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22.10.11 / »Der Adler von Metz ist sicher gelandet« / Wie das preußische Wappentier nach Berlin kam – und daraus ein Buch entstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

»Der Adler von Metz ist sicher gelandet«
Wie das preußische Wappentier nach Berlin kam – und daraus ein Buch entstand

Mit seiner Enthüllung auf dem Gelände der Blücher-Kaserne in Berlin-Kladow hat ein langer Flug des preußischen Adlers vom Garnisonsfriedhof in Metz sein vorläufiges Ende gefunden.

Nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 wurde in Metz auf der Mosel-Insel Chambière ein Soldatenfriedhof eingerichtet, auf dem die Gefallenen beider Seiten beigesetzt wurden. Den Friedhof schmückte ein auf einer hohen Steinsäule seine Schwingen ausbreitender preußischer Adler. Flankiert war er von zwei Eisernen Kreuzen aus Sandstein, die mit der Jahreszahl 1870, einer Krone und einem W versehen waren. 

Die Berliner Firma H. Poehl & Co. hatte den Aar 1870 in mehreren Formteilen aus einer Zink-Kupfer-Legierung gegossen. Das war für diese Zeit und für Preußen üblich, da das entsprechende Erz in Schlesien verfügbar und billiger als Bronze war. Vergleiche mit dem Adler aus dem Schloss Stolzenfels bei Kob­lenz, einem Geschenk der Stadt Koblenz an König Friedrich Wilhelm IV., rechtfertigen die Annahme, dass er von dem berühmten preußischen Künstler Christian Daniel Rauch stammt.

Nach dem erneuten Besitzerwechsel Elsass-Lothringens war der Preußenadler auf rüde Weise von seinem Sockel gestoßen und beschädigt worden und für lange Jahre in einem Keller der Pflegestelle West des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der 18 Kilometer nordwestlich von Paris liegenden Stadt Maisons-Laffitte verschwunden. Enno Stephan, Gründer und von 1963 bis 1991 Leiter des französischsprachigen Fremdsprachenprogramms des Deutschlandfunks, besuchte im Rahmen seiner Tätigkeit öfters die Pflegestelle und zeigte deutlich sein großes Interesse an dem Adler. Seine Beharrlichkeit hatte letztendlich Erfolg und das Tier wurde ihm überlassen. So kam der Vogel 1984 von Frankreich nach Kassel, um wiederum unbeachtet in einer Garage zu landen. Zusammen mit seiner Tochter holte Stephan dann den Adler nach Varel am Jadebusen an der Nordsee. Er ließ seine Schäden beseitigen und ihn vollständig überarbeiten. Danach stellte er ihn im Garten seines Vareler Hauses auf.

Als Stephan auf das stolze Alter von 80 Jahren zuging, wollte er, wie man so sagt, sein Feld bestellen. So bot der vormalige Reserveoffiziersanwärter im Potsdamer Infanterieregiment Nr. 9 den Adler dem Förderverein Militärmuseum Brandenburg-Preußen zum Geschenk an. Dort war man begeistert von der Aussicht auf ein derart prächtiges Präsent. Allerdings kamen auch Zweifel auf, ob der Adler überhaupt preußisch sei. Andere waren skeptisch hinsichtlich der Legalität des vorausgegangenen Grenzübertritts auf dem Weg von Elsass-Lothringen in die Bundesrepublik. Zudem tauchte die Frage auf, wo der Adler aufgestellt werden soll, solange es noch gar kein Militärmuseum Brandenburg-Preußen gibt.

In dieser Situation bot sich Ulrich Bekurdts als Vermittler an. Der Stabsunteroffizier der Reserve stellte den Kontakt zum Lazarettregiment Nr. 31 mit Sitz in der Blücher-Kaserne her.  „Den Vogel will ich haben“, lautete die Reaktion des stellvertretenden Kommandeurs, als er durch Bekurdts von der Standortsuche für den Adler hörte. Der stellvertretende Kommandeur informierte seinen Vorgesetzten, Oberfeldarzt Jens Diehm, über das Gespräch und Bekurdts Stephan. Bei einer Veranstaltung des Lazarettregiments Nr. 31 bat dann Diehm Bekurdts um die Vermittlung eines Besuchs in Varel. Dieser Besuch fand dann tatsächlich statt und anschließend verabredeten Diehm und Bekurdts die „Aktion Heimflug Adler von Metz“, wie sie es nannten.

Natürlich wollte man sich insbesondere wegen des Traditionserlasses der Bundeswehr absichern. Der Stellungnahme des Militärgeschichtlichen Forschungsamts (MGFA) nach hatte dieses wohl Bedenken, den Adler in eine Bundeswehrliegenschaft einzubringen. Daraufhin forschte Diehm selbst nach und stellte fest, dass am 27. Oktober 1870 aus Anlass des Jom-Kippur-Festes (Versöhnungstag) preußische Soldaten jüdischen Glaubens vor den Toren der Festungsstadt Metz unter dem Schutz ihrer christlichen Kameraden einen Feldgottesdienst gefeiert haben. Daraufhin kamen die Leo Baeck Foundation und das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) mit ins Boot.

Inzwischen hatte das Lazarettregiment Nr. 31 einen mächtigen Findling besorgt und vor dem Kasino der Blücher-Kaserne platziert, sodass Bekurdts sowie der Steinmetz und Obergefreite der Reserve Wofram Sieber den in Varel von Bekurdts und einem Trupp des Lazarettregiments Nr. 31 abgebauten und vom Instandsetzungszug des Regiments erneut restaurierten Adler neu errichten konnten. Eine größere Tafel weist den Adler als „Symbol für die Integration von Soldaten anderen Glaubens“ aus und verweist auf den jüdischen Feldgottesdienst von 1870 und den früheren Standort des Aars in Metz. Daneben weist ein kleineres Täfelchen auf den ehemaligen Besitzer, dessen Geschenk das Tier ist.

Unter der Schirmherrschaft des damaligen Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, enthüllten 2007 in einer würdigen Feierstunde Stephan, der damalige Stellvertreter des Generalinspekteurs, Johann-Georg Dora, und Diehm den Adler. In seiner Ansprache verkündete Dora laut und deutlich: „Der Adler von Metz ist sicher gelandet.“

Da in den vergangenen zwei Jahren das Kasino der Blücher-Kaserne komplett renoviert werden musste und der Adler unmittelbar vor diesem seinen Platz hat, nahm man den Aar vorsichtshalber von seinem Findling herunter, um ihn vor neuen Beschädigungen zu schützen. Mit dem Abschluss der Renovierungen wurde nun am ersten Donnerstag dieses Monats das Kasino wieder seiner Bestimmung übergeben und damit konnte der Adler seinen neuen Platz wieder einnehmen. Die Enthüllung des Aars nahmen vor der aktuelle Regimentskommandeur Jens-Peter Evers und Ulrich Bekurdts.     U.B./PAZ


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