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29.10.11 / Eine Alternative ist möglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Gastkommentar
Eine Alternative ist möglich
von Barbara Rosenkranz

In den aktuellen Umfragewerten liegt die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) derzeit Kopf an Kopf mit der (noch) stärksten Partei, der SPÖ. Die Partei von Bundeskanzler Werner Faymann liegt bei 29 Prozent, die Freiheitlichen liegen nur zwei Prozent dahinter. Je nach Meinungsforschungsinstitut und Befragungs-zeitraum soll sich das Bild bereits gedreht haben. Klar scheint in jedem Fall, dass die Österreichische Volkspartei (ÖVP) deutlich abgeschlagen auf dem dritten Rang liegt. Während sich die österreichischen Grünen zwar über einen deutlich Zuwachs freuen können, sind sie mit nur 13 Prozent von bundesdeutschen Fabelwerten weit entfernt. Die Freiheitliche Partei befindet sich als einzige politische Kraft in Österreich auf einem Höhenflug und kann beruhigt in Richtung Nationalratswahl 2013 blicken.

Die Gründe für den Aufstieg der FPÖ nach dem bitteren Niedergang in der schwarz-blauen Regierung, der im Jahr 2005 in einer Parteiabspaltung mündete, sind freilich mannigfaltiger Art. Ein gewichtiger Grund für den Zuspruch in der österreichischen Bevölkerung liegt in der klaren Haltung der FPÖ in der Frage der Euro-Rettung. In Zeiten, in denen nicht nur die österreichische rot-schwarze Bundesregierung Milliardenzahlungen in die so genannte Euro-Rettung versenkt, bleibt einzig die Freiheitliche Partei, die auf Seiten der zu Recht empörten Bürger steht. Es ist nur verständlich, dass sich dies auch in positiven Umfragewerten niederschlägt. Falsch wäre es aber, der FPÖ vorzuwerfen, sie richte ihr Fähnlein nach dem Wind. Es ist vielmehr so, dass die Wähler die FPÖ als verlässliche Kraft sehen, die sich einen kritischen Blick bewahrt hat.

Tatsächlich waren die Freiheitlichen bis in das Jahr 1992 die einzige Partei Österreichs, die eine europäische Einigung anstrebte. Die FPÖ sah (und sieht) sich allerdings während dieser Zeit eher als idealistischer Fürsprecher des de Gaulles’­schen „Europas der Vaterländer“ denn als ein Anhänger einer bürokratisch-institutionellen Union mit grenzenlosen Erweiterungswünschen. Mit der Begründung, die Europäische Union habe nichts mehr mit der ursprünglichen Wirtschaftsgemeinschaft gemein, welche von den Freiheitlichen noch befürwortet wurde, knüpften die Freiheitlichen den Beitritt zur EU zunächst noch an Bedingungen, kurze Zeit später lehnten sie ihn vollends ab. Die FPÖ sieht seitdem in der EU die Souveränitätsrechte der Mitgliedsstaaten zu sehr beschnitten und kritisiert das Demokratiedefizit der Gemeinschaft. Diese Richtungsänderung der FPÖ lässt sich allerdings weder mit einer Fundamentalopposition erklären, noch hat sich die FPÖ zu einer „Anti-Europa-Partei“ entwickelt. Vielmehr sieht sich die FPÖ als Anwalt derjenigen Bürger, die sich von einem bürokratischen Monstrum in Brüssel drangsaliert und von der österreichischen politischen Klasse im Stich gelassen fühlen.

Als im Mai 2005 der österreichische Nationalrat über den „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ abstimmte, war ich die einzige unter den Abgeordneten, die gegen die faktische EU-Verfassung stimmte. Meine damaligen Bedenken haben sich leider vollauf bestätigt.

Die vormaligen Großparteien können, trotz aller Bürgerproteste, freilich nicht aus ihrer Haut. Im Jahr 2008, kurz nach dem irischen Nein zum EU-Vertrag, kündigte der heutige Bundeskanzler Faymann gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in der populären „Kronen Zeitung“ eine Volksabstimmung in Österreich an, sollte es zu einer Änderung des Lissabon-Vertrages kommen. Auch wenn bereits die Ausweitung des sogenannten Rettungsschirms EFSF und erst recht die geplante Installierung des dauerhaften Rettungsmechanismus ESM eindeutig eine Änderung des Lissabon-Vertrages darstellten (Verletzung der No-bail-out-Klausel), will sich Faymann daran heute nicht mehr erinnern.

Die ÖVP hingegen, die sich als die wahre Europa-Partei sieht, betrachtet die Bekenntnisse zu jedem noch so großen nationalen Souveränitätsabtritt an Brüssel als quasi sinnstiftend. Die größten EU-Fanatiker unter den Christlich-sozialen träumen nun gar davon, Österreich als eigenständigen Staat komplett abzuschaffen. Die Nationalstaaten als Träger der europäischen Demokratien sind den ÖVP-Granden ein Dorn im Auge. Sie fügen sich damit hervorragend ins Bild ein, das die EU-Spitzen derzeit abgeben.

Auch der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, präsentiert sich im Österreichischen Fernsehen wenig demokratiefreundlich. In der ORF-Sendung „ZIB 2“ vom 10. Ok­tober antwortete er auf die Frage, was der größte Fehler der letzten drei Jahre in der Eurozone gewesen sei: „Wir waren nicht schnell genug. [...] Die Finanzmärkte sind schnell und wir sind langsamer. Demokratien bewegen sich langsam, weil sie auf Legitimität bedacht sein müssen. Finanzmärkte haben diese Sorge nicht und können deshalb schneller laufen. Wir müssen schneller laufen lernen.“ Die lästige Demokratie in Europa sieht Juncker offensichtlich als Klotz am Bein, da sie schnellen Entscheidungen selbsternannter Experten entgegensteht. Seine Aussage zeigt, dass die politische Klasse mittlerweile mit demokratiefeindlichen Aussagen nicht mehr hinter dem Berg hält. Vielmehr wird die Gunst der Stunde genutzt.

Die Euro-Krise soll ganz nebenbei dazu dienen, Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten massiv zurückzudrängen. Der Rettungsfonds ESFS will bereits jetzt immer mehr Befugnisse erhalten, während der geplante Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der den ESFS ablösen soll, das vornehmste Recht aller nationalen Parlamente, die Budget-hoheit, endgültig aushebeln wird. Er soll mittels eines Vertrages der Euro-Staaten als rechtlich selbstständiges Völkerrechtssubjekt installiert werden. Der ESM wäre dann eine rechtlich vollkommen selbstständige und unabhängige Einrichtung, deren leitender „Gouverneur“ (samt Mitarbeiterstab) in einem rechtsfreien Raum agieren kann und völlige Immunität genießen wird. Die einzelnen nationalen Parlamente sind dann zu bloßen Erfüllungsgehilfen degradiert.

Genau das ist es, was die Brüssler Zentralisten seit jeher anstreben: die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa, die nicht von gewählten Regierungen geleitet werden, sondern durch einen „Expertenrat“, der nicht durch einen lästigen Legitimationsdruck gehemmt ist. Richard Sulík, als slowakischer Parlamentspräsident wegen seiner Ablehnung des „Rettungsschirms“ von der politischen Klasse mit Amtsentzug abgestraft, brachte es auf den Punkt: „Verglichen mit dem, was im Begriff ist zu entstehen, war der von der Sowjetunion diktierte sozialistische Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe nur ein Kaffeekränzchen.“

Den freiheitsliebenden Parteien in Europa kommt in dieser Stunde die Aufgabe zu, diese Entwicklung als Irrweg zu entlarven. Meine feste Überzeugung ist: Demokratie und ein „Europa der Vaterländer“ sind die Alternativen, die – konsequent verfolgt – von den Bürgern gewünscht und unterstützt werden.

 

Barbara Rosenkranz ist FPÖ-Politikerin und Landesrätin von Niederösterreich. Sie kandidierte im vergangenen Jahr für das Präsidentenamt in Österreich.


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