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29.10.11 / Bei Relativierung droht Knast / Leugnen und Verharmlosen von Totalitarismusverbrechen wird in der EU zunehmend bestraft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Bei Relativierung droht Knast
Leugnen und Verharmlosen von Totalitarismusverbrechen wird in der EU zunehmend bestraft

Die Leugnung von Verbrechen des Nationalsozialismus steht als Straftatbestand in den meisten Gesetzesbüchern der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Andere Völkermorde hingegen können in den meisten anderen Staaten noch ungestraft geleugnet werden. Seit einiger Zeit ist die europaweite Debatte um die Bestrafung von sogenannten Meinungsstraftaten jedoch weiter in Gang gekommen.

Ein EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2008 verfügte bereits, dass Zweifel an der offiziellen Version der Geschehnisse in Srebrenica während des Bosnien-Krieges strafbar sind. Der EU-Beschluss wurde seinerzeit unter Vorsitz der deutschen Justizministerin Brigitte Zypries gefasst und richtete sich eigentlich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Großbritannien und Dänemark hatten bis zuletzt Widerstand geleistet, sich dann aber gefügt. Auch Litauen war mit den Zypries-Vorschlägen unzufrieden. Dort wollte man die Strafbarkeit der Leugnung stalinistischer Verbrechen durchsetzen. Was europaweit zunächst nicht gelang, ist nun in einigen Ländern nationales Recht geworden.

Heute ist in Ungarn, Litauen und Polen die Verharmlosung sowjetischer Verbrechen strafbar. Auch in der Tschechischen Republik gibt es jetzt eine ähnliche Rechtsvorschrift, das „Gesetz gegen die Unterstützung und Förderung von Bewegungen, die Menschenrechte und Menschenfreiheiten unterdrücken“. In Paragraf 261a wird ausgeführt: „Wer den Nazi- oder kommunistischen Genozid“ oder andere Verbrechen der Nationalsozialisten und Kommunisten „öffentlich verneint, in Zweifel zieht, billigt oder zu rechtfertigen versucht, ist mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und drei Jahren zu bestrafen.“ Der Paragraf 269/C des ungarischen Strafgesetzbuches lautet: „Wer vom kommunistischen System begangenen Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, in Zweifel zieht oder in ihrer Bedeutung herabmindert, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belegt.“

Die Ahndung von „Wortverbrechen“ nahm in Deutschland ihren Anfang. Mit dem Paragrafen 130 des Strafgesetzbuches, dem sogenannten „Volksverhetzungsparagrafen“, war die Bundesrepublik europaweit Vorreiter auf dem Feld der Gesinnungsjustiz. Mehrfach verschärft, erhielt die Norm 1994 einen Absatz 3 angefügt, der speziell die Leugnung des Völkermordes an den Juden unter Strafe stellte. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung war am 1. April 2005 das Inkrafttreten des Absatzes 4, der nun auch die Billigung oder Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft unter Strafe stellt.

Der Tscheche Václav Havel forderte am 3. Juni 2008 in der Prager Deklaration: „Wir brauchen ein übergreifendes europäisches Verständnis der totalitären Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus, die jedes für sich wegen ihrer eigenen fürchterlichen zerstörerischen Taten, ihrer systematischen Form des Terrors, der Unterdrückung aller zivilen und menschlichen Freiheiten, dem Anzetteln von Aggressionskriegen ... verurteilt gehören“. Schließlich wandten sich die Außenminister von Litauen, Lettland, der Tschechischen Republik, Ungarns, Bulgariens und Rumäniens im Dezember 2010 an die EU-Justizkommissarin Viviane Reding, EU-weit die Leugnung kommunistischer Verbrechen unter Strafe zu stellen. Die war mit einer abschlägigen Antwort rasch bei der Hand und gab zur Begründung, es gäbe überhaupt nur zwei Mitgliedsstaaten, nämlich die Tschechische Republik und Polen, die nationale Rechtslagen aufweisen, um die Leugnung kommunistischer Straftaten rechtlich zu ahnden.

Gesinnungsstrafrecht ist problematisch. Es stellt lediglich Gedanken, Meinungen, Ansichten oder Äußerungen, nicht aber Taten unter Strafe. Nicht selten bleibt es der Rechtsprechung überlassen, zu definieren, was Leugnung oder Verharmlosung ist. Gerade die letzte Begrifflichkeit ist ein dehnbarer Begriff. Während die politische Linke hierzulande mit dem Schlachtruf: „Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen“ versucht, ihr nicht genehme Meinungen zu kriminalisieren, empfindet sie die Anwendung gleicher oder ähnlicher Bestimmungen gegen kommunistische Gesinnung als ungerecht. Hannes Hofbauer lamentiert nun in seinem Buch: „Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung“ über die sich abzeichnende Entwick­lung und schreibt von einer „Unkultur der Diskussionsverbote“. Das linke Netzwerk „Intifada“ ereifert sich: „Voraussetzung für diese Art der Gesinnungsjustiz ist laut EU-Rahmenbeschluss, dass eine ,rechtskräftige Entscheidung eines internationalen Gerichts’ vorliegt, das eine Untat als Völkermord eingestuft hat. Gerade im Fall der südslawischen Bürgerkriege ist beispielsweise mehr als zweifelhaft, ob diese Voraussetzung gegeben ist.“ Auch Katharina König von der Linksfraktion im Thüringer Landtag, hat plötzlich etwas gegen Meinungsverbote: „Innerhalb einer Demokratie gilt es, sich für das Recht auf freie Meinungsäußerung einzusetzen, und nicht, Forderungen zu erheben, welche dieses einschränken würden.“

Das Problem: Meinungsfreiheit kann es nicht nur für die eine oder andere Gesinnung oder Denkschule geben, sondern entweder ganz oder gar nicht. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der politischen Linken die von ihr selbst herbeiskandierte Einschränkung nun auf die Füße fällt. Theo Maass/J.H.


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