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22.10.11 / Spagat zwischen Museumsvitrine und Schaufenster / Der Bremer Wilhelm Wagenfeld schuf Gebrauchsgegenstände, die mittlerweile Kultstatus haben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Spagat zwischen Museumsvitrine und Schaufenster
Der Bremer Wilhelm Wagenfeld schuf Gebrauchsgegenstände, die mittlerweile Kultstatus haben

Als der Designer Wilhelm Wagenfeld vor 80 Jahren seine Zusammenarbeit mit der Firma Jenaer Glas aufnahm, konnte er nicht ahnen, dass die dort entworfenen Dinge für den täglichen Bedarf einmal Kultstatus erringen würden. So befindet sich ein Exemplar der Teekanne aus seinem berühmten Service heute im New Yorker Museum of Modern Art. Sie gilt als herausragendes Beispiel moderner Formgebung. Ihr Korpus erinnert an einen große Glasblase, Deckel, Ausguss und Griff scheinen wie organisch gewachsen.

Nur noch bis zum 30. Oktober sind im Bauhaus Dessau aus Anlass des 111. Geburtstages von Wagenfeld Werke des einstigen Bauhäuslers zu sehen. Von der Skizze bis zum fertigen Objekt kann der Besucher den Arbeitsprozess nachvollziehen. Konsequent setzte der Designer die Idee des Bauhauses in seiner Arbeit um, stets das Interesse des Benutzers im Auge. Er schaffte den Spagat zwischen Museumsvitrine und Schaufenster, zwischen Kunstwerk und Serienprodukt.

Geboren wurde Wilhelm Wagenfeld am 15. April 1900 in Bremen, wo er auch eine Lehre im Zeichenbüro der Silberwarenfabrik Koch & Bergfeld absolvierte. Von 1916 bis 1919 besuchte er die dortige Kunstgewerbeschule, ging dann aber mit einem Stipendium nach Hanau an die Zeichenakademie und ließ sich als Silberschmied ausbilden. Von 1923 bis 1925 studierte er am Staatlichen Bauhaus in Weimar unter anderem bei Lazlo Moholy-Nagy. In diese Zeit fällt auch der Entwurf für seine berühmte Bauhaus-Leuchte, die als Symbol für den frühen Minimalismus in Deutschland gewertet wird.

Während seiner Zeit in Weimar, zunächst als Assistent, dann bis 1930 als Lehrer an der Staatlichen Bauhochschule, folgen noch viele weitere Produkte, vor allem Leuchten, Geschirr und andere Gebrauchswaren – alle geprägt von einer großen Formstrenge.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Bremer die „Werkstatt Wagenfeld“, die bis 1978 Bestand hatte. Er arbeitete für so bekannte Abnehmer wie das Jenaer Glaswerk Schott & Gen., für Braun, Rosenthal, Fürstenberg, WMF und Pelikan. Und so kann man sicher sein, schon einmal einen Wagenfeld in der Hand gehabt zu haben – ohne es freilich zu wissen.

Seine Klassiker die Salz- und Pfefferstreuer „Max und Moritz“ von WMF sind noch erschwinglich, während die berühmte echte Bauhaus-Leuchte mittlerweile hohe Preise erzielt. Sie ist mit 425 Euro zu einem Luxusprodukt geworden, ganz anders als ihr Schöpfer es sich einst vorgestellt hat. Der Bremer Hersteller Tecnolumen hat als einzige Firma die Lizenz, die Lampe nachzubauen, und zwar nach Zeichnungen von Wagenfeld, der 1980, zehn Jahre vor seinem Tod, die Genehmigung dazu gab. Kopisten in aller Welt nehmen es nicht so genau wie die Bremer Firma und so überschwemmen schon längst billige Kopien aus China und Italien den Markt. Jede echte Leuchte ist fortlaufend nummeriert und mit den Tecnolumen- sowie Bauhaus-Logo versehen.         os

Die Ausstellung „Wilhelm Wagenfeld: Weiterwirken in die Zeit hinein“ ist noch bis zum 30. Oktober im Werkstattflügel des Bauhausgebäudes, Gropiusallee 38, 06846 Dessau-Roßlau, täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 4 Euro.


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