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29.10.11 / Falsch wie damals

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Falsch wie damals
von Vera Lengsfeld

Seit Beginn der Finanzkrise 2008 liegt die europäische Öffentlichkeit unter ideologischem Dauerbeschuss: Die Krise sei der Marktwirtschaft inhärent, sie sei durch einen ungezügelten Kapitalismus verursacht und durch die Gier des Finanzsektors verschlimmert. Das Ende der Marktwirtschaft sei gekommen, ein starker Staat müsse den Markt endlich zähmen. Fast genau dieselben Vorwürfe wurden um 1929 herum erhoben, vor allem, dass kein Ökonom die Krise habe kommen sehen, die Ökonomie also versagt habe.

Das war damals so falsch, wie es heute ist. Sehr wohl haben die Vertreter der „Wiener Schule der Ökonomie“ in den Jahren vor 1929 gewarnt. Sie haben die Weltfinanzkrise im Voraus beschrieben. Auf diese Ökonomen wurde damals ebenso wenig gehört wie auf die Ökonomen heute, die seit Jahren, ja Jahrzehnten vor den Folgen einer ungehemmten Schuldenpolitik, wie sie sich in den westeuropäischen Staaten seit Beginn der 70er Jahre entwickelt, warnen.

Zum Beispiel Prof. Charles Blankart, der in der Humboldt-Universität eine brillante öffentliche Vorlesung „Politische Ökonomie der Eurokrise. Wege in die Krise – Wege aus der Krise“ hielt. Leider haben Kanzlerin Merkel und ihr Euro-Rettungsteam, das täglich kontraproduktiver wird, nicht zugehört.

Sie hätten lernen können, dass nicht Marktversagen zur Krise geführt hat, sondern dass die Politik die Märkte gehindert hat, die Folgen politischer Fehlentscheidungen zu beheben. Im Wettbewerb der europäischen Währungssysteme zeigte sich, dass die „Stabilitätssysteme“ wie Deutschland und Holland den „Inflationssystemen“ wie Frankreich und die Südländer überlegen waren.

Wenn Deutschland nun für 255 Mrd. bürgen soll, sind das 115 Prozent der jährlichen Steuereinnahmen. Unsere Schuldenquote beträgt damit 92 Prozent des BIP. Zum Vergleich: In Griechenland liegt die Quote bei 150 Prozent.

Deutschlands Kreditwürdigkeit ist bereits beschädigt. Nicht umsonst gibt es in der EU Überlegungen, den Ratingagenturen zu verbieten, Länder zu bewerten. Indem man nicht mehr darüber sprechen darf, wird sich das Überschuldungsproblem allerdings nicht beseitigen lassen. Für Blankart gibt es nur eine Lösung: Keinen permanenten Rettungsschirm. Er ist überzeugt, dass es keine Ansteckung der Volkswirtschaften für Pleiten gibt, sondern nur eine Ansteckungsgefahr der Hilfsprogramme. Sobald Länder in Schwierigkeiten geraten, werden sie sich mehr auf die Hilfszahlungen als auf ihre eigenen Kräfte verlassen. Am Ende könnte auch der Zusammenbruch des Euro stehen oder der Austritt Deutschlands aus der Währung. Für Blankart keine Tragödie. Europa ist so viel mehr, als seine verunglückte Einheitswährung. Das Ende des Euro wird nicht das Ende Europas bedeuten, sondern ein Anfang für ein besseres Europa.


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