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05.11.11 / »Veredler menschlicher Verhältnisse« / Der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel schuf nicht nur beeindruckende Bauwerke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

»Veredler menschlicher Verhältnisse«
Der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel schuf nicht nur beeindruckende Bauwerke

Der in Neuruppin geborene Karl Friedrich Schinkel zählt zu den herausragenden Baumeistern des 19. Jahrhunderts. Dass seine Begabungen auch auf einem anderen künstlerischen Gebiet lagen, würdigt jetzt eine Ausstellung in Berlin.

„Der Architekt ist seinem Begriff nach der Veredler aller menschlichen Verhältnisse. Er muss in seinem Wirkungskreise die gesamte schöne Kunst umfassen. Plastik, Malerei und die Kunst der Raumverhältnisse nach Bedingungen des sittlichen und vernunftgemäßen Lebens des Menschen schmelzen bei ihm zu einer Kunst zusammen.“ Der dies sagte, gehört zu den Großen des 19. Jahrhunderts und gilt als universaler Geist einer Kunstepoche, hat er doch nicht nur profane und sakrale Bauten entworfen, Bilder gemalt und sich um die Erhaltung bedeutender Baudenkmäler wie etwa der Marienburg bemüht, sondern auch Bühnendekorationen gestaltet und gar Möbel geschaffen: Karl Friedrich Schinkel (1781–1841), der Schöpfer des preußischen Stils. Sein Werk beweise einen bodenständigen preußischen Charakter, befand Carl von Lorck 1941 in der Reihe „Kanter-Bücher“. Und der Berliner Kunsthistoriker Helmut Börsch-Supan stellte die Besonderheit Schinkels heraus, indem er sagte: „Bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit, die Schinkel nachgerühmt wird, hatte sein Bestreben, durch die Lieferung von Entwürfen für die mannigfaltigsten sich in Kunst und Kunstgewerbe stellenden Aufgaben gestaltend auf die Umwelt einzuwirken, jedoch auch einen autokratischen Zug. Seinen Mitarbeitern blieb neben ihm nicht viel Spielraum zur Entwicklung eigener Ideen. So kam es, dass Schinkels universaler Geist eine Kunstepoche auf nahezu allen Gebieten für eine relativ lange Zeit prägen konnte, ein Phänomen, das in Deutschland im 19. Jahrhundert in diesem Ausmaß einzigartig ist ...“

Zeichner, Maler, Bühnenbildner, Architekt, das ist gemeinhin bekannt über Schinkel; dass er sich aber auch für die Bildhauerei interessierte, macht jetzt eine Ausstellung in Berlin deutlich. Die Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin in der Alten Nationalgalerie findet im Rahmen des Forschungsprojekts des Kupferstichkabinetts „Das Erbe Schinkels“ statt und dient als Vorbereitung auf die Überblicksausstellung „Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie“, die im Herbst 2012 am Kulturforum Potsdamer Platz gezeigt werden wird. Anhand von etwa drei Dutzend Zeichnungen, vom großformatigen Aquarell bis zur kleinen intimen Skizze, gibt die Ausstellung einen überraschenden Einblick in einen bisher weitgehend unbeachteten Aspekt von Schinkels Werk.

Alles begann mit einer zerschlagenen Hoffnung: Als Schinkel von der damals obligatorischen Italienreise nach Berlin zurückkehrte, entwarf er ein Luther-Denkmal. Die Arbeit konnte allerdings nicht verwirklicht werden, da nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt für derartige Vorhaben kein Geld mehr vorhanden war. Erst 1816 ging es wieder bergauf. Schinkel erhielt von Friedrich Wilhelm III. seinen ersten großen Auftrag und schuf mit der Neuen Wache sein erstes bedeutendes Bauwerk. Auch für die Gestaltung des Reliefs im Giebel und die kleinen Viktorien über den Säulen lieferte er Zeichnungen, die Johann Gottfried Schadow (1764–1850), seines Zeichens Hofbildhauer und Direktor der Akademie der Künste, ausführen sollte. Sehr zum Verdruss des Älteren. Für das Tympanon entwarf Schinkel ein Relief, das allerdings erst 1843 von dem Oberschlesier August Kiss ausgeführt wurde.

Neben Kiss erhielt vor allem der Berliner Bildhauer Christian Friedrich Tieck Aufträge von Schinkel, wie zum Beispiel für das Denkmal für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg in Berlin, bei dem er an den überlebensgroßen Figuren der Genien arbeitete. Jahrelang führte Tieck Werke nach Schinkels Vorgaben aus. Es entstanden Statuengruppen für die Berliner Schlossbrücke, Reliefs für das Schauspielhaus und Dachschmuck für das Alte Museum. Auch Grabmäler für Mitglieder der gehobenen Gesellschaft gestaltete Schinkel. Tieck wiederum führte die Entwürfe aus. Silke Osman

Die Ausstellung „Karl Friedrich Schinkel. Entwürfe für Bildhauer“ in der Alten Nationalgalerie ist bis zum 8. Januar 2012 dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr geöffnet, Eintritt 10 / 5 Euro.


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