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29.10.11 / Ehrenbreitstein neu entdecken / Die Veränderungen durch die Bundesgartenschau eröffnen neue Perspektiven auf die preußische Festung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-11 vom 29. Oktober 2011

Ehrenbreitstein neu entdecken
Die Veränderungen durch die Bundesgartenschau eröffnen neue Perspektiven auf die preußische Festung

Nach Jahrhunderten der Wehrhaftigkeit ist die Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz heute ein geschichts­trächtiger Ort schöner Ausblicke und spannender Einblicke. Der Plan zu ihrer Erbauung stammt vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm III., der dafür sorgte, dass rund 6500 Handwerker und Tagelöhner zwischen 1817 und 1828 auf den Ruinen des kurtrierischen Vorläufers eine gewaltige Anlage realisierten. Militäringenieure errichteten unter dem Befehl des Generalinspekteurs der preußischen Festungen Gustav von Rauch und des Inspekteurs der rheinischen Festungen Preußens Ernst Ludwig von Aster eine imposante Anlage, die auch heute noch als Wahrzeichen der Stadt Koblenz bekannt ist. Die preußischen Baumeister vernetzten gestaffelte Mauern, Gräben, Artillerie- und Infanteriestellungen sowie flankierende Wehrwerke und sogar schlossartige Bauten zu einem komplexen „Organismus“, der notfalls auch unter Beschuss funktionieren musste.

Die Festungsanlage gilt als eines der spektakulärsten preußischen Bauvorhaben der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie ist ein historisches Zeitzeugnis ersten Ranges, das zusammen mit dem Deutschen Eck zum Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal gehört.

Besucher, welche die Festung vom Hochplateau her durchs Feldtor betreten, durchschreiten zunächst ein Befestigungslabyrinth bestehend aus meterdicken Wehrmauern mit Schießscharten, Tunneln, Brücken und Toren. Wenn sie den Oberen Schlosshof mit den im klassizistischen Stil gehaltenen Gebäuden erreichen, eröffnet sich ihnen eine gänzlich andere Perspektive. Und da die Festung Ehrenbreitstein in diesem Jahr als zentraler Schauplatz in die erste Bundesgartenschau in Rheinland-Pfalz miteinbezogen wurde, wurden geschichtliche Fakten und Daten neu aufbereitet, kulturhistorische Präsentationen und thematische Sonderausstellungen eingerichtet. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz hat somit die Gelegenheit bekommen, mit verschiedenen Aspekten des rheinland-pfälzischen Kulturerbes nicht nur bei den an Geschichte und Archäologie interessierten Zielgruppen zu punkten, sondern eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Zu den neuen Dauereinrichtungen auf der Festung Ehrenbreitstein gehört die multimediale Inszenierung „Ein Berg im Wandel – 3000 Jahre befestigter Ort“, die inmitten einer archäologischen Tiefengrabung unter der Großen Traverse eingerichtet wurde.

Seit diesem Jahr haben Besucher die Möglichkeit, einen anlässlich der Bundesgartenschau 2011 fertiggestellten kulturtouristischen Rundweg kennenzulernen. Zu den für das Publikum erstmals zugänglichen Bereichen entlang des neuen Erlebnisweges zur Festungsgeschichte gehört unter anderem der Komplex „Turm Ungenannt“ und „Lange Linie“. Bei einem Rundgang kann man sich zum einen Einblicke in das einstige Leben im Bauwerk und zum anderen auch einen Überblick über die Geschichte der Festung Ehrenbreitstein verschaffen. Die museal aufbereitete Zeitreise führt durch mehrere Ausstellungsbereiche, die Meilensteine der Geschichte chronologisch – von den Anfängen bis zur „Entfestigung“ durch die Siegermächte des Ersten Weltkrieges – veranschaulichen. Nicht nur die einzelnen Exponate, sondern auch die baulichen Gegebenheiten wie Kasematten und Geschützstellungen erinnern an den Alltag im preußischen Wehrwerk.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Festungswaffen. Anhand originaler Exponate oder Nachbauten wird ein Bogen von der wehrhaften kurtrierischen Zeit zur Preußenfestung gespannt. Der legendäre „Vogel Greif“, die „Prunkkanone“ des 16. Jahrhunderts, ist ebenso zu sehen, wie Details aus der Festungsartillerie des 19. Jahrhunderts. Eine „lebendige Werkstatt“, die als Schauraum und mit praktischen Vorführungen Einblicke ins Handwerk des damaligen Büchsenmachers gewährt, ist eine interessante Ergänzung.

Durch den Erlebnisweg zur Festungsgeschichte sind erstmals auch Dachbereiche der Festung zugänglich. Besucher können dort stehen, wo einst preußische Soldaten patrouillierten und in die Festung hinein beziehungsweise über sie hinweg sahen.

Selbst Kenner der Festung Ehrenbreitstein haben die preußische Anlage und ihre lange Vorgeschichte in dieser modernen und lebendigen Präsentationsform bisher noch nicht erlebt und schätzen die Neuerungen in und rund um das Areal. Auch wenn die Bundesgartenschau 2011 selber schon Geschichte ist bleibt den interessierten Besuchern das gewonnene Erschließungsstadium und das kulturhistorische Vermittlungspotenzial der Festung weit darüber hinaus erhalten. Dieter Göllner


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