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05.11.11 / Ohne solides Fundament / Schuldenschnitt für Griechenland beschert den staatlich gelenkten Banken Riesenverluste

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Ohne solides Fundament
Schuldenschnitt für Griechenland beschert den staatlich gelenkten Banken Riesenverluste

Der Pulverdampf des Euro-Gipfels hat sich verzogen. Die Bundeskanzlerin gilt allgemein als strahlende Siegerin. Doch die Probleme des Euro-Raumes sind offenbar nur kurzfristig gelöst. Sollte durch die Anfang der Woche angekündigte Volksabstimmung in Griechenland nicht alles wieder über den Haufen geworfen werden, müssen besonders die staatlich gelenkten Banken durch den Schuldenschnitt riesige Verluste schultern.

Noch relativ frisch wirkte Bundeskanzlerin Angela Merkel, als sie nachts um vier Uhr die Brüsseler Einigung über die Euro-Rettung verkündete. „Wir haben die richtigen Schlüsse gezogen“, meinte sie selbstbewusst und verwies darauf, den Bankenvertretern „die Pistole auf die Brust gesetzt“ zu haben. Der Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland, weitere schwindelerregend hohe Kreditzusagen an die Hellenen, Bürgschaftszusagen in Höhe von 30 Milliarden Euro an die Banken und die Hebelung des Euro-Rettungsschirmes EFSF auf bis zu zwei Billionen Euro sind die Eckpunkte des Gipfels.

Was diese Punkte real bedeuten, wurde erst jetzt, besonders im Blick auf die europäischen Banken, klarer. Was trieb die Politiker und Banker zu nächtlicher Stunde zu Maßnahmen, die in der Finanz­welt, zumindest für Privatanleger mit solidem Finanzverständnis, als Tabu gelten? Was dem Privatanleger als Zockerei ausgelegt würde, soll nun für ganze Staaten erlaubt sein, Deutschland an vorderster Front? Mit bis zu 211 Milliarden Euro haftet der deutsche Steuerzahler für die nun verkündete „Rettung“ von Banken, Griechenland und Euro. Das Risiko, dass tatsächlich gezahlt werden muss, hat sich auf dramatische Weise und vielfach erhöht. Die Antwort ist so klar wie unheilverheißend. Eng miteinander verkoppelt sind die Euro-Schuldenstaaten einerseits und die finanzierenden Banken andererseits. Ein Bankrott der südeuropäischen Schuldenländer würde gleichzeitig eine große Anzahl von Banken mit in die Insolvenz reißen und damit die europäische Wirtschaft in eine tiefe Rezession zwingen.

Die europäische Bankenaufsicht (EBA) gab bekannt, dass die Banken des Euro-Raumes mit 106,45 Milliarden Euro „rekapitalisiert“ werden müssten. Die größten Verluste erleiden dabei mit 30 Milliarden Euro die griechischen Banken, gefolgt mit 26 Milliarden von spanischen Instituten, 15 Milliarden von italienischen und neun Milliarden Euro von französischen Banken. Diese Verluste sind so hoch, dass einzelne Banken sie nicht aus ihrem schmalen Eigenkapital begleichen könnten.

Deutsche Banken hatten in den letzten Jahren und Monaten besser vorgesorgt, ihr Eigenkapital erhöht und griechische Papiere verlustreich abgestoßen. Sie hatten Risikovorsorge betrieben und so fehlten ihnen „nur“ 5,18 Milliarden Euro, wie die EBA bekannt gab. Für die meisten deutschen Banken stellt die geforderte Erhöhung des Eigenkapitals von vier auf neun Prozent kein größeres Problem dar. Den größten Kapitalbedarf meldete die teilverstaatlichte Commerzbank mit 2,9 Milliarden, gefolgt von der Nord LB mit 660 Millionen und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit 364 Millionen Euro. Die privat geführte Deutsche Bank rechnet dagegen nur mit einem relativ kleinen Verlust von rund 200 Millionen Euro. Entsprechend stieg ihr Börsenkurs am Tag nach dem Gipfel um 15 Prozent.

Anders ist die Lage bei den Südeuropäern. Griechenlands Ministerpräsident Georgios Papandreou rechnet mit einer notwendigen Teilverstaatlichung von griechischen Banken. Die französischen Großbanken hoffen, den erhöhten Kapitalbedarf aus eigener Kraft stemmen zu können. Die BNP Paribas benötigt dazu 2,1 Milliarden, die Société Générale 3,3 Milliarden sowie die Volksbanken und Sparkassen (Nataxis) 3,4 Milliarden Euro. Noch höher sind die Summen bei der spanischen Santander-Bank (5,2 Milliarden) und der italienischen Großbank Unicredit (7,4 Milliarden), zu der auch die deutsche Hypo-Vereinsbank gehört. Ob die Teilverstaatlichung den maroden Kreditinstituten hilft, ist bislang völlig offen. Derweil zeigte sich Griechenlands Ministerpräsident optimistisch: Sein Land werde von 2012 an keine neuen Schulden mehr aufnehmen müssen, behauptete er. Ob die neuen Schulden der griechischen Banken dabei mitbe­rück­sichtigt sind, blieb ungesagt.

Kritiker der Brüsseler Vereinbarung sprechen vom „Gipfel der gebrochenen Versprechen“. Im April 2010 hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) behauptet, dass es in der Euro-Krise „nicht um Umschuldung“ gehe. Noch am 29. September dieses Jahres hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) klargestellt, dass er „eine Ausweitung des Rettungsfonds EFSF nicht wolle“. Nun ist dies alles ein Fakt. Man braucht echten Glauben, um nun von einem „soliden Fundament des Euro“, so Schäuble, zu sprechen. Griechenland halte in der „Haushaltsanierung Kurs“, hieß es im Abschluss-Kommuniqué. Tatsächlich versinkt Griechenland in ökonomische und politische Depression, wie alle verfügbaren Zahlen belegen. Hinrich E. Bues


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