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29.10.11 / »Schatzkiste« Afghanistan / Das Land verfügt über große Vorkommen an Bodenschätzen – Westen hat bei Ausbeutung das Nachsehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

»Schatzkiste« Afghanistan
Das Land verfügt über große Vorkommen an Bodenschätzen – Westen hat bei Ausbeutung das Nachsehen

-Als Sensation präsentierten US-Geologen im vergangenen Jahr Erkundungsergebnisse über afghanische Bodenschätze. Der Wert der Lagerstätten wird auf eine Billion Dollar geschätzt. Reelle Chancen, im politisch instabilen Afghanistan wirtschaftlich Fuß zu fassen, werden allerdings nur zwei Ländern eingeräumt: China und Pakistan.

Von einem „zweiten Saudi-Arabien“ war die Rede, als Pentagon-Vertreter im Juni 2010 der Öffentlichkeit geologische Befunde über den Rohstoff-Reichtum Afghanistans präsentierten. Gegolten haben dürfte der entfachte Medienrummel vor allem der „Heimatfront“, die am Sinn des Afghanistan-Abenteuers immer stärker zweifelt. In Fachkreisen waren die vermeintlich neuen US-Erkenntnisse nämlich allesamt bereits bekannt. Erste Erkundungen hatten bereits in den 50er Jahren begonnen und in den 70er und 80er Jahren haben sowjetische Geologen Afghanistan systematisch nach Bodenschätzen abgesucht. Kartografiert wurden dabei 1700 Fundstellen verschiedener Erze. Resultat der damaligen Untersuchungen war der Abbau eines Kupfererz-Vorkommens, in den die Sowjets geschätzte 650 Millionen Dollar investierten.

Nach dem Abzug der sowjetischen Besatzer im Jahr 1989 nahmen afghanische Geologen zunächst die Erkundungsergebnisse in Obhut, bis das Material von US-Stellen neu aufbereitet und 2010 als Sensation präsentiert wurde. Afghanistan erwirtschaftet mit fast 30 Millionen Einwohnern lediglich ein Bruttoinlandsprodukt, das auf 12 Milliarden Dollar geschätzt wird. Das Land könnte allerdings mit seinen reichen Vorkommen an Bodenschätzen ein globales Bergbauzentrum sein. Bedeutung könnten vor allem die entdeckten reichen Lithium-Vorkommen erlangen. Dem Leichtmetall wird eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Hochleistungsakkus, unter anderem für Elektro-Autos, zugeschrieben. Im Boden Afghanistans gibt es außer Steinkohle, Öl und Erdgas auch Kupfer, Blei, Zink, Gold und Silber sowie eine enorme Eisen-erzlagerstätte nahe Kabul. Sie gilt als die größte in Asien und nimmt, gemessen an der Qualität, sogar die Spitzenstellung in der Welt ein.

So groß das afghanische Potenzial in der Zukunft durch die reichen Bodenschätze auch ist, so groß sind die Probleme in der Gegenwart. Bis auf oberirdisches Goldschürfen existiert kaum eine Bergbautradition. Eine Verkehrs­infrastruktur ist nur rudimentär vorhanden. Selbst die einzige vorhande Eisenbahnstrecke – im Jahr 1923 von Deutschen errichtet – ist zerstört. Noch problematischer ist die Sicherheitslage: Wichtige Lagerstätten befinden sich in den unsicheren südlichen und südöstlichen Provinzen entlang der Grenze zu Pakistan. Dass sich westliche Firmen, zumal nach einem Abzug der US-Truppen, auf das Abenteuer einer Erschließung von Rohstoffvorkommen einlassen, ist kaum anzunehmen. Allein die Vorbereitungszeiten bis zur Abbauaufnahme werden bei Lithiumlagerstätten auf fünf Jahre geschätzt. Ein Übriges tut die weit verbreitete Korruption. Nicht nur Kabuls Präsidentenpalast, sondern auch das Bergbauministerium gelten als Hort der Bestechlichkeit. Für die Vergabe von 30-jährigen Abbaurechten an der größten Kupfermine der Welt in der Nähe von Kabul an den Staatskonzern „China Metallurgical Construction Corporation“ (MCC) sollen fast 30 Millionen Dollar an Schmiergeldern geflossen sein.

Für westliche Firmen wenig ermutigend sind auch Äußerungen von Offiziellen des Bergbau-ministeriums. Wegen Standortvorteilen sollen eher chinesische oder indische Interessenten als westliche Käufer bevorzugt werden. Die Erwähnung von Indien sollte man allerdings eher als einen geschickten Schachzug im Preispoker mit den Chinesen statt als ein ernsthaftes Angebot betrachten. Im Hinblick auf die heikle Sicherheitslage dürften die Chinesen in Afghanistan die weitaus besseren Karten als westliche oder indische Firmen haben. Wenn es äußere Kräfte gibt, die überhaupt Einfluss auf Taliban-Gruppen haben, dann sind es Pakistan und der Iran, beides Verbündete Chinas. Bereits 2007 wurden Nato-Truppen darauf aufmerksam, dass bei den Taliban verstärkt Waffen chinesischer Herkunft auftauchen. Die Boden-Luft-Raketen und Panzerfäuste sind wahrscheinlich über den Umweg Teheran nach Afghanistan gelangt.

Geeint durch den gemeinsamen Feind Indien, sind die Beziehungen zwischen Peking und Islamabad inzwischen wahrscheinlich noch enger als die nach Teheran. China liefert Pakistan nicht nur zwei neue Kernreaktoren und modernisiert die pakistanische Marine, sondern errichtet in Gwadar auch einen komplett neuen Hafen für Pakistan. Bestätigt wurde inzwischen von pakistanischen Stellen, dass eine Einladung zur Stationierung von 11000 chinesischen Soldaten im Gilgit-Baltistan-Gebiet existiert. Die chinesischen Truppen würden damit unmittelbar im zwischen Pakistan und Indien umstrittenen Kashmir-Gebiet in Stellung gebracht. Kaum verwunderlich ist dann noch, dass bereits im Jahre 2010 eine ranghohe chinesische Militärdelegation das pakistanisch-afghanische Grenz­gebiet inspiziert hat und Pakistans Premier Yousuf Raza Gilani eine stärkere Rolle Chinas in Afghanistan anmahnt. Norman Hanert


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