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05.11.11 / »Einzeln ist der Kampf viel schwieriger« / Der slowakische Ex-Parlamentspräsident Richard Sulík will Bündnis von Euro-Skeptikern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

»Einzeln ist der Kampf viel schwieriger«
Der slowakische Ex-Parlamentspräsident Richard Sulík will Bündnis von Euro-Skeptikern

Der Vorsitzende der slowakischen liberalen Partei „Freiheit und Solidarität“ („Sloboda a Solidarita“, SaS), Richard Sulík, hat konsequent gegen die Aufstockung des „Euro-Rettungsschirms“ EFSF gekämpft. Darüber zerbrach im Ok­tober die Regierungskoalition in Pressburg, und es kostete Sulík auch das Amt des Parlamentspräsidenten. Der Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmer hatte die slowakische Steuerreform mit einem einheitlichen Steuersatz von 19 Prozent ausgearbeitet. Die von ihm 2009 gegründete SaS wurde bei der Wahl 2010 mit 12,4 Prozent der Stimmen drittstärkste Partei. Früher war Sulík ein starker Befürworter der Euro-Einführung. Heute bereut er dies, wie er im nachfolgenden Interview mit PAZ-Autor Michael Leh erklärt.

PAZ: Mit den Stimmen der Opposition hat das slowakische Parlament der Aufstockung des „Euro-Rettungsschirms“ auf 7,7 Milliarden Euro zugestimmt. Ihre Regierung ist daran zerbrochen. Wie beurteilen Sie jetzt die politische Lage in der Slowakei?

Sulík: Im März 2012 gibt es Neuwahlen und die Bürger haben die Möglichkeit zu entscheiden, welche Politik sie bevorzugen. Das ist in Ordnung.

PAZ: Sprecher der Christlichen Demokraten in der Slowakei haben ein neues Regierungsbündnis mit Ihrer Partei „Freiheit und Solidarität“ (SaS) ausgeschlossen. Bedeutet dies nicht die Gefahr, dass Sie künftig dauerhaft im Abseits stehen?

Sulík: Nein, ich habe diesbezüglich nicht die geringste Befürchtung. Unser Koalitionspotenzial hängt maßgeblich von den Wahl­ergebnissen ab und nicht von Äußerungen einzelner Personen.

PAZ: Wie bewerten Sie die Ergebnisse des jüngsten Brüsseler Gipfels, wonach die Verschuldung Griechenlands bis 2020 von derzeit rund 170 Prozent auf 120 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung gekürzt werden soll? Wie beurteilen Sie den Anteil der Banken an dem Schuldenerlass?

Sulík: Es ist der richtige Weg, der schon längst hätte eingeschlagen werden sollen. Wir haben schon vor über einem Jahr einen Schuldenschnitt gefordert. Wäre er damals erfolgt, wären die europäischen Steuerzahler nicht um 100 Milliarden Euro ärmer. Gott sei Dank hat sich die Slowakei letztes Jahr als einziges Land der Eurozone dank der SaS nicht noch an den bilateralen Darlehen für Griechenland beteiligt.

PAZ: Es steht in der Slowakei auch noch die Entscheidung über den ESM an. Wird diese nach dem selben Muster wie die zur EFSF verlaufen?

Sulík: Der wichtige Unterschied ist, dass ein „Nein“ der Slowakei nicht alle anderen Länder blockieren wird. Die SaS wird auf jeden Fall gegen den ESM stimmen.

PAZ: In der Auseinandersetzung um die EFSF hatten Sie auch auf die „No Bail out“-Klausel des EU-Vertrages hingewiesen, wonach kein Staat für die Schulden eines anderen einstehen muss. Bundesfinanzminister Schäuble erklärte dazu, ein Staat müsse zwar nicht haften, dürfe aber freiwillig helfen, daher sei der Vertrag nicht verletzt. Was sagen Sie zu einer solchen Interpretation?

Sulík: Das ist eine reine Zweck­interpretation. Natürlich handelt es sich um eine Verletzung der No-Bail-out-Klausel. Wenn Herr Schäuble der Meinung ist, Griechenland solle freiwillig geholfen werden, kann er das ja mit seinem eigenen Geld tun, aber nicht mit dem Geld der Steuerzahler.

PAZ: Sie haben zu Ihrer Überzeugung gestanden, die gegenwärtige Euro-„Rettungspolitik“ sei falsch. Sie mussten aber damit rechnen, dass darüber die Regierung zerbricht und womöglich auch noch Robert Fico von den Sozialdemokraten Sieger bei Neuwahlen wird. Haben Sie sich nicht oft gefragt, was das größere oder kleinere Übel sei?

Sulík: Eindeutig ist die EFSF das größere Übel. So viel Schaden hat Fico nicht angerichtet, wie uns die EFSF kosten wird.

PAZ: Ministerpräsidentin Iveta Radicová soll auch von Kanzlerin Angela Merkel „bearbeitet“ worden sein, der Aufstockung der EFSF zuzustimmen. Es soll sehr starken Druck auf ihre Regierung gegeben haben. Wie empfinden Sie als Parteivorsitzender in einem kleinen Land einen solchen Druck von außen? Ob darüber Ihre Regierungskoalition zerbricht, war für Merkel bestenfalls zweit­rangig.

Sulík: Ich persönlich beklage mich nicht über zu starken Druck.

PAZ: Der tschechische Präsident Václav Klaus hat die Probleme mit dem Euro vorausgesehen. Deren Ursache, erklärte er, sei die „enorme Heterogenität der Länder, die sich in der Zwangsjacke einer Währung befinden“. Und: „Die Heterogenität kann man entweder durch die Verminderung der Zahl der Länder beseitigen, die an diesem Experiment teilnehmen, oder durch die brutale Homogenisierung dieser Länder.“ Letzteres lehne er als Demokrat ab. Die Euro-Staaten versuchen es jetzt erkennbar mit einer weiteren „Homogenisierung“. Hätten Sie nicht besser gleich auf Klaus gehört?

Sulík: Ja, das hätten wir tun sollen. Zu unserer Verteidigung kann ich nur sagen, dass wir zum Zeitpunkt des Eintritts in die Eurozone davon ausgingen, dass geltende Regeln eingehalten werden.

PAZ: Durch „EU-Zentralisten“ könnte einmal sogar Ihre erfolgreiche „Flat Tax“ – die Einkommensteuer von 19 Prozent – in Gefahr geraten. Wie würde man in der Slowakei und wie würden Sie darauf reagieren?

Sulík: Die Flat Tax ist für die Slowakei nachweislich ein Wettbewerbsvorteil. Die SaS ist strikt gegen die Harmonisierung der Einkommensteuer.

PAZ: Ihre Haltung zu den aktuellen Euro-Rettungsversuchen ähnelt der des FDP-Abgeordneten Frank Schäffler. Mit ihm und Peter Gauweiler (CSU), Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Präsident Václav Klaus haben Sie bereits gesprochen. Sehen Sie die Chance für eine wirksame Vernetzung europäischer Gegner der derzeitigen Euro-Politik?

Sulík: Wir sollten uns auf jeden Fall darum bemühen. Einzeln ist der Kampf viel schwieriger.

PAZ: Welchen Eindruck macht die aktuelle Krise um den Euro nach Ihrer Einschätzung auf jene EU-Staaten, die den Euro bisher nicht eingeführt haben? Wie beurteilen Sie in dieser Hinsicht insbesondere die Lage in Ihren Nachbarländern Tschechien, Polen und Ungarn?

Sulík: Diese Länder wären dumm, sich in die Eurozone zu begeben. Ich gehe davon aus, dass sie alle Möglichkeiten nutzen werden, den Euro nicht einführen zu müssen.


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