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05.11.11 / Keine Bewegung am Gleis / Nach Breslau mit dem Bummelzug – Schnelle Abhilfe nicht in Sicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Keine Bewegung am Gleis
Nach Breslau mit dem Bummelzug – Schnelle Abhilfe nicht in Sicht

Die nationalkonservative polnische Presse ist sauer auf die Deutsche Bahn. Die Zugverbindungen aus heute westpolnischen Zentren in die deutsche Hauptstadt sind zu langsam. Das rollende Material ist neueren Datums, doch die Reisezeiten so wie zur Kaiserzeit. Aus Stettin ist man zwei Stunden unterwegs, aus Breslau mit zweimaligem Lokwechsel mehr als sechs Stunden, um mit dem Zug nach Berlin zu gelangen, rechnet die „Rzeczpospolita“ vor. Und in der Tat: Bereits 1914 konnte nach zwei Stunden Fahrtzeit der Zug aus der pommerschen Hauptstadt am damaligen Stettiner Bahnhof in Berlin einlaufen. Der „Fliegende Schlesier“ legte die Strecke zwischen Breslau und Berlin Ende der 30er Jahre in seither nie wieder erreichten zwei Stunden 40 Minuten zurück – ohne Zwischenhalt. Gegen­wärtig ist man wieder ähnlich lange unterwegs wie 1883, als die Schienen­verbindung von Breslau in die Reichshauptstadt aufgenommen wurde. Angesichts der bahntechnischen Möglichkeiten von heute eine Zumutung. Die „Rzeczpospolita“ ist sich sicher: „Die Deutschen haben kein Interesse am Ausbau der Eisenbahnverbindungen nach Polen.“

Im Juni forderte der Bundestag die Regierung auf, vor dem Hintergrund des 20. Jahrestages des Nachbarschaftsvertrags mit Polen insbesondere die Schienenwege zu modernisieren, namentlich die Hauptstrecken nach Breslau, Stettin und Warschau. Auch die Warschauer „Gemeinsame Erklärung“ beider Regierungen vom 21. Juni bekennt sich zur Verbesserung der Verkehrsverbindungen. Ein Arbeitsprogramm sieht vor, ab dem Winterfahrplanwechsel 2011 die Fahrtzeiten nach Pommern und Schlesien deutlich zu verkürzen.

Seither ist nicht viel passiert. Und die Fußball-EM in Polen naht. Die polnische Regierung gibt sich unzufrieden. Auf einer deutsch-polnischen Konferenz in Frankfurt an der Oder rüffelte der polnische Botschafter Marek Prawda unlängst die Deutsche Bahn. Diese habe kein Geld für die Modernisierung der Gleise nach Osten, aber es finde sich „immer irgendeine Strecke zwischen Bochum und Wattenscheid, die stattdessen erneuert werden muss“, polemisierte der Botschafter, der 2006 vom damaligen Staatspräsidenten Lech Kaczynski ins Amt berufen wurde. Die Bahn halte die Linien nach Polen offenbar für unwirtschaftlich. Wenn man dann noch berücksichtige, dass Polen seinen niederschlesischen Streckenabschnitt für eine Geschwindigkeit bis zu 160 Stundenkilometern ausgebaut habe, deutsche Abschnitte nach Breslau und Stettin aber nicht einmal elektrifiziert und teils eingleisig seien, könne „man fast schon von einem Europa der zwei Geschwindigkeiten sprechen“.

Doch die Darstellung ist einseitig. Denn regionale Stellen auf beiden Seiten der Grenze befürchten, dass die Zentralregierungen das Vorhaben verschleppen. In Grünberg, der Hauptstadt der direkt an Brandenburg grenzenden Woiwodschaft Lebus, wird Warschau die Schuld gegeben. „Die Verbesserung der Bahnverbindungen zwischen Deutschland und Polen ist auch eines unserer Ziele“, sagt eine Sprecherin des Marschall-Amtes. Aber für die Streckensanierungen sei überwiegend die Regierung in Warschau zuständig. Von dort seien jedoch nur schwer Mittel erhältlich.

Aus Brandenburgs Infrastrukturministerium verlautet, an fehlenden Geldmitteln liege es nicht. Die schwerfällige Bürokratie in Warschau und Berlin sei schuld. „Wir wünschen uns mehr Bewegung“, so ein Sprecher. Christian Rudolf


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