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29.10.11 / Schweden machte den Anfang / König Karl X. Gustav erkannte als erster die Souveränität des Herzogtums Preußen an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Schweden machte den Anfang
König Karl X. Gustav erkannte als erster die Souveränität des Herzogtums Preußen an

Vor 355 Jahren tobte in Ostmitteleuropa der Nordische Krieg zwischen Schweden und Polen. Am 20. November 1656 entließ der schwedische König Karl X. Gustav mit dem Vertrag von Labiau das Herzogtum Preußen in die Souveränität.

Am 16. Juni 1654 bestieg der damals erst 31-jährige Pfalzgraf Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken den schwedischen Thron. Er übernahm die Krone von seiner Cousine und vormaligen Braut Christina. Diese hatte wegen ihrer Konversion zum Katholizismus auf die Krone verzichten müssen. Karl X. Gustav, wie sich der Deutsche als schwedischer König nannte, sah sich Thronansprüchen durch den polnischen König Johann II. Kasimir aus der katholischen Linie der Wasa gegenüber. Diese nahm der tatendurstige Karl Gustav zum Anlass, im Juli 1655 in Polen einzumarschieren. Eine Armee unter Feldmarschall Arvid Wittenberg fiel mit 14000 Mann vom schwedischen Vorpommern aus in Polen ein. Eine zweite Armee drang von Livland aus ins damals zu Polen gehörende Litauen vor. Und Karl Gustav landete mit 15000 Mann auf Usedom und griff vom Westen her in die Kämpfe ein. Der Feld- wurde – zumindest am Anfang – ein einziger Siegeszug. Am 8. September fiel Warschau, am 16. Ok­tober Krakau. Johann Kasimir blieb nur die Flucht ins österreichische Exil.

Bereits am 22. Juni 1655 hatte Karl Gustav den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg aufgefordert, seinen Leuten freien Marsch durch Hinterpommern sowie die Besetzung der Hafenstädte Pillau und Memel zu gewähren. Die Preußenherzöge waren seit Albrecht Lehensmänner Polens. Insofern war Friedrich Wilhelm an einer Schwächung Polens interessiert, um die polnische Lehenshoheit abschütteln zu können. Andererseits wollte er nicht zwischen den mächtigen Nachbarn zerrieben werden. Das Ergebnis ist das sogenannte brandenburgische Wechselfieber.

Anfänglich bemühte sich der Brandenburger um eine bewaffnete Neutralität. Die dafür nötigen Verbündeten fand er jedoch weder im sogenannten königlichen Preußen, dem heutigen Westpreußen, noch im Kaiser. Ohne starke Verbündete war Fried­rich Wilhelms Neutralitätspolitik indes ebenso zur Erfolglosigkeit verdammt wie eineinhalb Jahrhunderte später die Friedrich Wilhelms III. So wie später Napoleon missachtete nun Karl Gustav die Neutralität des Hohenzollern. Bei ihrem Feldzug zogen die Schweden durch das brandenburgische Hinterpommern und im Dezember 1655 kam es zu verlustreichen Zusammenstößen zwischen Schweden und Brandenburgern.

Der Große Kurfürst verzichtete auf eine Kraftprobe mit dem sogenannten nordischen Alexander. Vielmehr willigte er in den Vertrag von Königsberg vom 17. Januar 1656 ein. In diesem erkannte er statt Polen nun Schweden als Lehensherren an. Ferner überließ er Schweden die Hälfte der preußischen Zölle und die Nutzung von Pillau und Memel. Er verpflichtete sich auf die Beteiligung an antischwedischen Allianzen zu verzichten und stellte den Schweden 1500 Soldaten und seine vier Kriegsschiffe zur Verfügung.

Karl Gustavs Stern hatte jedoch seinen Zenit überschritten. Das Kriegsglück wendete sich. Die Fremdherrschaft der protestantischen Schweden führte in Polen zu einem erfolgreichen katholisch-nationalistischen Aufstand. Zudem gelang es Österreich, dass Polen und Russland im April 1656 einen Waffenstillstand abschlossen und nun gemeinsam gegen Schweden kämpften. Karl Gustav musste sich aus Warschau zurück­ziehen und war mehr denn je auf die Unterstützung des Hohenzollern angewiesen.

Mit 1500 Mann und vier Schiffen war es nun nicht mehr getan. Mit dem Vertrag von Marienburg schlossen Karl Gustav und Fried­rich Wilhelm am 25. Juli 1656 ein Offensivbündnis. Im Falle eines Sieges sollte Brandenburg-Preußen die fünf polnischen Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieradz, Lencziz und Wielun erhalten.

Kaum verbündet, marschierten die beiden auf Warschau. Drei Tage, vom 28. bis 30. Juli 1656, dauerte die Schlacht vor Warschau. 70000 bis 80000 Polen, Litauer und Tataren standen dabei 9000 Schweden und noch weniger Mannen Friedrich Wilhelms gegenüber. Und trotzdem trug die protestantische Allianz den Sieg davon, was weniger das Verdienst der Schweden als der Brandenburger war.

Das erhöhte Friedrich Wilhelms Bündniswert ebenso wie der Umstand, dass sich die Lage trotz des Sieges bei Warschau weiter verschlechterte. Durch das Zögern der Schweden gelang es den Polen, sich hinter die Weichsel zurückzuziehen und die Weichselbrücken hinter sich zu verbrennen. Die Russen, die seit Mai des Jahres eine Offensive in Livland durchführten, besetzten Riga. Die Polen besetzten Danzig und unterbrachen die schwedischen Verbindungen zwischen Pommern und Polen. Die Österreicher traten offen auf der Seite Polens in den Krieg ein. Und mit Polen verbündete tatarische Reitertruppen fielen wie ins Herzogtum Preußen so auch in Pommern ein und wüteten dort grauslich.

Die bei Warschau offenbar gewordene hohe Kampfkraft seiner Armee und Karl Gustavs missliche Lage erlaubten es Friedrich Wilhelm, den Preis für seine weitere Unterstützung in die Höhe zu treiben. Das Ergebnis war der Vertrag von Labiau vom 20. November 1656. In ihm entließ der schwedische König das Herzogtum Preußen in die Souveränität. Manuel Ruoff


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