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29.10.11 / Ein »Traum« wird 100 / Chevrolet – Symbol der US-amerikanischen Hegemonie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Ein »Traum« wird 100
Chevrolet – Symbol der US-amerikanischen Hegemonie

Deutschland nach der Währungsreform. Damals hatten die automobilen Träume einen Namen: Chevrolet, kurz Chevy, das Synonym für große, weite Welt, für Freiheit und Luxus – „american way of life“ auf vier Rädern. Heute kommt niemand mehr ins Träumen und Schwärmen, wenn er einen Chevrolet vor sich sieht. Unter dem altehrwürdigen Markennamen verkauft GM in Deutschland Allerweltsgefährte aus fernöstlicher Produktion. Sie erinnern nicht unbedingt an Straßenkreuzer, einige Modelle eher an motorisierte Gehhilfen. Auch dies ein Symbol: für den Niedergang der amerikanischen Hegemonie.

Dennoch hat Chevrolet in diesen Tagen Grund zum Feiern, der 100. Geburtstag steht an. Am 3. November 1911 nahm die Firma den Konkurrenzkampf gegen Fords legendäre „Tin Lizzy“ auf.

Der Gründer, Louis Chevrolet, war an Weih­nachten 1878 in La-Chaux-de-Fonds im schweizerischen Kanton Neuenburg zur Welt gekommen. Der Vater war Uhrmacher, von ihm hatte der Junge wohl die Begeisterung für alles Technische übernommen. Als er elf Jahre alt war, siedelte die Familie um ins südwestfranzösische Beaune. Bald schon begann Louis in einer Fahrradwerkstatt zu arbeiten; in der Freizeit versuchte er sich als Radrennfahrer. Zunächst mit mäßigem Erfolg, also tüftelte er alle möglichen technischen Tricks aus, um seine Velos schneller zu machen.

Sein Schlüsselerlebnis hatte Louis als 18-Jähriger. Ein reicher Amerikaner, der die berühmte Weinbauregion bereiste, suchte seine Werkstatt auf, um eine Panne reparieren zu lassen. Die Arbeit des jungen Schweizers begeisterte ihn dermaßen, dass er ihn einlud, nach Amerika zu kommen und dort sein Glück zu versuchen. Als sich dann herausstellte, wer der Amerikaner war, gab es für Chevrolet kein Halten mehr – ab nach Amerika.

Der Werkstattkunde nämlich war William K. Vanderbilt, Sprössling der schwerreichen US-Eisenbahn-Dynastie, der seinen Erbanteil von 55 Millionen Dollar in Frankreich als Jockey und Rennpferdehalter verlebte. Gern folgte Chevrolet dem Rat des 30 Jahre älteren Amerikaners.

1901 begann er in New York bei De Dion-Bouton zu arbeiten, einem von zwei Franzosen aufgebauten Autohersteller. Bald beteiligte der Ex-Radrennfahrer sich an Autorennen, fuhr 1905 den ersten Sieg herein. Zufrieden war er damit noch nicht. Er wollte im eigenen Fahrzeug siegen.

Ende 1911 war es soweit: Gemeinsam mit William Durant, dem Gründer der „General Company of New Jersey“, gründete er am 3. November die „Chevrolet Motor Car Company“. Die freundschaftliche Partnerschaft währte nicht lange. 1915 hatten der Schweizer und der Amerikaner sich so zerstritten, dass Chevrolet seine Firmenanteile an Durant verkaufte, der ein Jahr später seine beiden Firmen zu „General Motors“ (GM) verschmolz.

Chevrolet blieb – neben Cadillac, Buick und Pontiac – jahrzehntelang eine der Kernmarken des Konzerns und stand immer wieder an der Spitze der weltweiten Verkaufsstatistiken. Insgesamt wurden bislang über 85 Millionen Chevrolet-Autos produziert.

Louis Chevrolet selber war weniger erfolgreich. Hin und wieder gewann er ein Autorennen, beendete die Karriere aber 1920 nach dem tödlichen Rennunfall seines Bruders Gaston. Versuche, eine Flugmotorenproduktion aufzunehmen, scheiterten. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Armut. Zuletzt bot GM ihm aus sozialen Gründen eine Stellung an, die er aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr annehmen konnte. 1941 starb Chevrolet in Florida; beigesetzt wurde er in der Nähe der Rennstrecke von Indianapolis.

Der Heimatliebe des Gründers verdankt Chevrolet auch heute, nach 100 Jahren, noch sein Markenemblem: ein stark verfremdetes silbernes Schweizerkreuz. Hans-Jürgen Mahlitz


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