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05.11.11 / Feindbild Autofahrer / Berlin: »Vorrangschaltung« für Busse bringt so gut wie nichts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Feindbild Autofahrer
Berlin: »Vorrangschaltung« für Busse bringt so gut wie nichts

Eine Verkehrspolitik ganz besonderer Art betreibt der Berliner Senat: „55 Millionen Euro haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Senatsverwaltung für Stadtentwick­lung in den vergangenen Jahren ausgegeben, damit Busse und Straßenbahnen schneller unterwegs sind.“ Das „Beschleunigungsprogramm“ wendet sich gegen „notorische Autofahrer“. Sie sollen den Pkw stehenlassen.

Der Bund der Steuerzahler hat nun festgestellt, dass das Programm keinerlei Nutzen brachte. Für die genannte Summe sind bislang 900 Ampeln auf „Vorrangschaltung“ für Bus und Straßenbahn umgerüstet worden. Weitere 550 kommen bis 2016 hinzu. Tatsächlich beschleunigte sich der Busverkehr nur um kaum spürbare 0,08 Stundenkilometer.

Straßenbahnen und Busse sind (anders als U- und S-Bahn) für den innerstädtischen Verkehr nach wie vor keine schnellere Alternative zum Individualverkehr. Das ergibt sich aus den „Reisezeiten“ dieser Verkehrsmittel. In Berlin erreichen S- Bahnen eine Reisegeschwindigkeit von etwa 50 Stundenkilometern, U-Bahnen von 36 km/h, Straßenbahnen kommen auf 19, Busse auf 17 km/h. Dieses Missverhältnis spräche für den großzügigen Ausbau von S- und U-Bahn. Im Westteil der Stadt wurde 1967 daher der Straßenbahnverkehr eingestellt, Busse sollten als Zubringer zur Schnellbahn dienen. Von den 50er bis in die 90er Jahre wurden in Berlin viele Kilometer U-Bahn gebaut. Seit Mitte der 80er Jahre nahm die S-Bahn durch ihre Übernahme durch die Westberliner BVG von der DDR einen riesigen Aufschwung.

Das Problem: Der Bau eines Kilometers U-Bahn kostet rund 100 Millionen Euro, bei aufwendiger Baudurchführung auch 200 Millionen. Ein Kilometer Straßenbahnbau ist hingegen schon für rund 20 Millionen Euro zu haben.

So gesehen sind 55 Millionen Euro im innerstädtischen U-Bahn-Bau keine große Summe, aber der Ostteil der Stadt hat seit 1989 keinen wesentlichen Zuwachs an U-Bahnen gehabt, und zu DDR-Zeiten ließ die SED lieber billige Straßenbahnen in die dicht besiedelten Gebiete wie Marzahn und Hellersdorf bauen.

U-Bahnbauten werden, wie der Autobahnbau, vom Bund stark bezuschusst. Aber in diese Richtung denkt Berlin nicht. Beobachter setzen nunmehr auf den neuen SPD-Koalitionspartner CDU, dass dieser die ideologische Überhitzung aus der Verkehrspolitik nehmen möge. Hans Lody


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