der Landsmannschaft Ostpreußen. Meine Familie ist seit 42 Jahren dem Verstorbenen und seiner Familie eng verbunden.

Die Würdigung des Verstorbenen, hier und heute, bei dieser Trauerfeier geschieht nicht nur im eigenen Namen, sondern sie ge-schieht auch im Namen der Landsmannschaft Ostpreußen (LO). Darum hat mich der Sprecher der LO, Herr Rechtsanwalt Stephan Grigat, ausdrücklich gebeten.

Wer Professor Wolfgang Stribrny näher gekannt hat, wusste, was ihm im Leben wichtig war. Bei wem das nicht der Fall war, der konnte dies aus seiner Todesanzeige entnehmen.

Er lebte im festen Glauben an unseren auferstandenen Herrn und Heiland Jesus Christus und er bekannte sein Christsein da, wo es geboten war.

Als Wissenschaftler und Hochschullehrer widmete er sich – wo immer es ging – dem Staat Preußen, der preußischen Staatsidee und der Hohenzollernmonarchie Preußens und Deutschlands.

Zunächst zur geistlichen Dimension seines Lebens. Er war Rechtsritter des Johanniterordens wie ich auch: Er in der Brandenburgischen Genossenschaft, ich in der Preußischen Genossenschaft. Sie mögen erkennen, verehrte Trauergemeinde, dass da eine Gemeinsamkeit erkennbar wird, die deutlich über eine Freundschaft hinausgeht. Es ist das Wertegerüst der Zehn Gebote und die Frohe Botschaft des Evangeliums in reformatorischer Ausprägung. Danach lebte Professor Stribrny, das strahlte er aus und darin wurde er mir in den ersten Jahren unserer gemeinsamen Wanderschaft gewissermaßen wie ein älterer Bruder zum Vorbild.

Der Liedvers „Stern, auf den ich schaue, Fels, auf dem ich stehe. Führer, dem ich traue, Stab, an dem ich geh, Brot, von dem ich lebe, Quell, an dem ich ruh. Ziel, das ich erstrebe, alles, Herr, bist du“, passt gut zu ihm.

Ein zweiter Liedvers – er stammt von Phillip Spitta – kennzeichnet gut das Wirken Wolfgangs. Es ist unwichtig, ob es ihm bewusst oder nicht bewusst war. „Es gilt ein frei Geständnis in dieser unserer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit.“ Ein Satz, der nicht nur für die geistliche Dimension des menschlichen Lebens gilt, sondern auch im Alltag in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Der Verstorbene handelte danach und das hat ihm manche Anfeindung eingebracht.

Damit komme ich zum Lebens-werk des Verstorbenen. Preußen und die deutsche Monarchie der Neuzeit war das Hauptthema seines wissenschaftlichen Wirkens. Er, der durch die Zäsur am Ende des Zweiten Weltkrieges selbst seine Heimat verloren hatte (Frankfurt/Oder), war ein ausgewiesener Freund der deutschen Heimatvertriebenen. Für ihre berechtigten Belange hat er sich unermüdlich eingesetzt. Er hat die Überwindung der deutschen Teilung immer angestrebt und es ist mit sein Verdienst, dass der Wille zur Einheit in der Alt-Bundesrepublik nicht ganz erloschen war, als es so weit war.

Wolfgang Stribrny hat umfangreiches Schrifttum verfasst und hinterlassen. Für mich ist ein kleines Werk von eminenter Bedeutung. Er hat es gemeinsam mit Professor Joachim Menzel und Oberstudiendirektor Eberhard Völker verfasst. Der Titel: Alternativ-Empfehlungen zur Behandlung der deutsch-polnischen Ge-schichte in den Schulbüchern.

Dieses Werk – das vielfach nachgedruckt wurde – war als Alternative für eine entsprechende staatliche Richtlinie vorgelegt worden. Inhaltlich war diese Richtlinie eine Geschichtsklitte-rung und die vielen Jahrzehnte harmonischen Miteinanders von Polen und Deutschen wurden in dieser Richtlinie ausgeblendet.

Wenn heute die deutsch-polnische Verständigung weit vorangekommen ist, so hat daran Wolfgang Stribrny nicht unwesentlich Anteil. Er wusste: Nicht das Verschweigen der historischen Tatbestände, sondern das Offenlegen und die Erinnerung an die deutsche Geschichte der preußischen Ostprovinzen sind Voraussetzungen für eine tragfähige Partnerschaft mit unserem östlichen Nachbarn.

Der Verstorbene hat an zahlrei-chen geschichtlichen Seminaren der Landsmannschaft Ostpreußen als Referent mitgewirkt. Unvergessen sind seine großen Reden bei Gedenkveranstaltungen der LO. Ich nenne hier exemplarisch seine Rede am 18. Januar 2001 im Preußischen Landtag in Berlin aus Anlass „300 Jahre Königreich Preußen“ und seine Rede am 25. Februar 2007, ebenfalls in Berlin, aus Anlass „60 Jahre Verbot des Staates Preußen“ durch den Alliierten Kontrollrat.

Unvergessen auch, ja einmalig in unserem Leben, war unser gemeinsamer Auftritt am 6. Februar 1992 in Königsberg, wenige Monate nach Aufhebung des totalen Einreiseverbotes, das seit Kriegsende galt. Wir kamen als deutsche Botschafter in ein Jahrhunderte altes deutsches Land, in dem nun Russland die Souveränität innehat. In Königsberg eröffneten wir erstmalig nach dem Krieg eine deutsche Ausstellung über Flucht und Vertreibung mit dem Titel „Menschen unterwegs“. Der Professor, als wissenschaftlicher Berater und Kommentator, ich als verantwortlicher Leihgeber für den Ausstellungseigner LO. Es war an jenem Tage eine gespannte Atmosphäre in der Pregel-Stadt. Nicht ungefährlich, das kommunistische Regime in Russland war noch nicht endgültig gefallen. Gott gab Gnade zu dieser Reise, wir setzten den ersten Meilenstein zu einer deutsch-russischen Verständigung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Heute sind die Deutschen gern gesehene Gäste in Königsberg und es ist eine fruchtbare Folge unseres Auftretens am 6. Februar 1992, dass für die Russen, soweit sie in Königsberg leben, kein Bedarf mehr besteht für deutsche Selbstbezichtigung und Reuebekundungen. Am Ende unseres zweitägigen Besuchs wurde mit Handschlag ein Kooperationsvertrag zwischen der LO und dem Russischen Museum für Kunst und Geschichte in Königsberg beschlossen. Drei Monate später wurde dieser Vertrag unterzeichnet. Die Landsmannschaft Ostpreußen verdankt Wolfgang Stribrny viel.

Im persönlichen Umgang habe ich Wolfgang Stribrny als fröhlichen Menschen kennengelernt. Er zog seine Lebensstraße fröhlich. So soll es auch sein, wie uns die Geschichte vom Kämmerer aus dem Mohrenland im Neuen Testament lehrt. Und er konnte sich für eine gute Sache begeistern. Er konnte sich und damit auch Mitmenschen begeistern.

Begeistert erzählte er mir vom Besuch seines Patensohnes Fried­rich – es handelt sich um unseren dritten Sohn –, als dieser mit seiner jungen Frau Victoria die Stribrnys in Sobernheim besucht hatte. Das Patenamt hat er treulich wahrgenommen. Es begann an einem schönen Sommersonntag im Juli 1977 in der alten Stadtkirche in Wittingen, dort wo einst Phillip Spitta Superintendent war. Fried­rich erzählte mir gestern von einem Besuch bei Wolfgang und Erika Stribrny 1991 in Flensburg, als er seinen Patenonkel besuchte und das Osterfest mit ihnen verbrachte. Der Professor begeisterte ihn für die preußische Geschichte und für das schöne Osterlied „Auf, auf mein Herz mit Freuden, nimm wahr, was heut geschieht“. Dieses Lied gehört seit dieser Zeit für Friedrich zum festen Bestandteil des Osterfestes.

Die Niederkunft seiner Frau in diesen Tagen und ein voller Dienstplan in seinem Krankenhaus verhindern, dass er hier und heute seinem Onkel Wolfgang nahe sein kann.

Professor Dr. Wolfgang Stribrny hat eine segensreiche Spur zu-rückgelassen. Er bleibt mir und seinen Weggefährten unverges-sen.

Wilhelm v. Gottberg, Alt-Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen


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