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05.11.11 / Deutsch-polnische Koproduktion für den Gabentisch / Arno Herzig und Małgorzata Ruchniewicz haben ihrer großen Monografie eine »Kleine Geschichte des Grazer Landes« folgen lassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Deutsch-polnische Koproduktion für den Gabentisch
Arno Herzig und Małgorzata Ruchniewicz haben ihrer großen Monografie eine »Kleine Geschichte des Glatzer Landes« folgen lassen

Zwischen dem schlesischen Riesengebirge und dem mährischen Altvatergebirge, also im Zuge der Sudeten und rund 90 Kilometer von Breslau entfernt, liegt ein Fleckchen Erde, das wurde nicht nur von seinen Bewohnern einst „Herrgottsländchen“ genannt. Es ist die Grafschaft Glatz. Ringsum von Bergen eingebettet, hat diese mit etwa 1635 Quadratkilometern Fläche einem schlesischen Herzogtum entsprechende Landschaft schon über ein Jahrtausend hin eine sehr eigenständige, interessante Geschichte.

Sie ist schon groß herausgekommen, diese „Geschichte des Glatzer Landes“. Gemeint ist das umfangreiche Buch mit diesem Titel. Es erschien im Jahr 2006 gleichzeitig als deutsche und als polnische Ausgabe im Hamburger DOBU-Verlag und in Breslau. Der 1937 in Albendorf in der Grafschaft Glatz geborene und nun in Hamburg lebende emeritierte Professor Arno Herzig und die 1970 in Habelschwerdt [Bystrzyca Kłodzka] geborene und an der Breslauer Universität tätige Historikerin Małgorzata Ruchniewicz haben gemeinsam diese umfassende Geschichtsdarstellung erarbeitet. Nachdem die deutsche Auflage nahezu vergriffen ist, ermunterte der Verleger Alfred Theisen das Autorengespann, dem großen Band eine „Kleine Geschichte des Glatzer Landes“ folgen zu lassen. Die Nachfrage in seiner „Schlesischen Bücherstube“ in Görlitz hatte diesen Gedanken bei Theisen reifen lassen. Mit Erfolg.

Der deutsche Professor und die polnische Historikerin setzten sich noch einmal zusammen, überarbeiteten pfleglich ihre Beiträge, rafften das nicht ganz so Wichtige, verkleinerten den umfangreichen Bildteil und kürzten den Anhang; kurzum: Sie dampften die 594 Seiten ihres großen Bandes zu einem handlichen Format mit 82 Seiten ein.

Dennoch sind alle historischen Daten behandelt – von der ersten Erwähnung des Glatzer Landes um 981 n. Chr. über die Zeit der böhmischen Könige, die im frühen 13. Jahrhundert die deutschen Siedler ins Land holten, von den wechselvollen Jahren unter schlesischen Piastenfürsten über die habsburgischen und preußischen Epochen bis hin zu den unseligen zwölf Jahren Nationalsozialismus. Der kirchlichen Geschichte sind beispielsweise mit Arnestus von Pardubitz als erstem Prager Erzbischof oder dem barocken Katholizismus, der die Grafschaft zum „Herrgottsländchen“ machte, ebenso Kapitel gewidmet wie der einhergehenden Entwicklung einer hohen Kultur oder wie Krieg und Frieden, Politik und Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert.

Die dunklen polnischen Jahre, die 1945/46 mit der Vertreibung und allem Misstrauen gegenüber den Deutschen begannen, die Zeiten von Kommunismus und „Solidarnosc“ und die zu einem besseren Verhältnis gegenüber Deutschland führende „Wende“ sind Beiträge der polnischen Historikerin. Fair und versöhnlich. Das zeigt sich besonders im Schlusskapitel, das vom „Umgang mit dem kulturellen Erbe“ erzählt. Erkennend schreibt Małgorzata Ruchniewicz da: „Man kann nicht unendlich lang in einem Territorium leben, ohne die Geschichte seiner ehemaligen Bewohner zu kennen.“

In diesem Sinne widmen die beiden Autoren in ihrem Vorwort ihr Buch auch „wichtigen Persönlichkeiten, die sich mit der Grafschaft Glatz verbunden fühlen und sich für die deutsch-polnische Verständigung nachhaltig eingesetzt haben, so dass wir heute jenseits aller Ideologien von einer gemeinsamen Geschichte des Landes sprechen können“. Ausdrücklich genannt sind neben zwei Polen die einstigen Grafschafter Georg Wenzel (früher Bad Altheide) und Reinhard Schindler (Bad Landeck), die von Lingen im Emsland beziehungsweise von Essen aus für diese Gemeinsamkeit arbeiten.

Der Hardcover-Einband zeigt den 1425 Meter hohen Glatzer Schneeberg in abendlichem Licht und auf der Rückseite zu ausführlichen Lebensdaten der Autoren eine Glatzer Rose. Diese auch als „europäische Trollblume“ bekannte gelbe Blüte ist seit jeher ein Symbol der landschaftlich auch heute noch einladenden schlesischen Region. Sehr dienlich ist dafür die auf den Innenseiten des Einbands abgebildete Karte des Glatzer Landes, zuerst mit den deutschen, dann mit den polnischen Ortsnamen.

Insgesamt ist das über den Senfkorn-Verlag in Görlitz zu beziehende Büchlein – und Büchlein ist nicht abwertend gemeint – aus dem einstigen Breslauer Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, der jetzt in Freiburg im Breisgau und in Görlitz beheimatet ist, von Anmutung und Aufmachung her und mit seinem Preis von 9,90 Euro ein schönes und nützliches Weihnachtsgeschenk. Und dieses nicht nur für die noch lebenden Grafschafter, sondern vor allem als geschichtskundliches Nachschlagewerk für die Nachfolge-Generation. Karlheinz Mose

Buchdaten: „Kleine Geschichte des Glatzer Landes“  von Arno Herzig und Malgorzata Ruchniewicz. 82 Seiten, 9.90 Euro, ISBN: 978-3-87057-308-9, zu beziehen über den Senfkorn-Verlag, Görlitz


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