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22.10.11 / Armut hinterm Pult / Deutsch von Billiglöhnern: Staat entlohnt Sprach-Dozenten gering

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Armut hinterm Pult
Deutsch von Billiglöhnern: Staat entlohnt Sprach-Dozenten gering

Es ist unumstritten, dass gute Kenntnisse der deutschen Sprache eine Voraussetzung für erfolgreiche Integration von Immigranten darstellt. Um diese Aufgabe zu bewerkstelligen, leistet ein Heer freiberuflicher Dozenten Kärrnerarbeit. Doch kaum einer weiß, wie diese Lehrkräfte entlohnt werden, von deren Arbeit wichtige Weichenstellungen für die Zukunft des Landes ausgehen.

Michael ist seit mehreren Jahren ein anerkannter Dozent für Deutsch als Fremdsprache (DaF). Er bringt sich unter anderem an einer Sprachschule mit viel Verve ein. Sein Engagement wissen die ihm anvertrauten Migranten zu schätzen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, seine Lehrtätigkeit würde mit 15 Euro pro Unterrichtsstunde angemessen honoriert. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung. Der gestandene Linguist rechnet vor, was unterm Strich übrig bleibt.

Als Freiberufler und für mehrere Schulen im Einsatz gehört er nicht in die Kategorie der Scheinselbständigen. Dennoch hat die Deutsche Rentenversicherung Bund ihn vergattert, regelmäßig Beiträge abzuführen. „Gebetsmühlenartig gemahnen mich die Medien, etwas anzusparen“, lässt sich Michaels Kollege Andreas zum Thema private Altersvorsorge aus. „Aber bitte, wie soll ich das Geld dafür aufbringen?“

Damit nicht genug der Unbill. Die Krankenkasse will auch bedient werden und da trifft es ihn nochmals hart, denn als freier Dozent muss er auch den Arbeitgeberanteil für Kranken- und Pflegeversicherung berappen. Gemeinsam ziehen beide Versicherungen festgelegte Beträge ein, unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen.

Vergleichbar den im normalen Schuldienst stehenden Lehrern müssen die in der Erwachsenenbildung tätigen Dozenten ihren Unterricht vor- und nachbereiten. Zumeist handelt es sich um staatliche Auftraggeber, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), aber auch die Bundesagentur für Arbeit (BA). Dann kommt auf die Dozenten zeitaufwendige Verwaltungsarbeit zu: Erstellung von Anwesenheitslisten, Dokumentierung des Pensums sowie die üblichen Korrekturen von Arbeiten. „Wenn ich mir dann auch noch vergegenwärtige, dass am Ende des Jahres Vater Staat erneut seinen Obulus in Form von Einkommensteuer und Soli einfordert, fährt die Putzfrau meiner Mutter besser. Schaudernd beschleicht mich dann so ein ungutes Gefühl, einem neu entstandenen Dozen-tenprekariat anzugehören“, so die Lehrkraft. Häufig droht so das Konto in eine bedrohliche Schieflage zu geraten, denn nicht immer ist die quasi als überlebensnotwendig angesehene Anzahl von acht bis zehn täglichen Unterrichtsstunden gewährleistet. Dass eine derartig hohe Stundenzahl dem Unterricht nicht eben förderlich sein kann, liegt auf der Hand.

Erschwerend kommt hinzu, dass Schulen beziehungsweise die Bildungsträger es mit der Begleichung der Honorare nicht immer gerade eilig haben. „Diese Aufgabe musst Du als Berufung ansehen, denn ohne ein gerüttelt Maß an Enthusiasmus ist dies nicht zu schaffen“, spricht sich Michaels Kollegin Ilona eher selbst Mut zu. Der Kontoauszug weist einen negativen Saldo aus. Da kann sie sich glücklich schätzen, dass ihre Bank mitspielt. Die hat ihr vor kurzem nämlich mitgeteilt, als „Freie“ dürfe sie eigentlich gar keinen Dispo in Anspruch nehmen.     M. Johnschwager


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