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05.11.11 / Bestens versorgt und einflussreich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Bestens versorgt und einflussreich

Wir müssen damit leben, dass etwa 17000 ehemalige Mitarbeiter der Staatsicherheit im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, zum Teil in Schlüsselpositionen. Selbst im Kanzleramt soll ein Stasimitarbeiter für die Sicherheit der Kanzlerin sorgen.

Die Zahlen belegen, mit welcher Nachsicht die Schergen des SED-Regimes behandelt wurden. Die willigen Vollstrecker der zweiten deutschen Diktatur sind im vereinten Deutschland nicht nur bestens versorgt, sondern nach wie vor einflussreich. Es liegt also nicht an der Hysterie der ehemals Verfolgten, wenn sie heute noch das Gefühl haben, mit ihren berechtigten Anliegen nicht gehört zu werden. Tausende Stasitäter sind heute noch in der Lage, aus ihrer Position heraus die Anliegen der Verfolgten des SED-Regimes zu torpedieren. Wobei die Zahl 17000 viel zu niedrig ist. Sie bezieht sich nur auf die neuen Bundesländer. Aber auch in der ehemaligen Bundesrepublik hatte die Staatssicherheit ihre Spione. Die saßen überall, selbst im Bundestag. Allerdings wird die Aufklärung dieses Kapitels von der Politik bislang hintertrieben. In dieser Legislaturperiode hat der Bundestag einen Antrag der FDP abgelehnt, den Bundestag und den öffentlichen Dienst der Alten Länder auf Stasimitarbeiter zu überprüfen.

Völlig unterbelichtet im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist auch die kriminelle Dimension des DDR-Geheimdienstes. Mit der Aktenöffnung kamen die Maßnahme- und Zersetzungspläne der Staatssicherheit zum Vorschein, mit denen Familien, Berufskarrieren und Freundschaften systematisch zerstört wurden. Einige Planungen reichten bis zum Mord. So lange es an politischem Willen fehlt, dies öffentlich zu diskutieren, wird die Staatssicherheit ein Problem bleiben. V.L.

 

Zeitzeugen

Gregor Gysi – Obwohl der Deutsche Bundestag bereits 1998 festgestellt hat, dass die Stasimitarbeit von Gysi „erwiesen“ ist, klagt der letzte SED-Chef und heutige Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion erfolgreich gegen eine Veröffentlichung dieser Tatsache in den Medien. Bislang finden sich Berichte von IM „Notar“, „Gregor“ oder „Sputnik“ nur in den Akten von Gysis Mandanten. Die IM-Akte gilt als unauffindbar. Sie könnte sich in den Säcken befinden.

Roland Jahn – Der heutige Chef der Stasiunterlagenbehörde war zu DDR-Zeiten einer der wichtigsten Oppositionellen. Neben anderen oppositionellen Aktivitäten gründete er 1983 die Friedensgemeinschaft Jena, die für einen zivilen Ersatzdienst eintrat. Nach seiner gewaltsamen Abschiebung aus der DDR (er passierte die innerdeutsche Grenze gefesselt in einem Interzonenzug) wurde er eines der wichtigsten Beobachtungsobjekte der Staatsicherheit in West-Berlin. Ohne die unermüdliche Pressearbeit des 1953 in Jena geborenen Jahn im Westen, beispielsweise beim ARD-Magazin „Kontraste“ des SFB, wären die Aktionen der DDR-Opposition viel weniger erfolgreich gewesen. Jahn war Gegenstand zahlreicher Zersetzungspläne, mit deren Hilfe die Staatsicherheit ihn systematisch seiner Familie und seinen Freunden zu entfremden suchte. Als Behördenchef hat Jahn sich als eine der ersten Aufgaben gestellt, die Mitarbeit von ehemaligen Stasioffizieren in der Behörde zu beenden. V.L.

Jürgen Fuchs – Der Schriftsteller und Psychologe war 1976 mehrere Monate im Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist er dort mit Gammastrahlen kontaminiert worden, die 20 Jahre später zu seinem Krebstod führten. Bertram Nicolay vom Fraunhofer-Institut hofft, in den Säcken Akten zu finden, die belegen, wie Fuchs kontaminiert wurde. Für den Wissenschaftler war der Gedanke an seinen verstorbenen Freund das Hauptmotiv, die Entwicklung des Scanners voranzutreiben.

Diether Dehm – Der linke Liedermacher aus Frankfurt am Main wurde sieben Jahre lang als IM „Dieter“ und IM „Willy“ von der Staatssicherheit als Informant geführt. Seine Berichte aus der SPD waren für die Stasi so wertvoll, dass sie Dehm daran hinderte, die SPD zu verlassen und der DKP beizutreten. Noch wichtiger wurde er, als er nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns dessen Manager wurde. Dehm ist Mitglied im „Linke“-Parteivorstand, sitzt seit 2005 für die Partei im Bundestag und bestreitet seine IM-Tätigkeit.


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