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29.10.11 / Seychellen statt sparen / Das EU-Parlament vergeudet jährlich 400 Millionen Euro, ohne dass die Arbeit da

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Seychellen statt sparen
Das EU-Parlament vergeudet jährlich 400 Millionen Euro, ohne dass die Arbeit davon profitiert

Lediglich um vier neue Abgeordnetensitze ist das „EU-Parlament“ seit der letzten großen EU-Erweiterungswelle im Jahr 2004 größer geworden. Dass die Mitarbeiterzahl in der gleichen Zeit um mehr als 2000 zugelegt hat, ist nicht der einzige Beleg dafür, dass die Kosten des EU-Parlaments aus dem Ruder laufen

Folgt man der Untersuchung „Ending Excess – Cutting the Cost of European Parliament“ der Brüsseler Stiftung „New Direction“, dann lassen sich die Ausgaben des EU-Parlaments pro Jahr um mehr als 400 Millionen Euro zurückfahren. Entsprechen würde dies ungefähr einem Viertel der derzeitigen jährlichen Aufwendungen. Möglich wären die Einsparungen sogar, ohne dass es in den Kernfunktionen zu Beeinträchtigungen der Arbeit kommen würde, so „New Direction“-Chef Geoffrey Van Orden. Als eine treibende Kraft bei der Kostenexplosion hat Van Orden die ausufernde Bürokratie ausgemacht. Während seit dem Jahr 2004 die Abgeordnetenzahl von 732 auf 736 gestiegen ist, legte die Zahl der Parlamentsmitarbeiter von 3946 auf 6245 zu. Zudem kann man die Mitarbeiter kaum als Geringverdiener bezeichne: Während schon die Abgeordnetendiäten üppig bemessen sind, beziehen etwa 1000 Parlamentsmitarbeiter sogar noch höhere Einkünfte als die Parlamentarier selbst, die für ihre Tätigkeit jährlich 93.685 Euro erhalten.

Außer den Personalkosten fallen inzwischen aber auch immer stärker Verwaltungskosten ins Gewicht. Jährlich werden Übersetzungen für 100 Millionen Euro angefertigt. Sollten nur drei weitere Sprachen dazu kommen, würden laut „New Direction“ die Kosten schon auf 128 Millionen Euro ansteigen. Die Beschränkung der Übersetzungen auf fünf oder sechs Sprachen würde hingegen 40 Millionen Euro sparen, ohne dass die Abgeordnetenarbeit gravierend beeinträchtigt würde.

Überhaupt keine Einschränkungen würden sich ergeben, wenn kostspielige Prestigeprojekte fallen gelassen werden, die eigentlich nur als Werbemaßnahmen für die EU dienen, aber nahezu nichts mit der eigentlichen Parlamentsarbeit zu tun haben. Die Kosten für das Projekt „Museum der europäischen Geschichte“ laufen, wie bei solchen Großvorhaben üblich, aus dem Ruder. Kalkuliert wird mittlerweile mit 150 Millionen Euro, die komplett eingespart werden könnten. Ebenso fraglich ist, warum das EU-Parlament in den Mitgliedstaaten 34 Informationsbüros unterhalten muss. Während die Existenz der Büros in der breiten Bevölkerung nahezu unbekannt ist, fallen jährlich Ausgaben in Höhe von 44 Millionen Euro an. Noch wesentlich mehr ließe sich einsparen, wenn die Sitzungen der Abgeordneten zukünftig nur noch in Brüssel abgehalten würden. Die derzeitige Verteilung der Parlamentsarbeit auf drei Standorte scheint hingegen eher eine Garantie für Zusatzkosten zu sein: Während in Straßburg jährlich zwölf jeweils viertägige Plenarsitzungen stattfinden, tagen die Ausschüsse und die Fraktionen in Brüssel. Zusätzlich werden in Belgiens Hauptstadt bis zu sechs zweitägige Plenarsitzungen abgehalten. Das Generalsekretariat des EU-Parlaments ist wiederum in Luxemburg angesiedelt. Die selbst von Parlamentariern regelmäßig zur Kosteneinsparung vorgeschlagene Aufgabe des Standortes Straßburg scheint indessen intern kein Thema mehr zu sein. Eher werden vollendete Tatsachen zum Beispiel mit dem im September 2001 beschlossenen Ankauf eines weiteren Gebäudes in Straßburg für 6,7 Millionen Euro geschaffen. In die Renovierung des Gebäudes werden nochmals 9,2 Millionen Euro investiert. Weitere 30 Millionen Euro werden in die Neueinrichtung von Abgeordnetenbüros gesteckt.

Insgesamt hat das EU-Parlament im Laufe der Zeit 63 Bürogebäuden angemietet oder gekauft. Allein die Konzentration auf den Standort Brüssel würde nach Berechnungen von „New Direction“ ein Einsparpotenzial von 200 Millionen Euro mit sich bringen. Dass es statt Einsparungen eher zu der geforderten Erhöhung des Parlaments-Budgets in Höhe von 1,9 Prozent für 2012 kommen wird, kann als sicher gelten. Anzunehmen ist, dass die beschlossenen Investitionen in Straßburg zukünftig sogar als Begründung dafür herhalten müssen, dass ein Umzug nach Brüssel gegenüber den Steuerzahlern nicht verantwortet werden kann.

Nicht verwunderlich ist, dass in einem solchen Klima der Verschwendung auch einzelne Abgeordnete immer wieder mit kostspieligen Eskapaden auffallen. Erst im September wurde zum Beispiel eine Reise von sieben Mitgliedern des EU-Parlaments zu den Seychellen bekannt. Die fünftägige Reise zum Studium von „Fragen der Fischereipolitik“ verursachte Kosten von zirka 115000 Euro. Entstanden ist der Betrag nicht nur, weil die EU-Parlamentarier natürlich standesgemäß per „Business-Class“ reisten, sondern auch, weil zusätzlich weitere fünf Mitarbeiter und sogar zehn Dolmetscher die Abgeordneten auf ihrer „Dienstreise“ begleiteten. Hermann Müller


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