25.04.2024

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29.10.11 / Es ist zum Schaudern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Es ist zum Schaudern
von Hans Heckel

Die Szenen geraten zunehmend bizarrer: Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy fährt den britischen Premier David Cameron an, er solle die „Klappe halten“. Italiens Silvio Berlusconi fragt den Franzosen provozierend, ob er das italienische EZB-Ratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi „umbringen“ solle, weil der seinen Platz nicht absprachegemäß einem Franzosen überlassen will. Und gleichzeitig zetert der römische Skandalpolitiker gegen Merkel und Sarkozy, sie hätten Italien „keine Lektionen zu erteilen“.

Man könnte diese Kette von Entgleisungen leichterhand auf die Nervosität der Akteure schieben. Überarbeitet von endlosen Gipfeln und überrollt von der Lawine an neuen Schreckensmeldungen brennt schon mal die eine oder andere Sicherung durch. Auch Spitzenpolitiker sind Menschen, deren Nerven nicht jeder beliebigen Belastung problemlos standhalten.

Doch so harmlos ist die Sache schon deshalb nicht, weil sich das Gift der europäischen Entzweiung längst in die Völker hineingefressen hat. Die nationalen Debatten, die man etwa auf den Internet-Diskussionsforen der Zeitungen verfolgen kann, machen das sichtbar.

Ging es dort vor Monaten noch fast ausschließlich um das Versagen von Politikern und/oder Banken, so verbreiten sich dort jetzt zunehmend jene Stimmen, die ihre Wut gegen ganze Völker richten. Es treten Ressentiments hervor, die in ihrer Schärfe erschrecken. Aggressiv antifranzösische Töne in deutschen Foren nehmen da ebenso zu wie etwa hetzerisch antideutsche Ausfälle in spanischen Debatten. Dabei musste man Antideutsches bei Letzteren vor Kurzem noch mit der Lupe suchen. Bellte doch mal jemand gegen „Alemania“, wurde er von den übrigen Diskutanten fast unisono barsch zur Ordnung gerufen. Das war einmal.

Wer nicht vergessen hat, dass sich die Völker Europas jahrtausendelang mit Hass und Krieg überzogen haben, wer noch weiß, wie lang und steinig der Weg zu einem gelasseneren Miteinander war, der kann diesen Befund nur als niederschmetternd, ja, als Tragödie erleben.

Damit löst sich auch das letzte und zugleich fundamentalste Versprechen in Rauch auf, das mit der Einführung des Euro gegeben wurde: Die Gemeinschaftswährung sichere Frieden und Freundschaft in Europa. Das Gegenteil ist traurige Realität.

Ein Entrinnen ist nicht in Sicht, wie das Beispiel Deutschlands zeigt: Hilft Berlin bis zur völligen Selbsterschöpfung, werden ihm imperiale Absichten unterstellt, die es verlogen mit dem Mantel der Solidarität tarne. Verweigern sich die Deutschen hingegen den immer absurderen „Rettungsschirmen“, ist ihnen der Ruf des kalten Egoisten gewiss. Fürwahr, der Euro hat Europa verändert. Es ist zum Schaudern.


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