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05.11.11 / Wettlauf ums Kosakengold / Mit Historie gewürzter Thriller

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Wettlauf ums Kosakengold
Mit Historie gewürzter Thriller

Um das sogenannte Kosakengold, wie der unermesslich große Armeeschatz der Kosaken aus der Zeit Zar Peters des Großen bezeichnet wird, ranken sich in der Ukraine seit Jahrhunderten Legenden. Die in der Ukraine aufgewachsene Sprachwissenschaftlerin Anna Shevchenko hat aus diesem Mythos einen spannenden, vielschichtigen Thriller mit dem Titel „Ein fatales Erbe“ inszeniert.

Die aus drei Handlungssträngen aufgebaute Geschichte wird anfangs aus dem Blickwinkel des russischen Geheimdienst­agenten Taras Petrenko erzählt. Im Februar 2001 stößt dieser bei seiner Archivtätigkeit auf eine hochbrisante Akte. Daraus geht hervor, dass die Rückzahlung des seinerzeit bei der Bank of England deponierten Kosakengolds von Seiten der Ukraine jederzeit erwirkt werden kann, da die Bedingungen dafür vermutlich erfüllt sind: Die Ukraine ist ein unabhängiger Staat geworden und es gibt wahrscheinlich noch Nachkommen jenes 1724 verstorbenen Kosaken-Oberst Pawlo Polubotok, der seinerzeit als Schatzmeister der Kosakenarmee sein Wissen über die Herkunft des Goldschatzes mit ins Grab nahm. Die Nachkommen sollen, sofern sie seinen Namen tragen, fünf Prozent der auszuzahlenden Summe erhalten. Für das europäische Machtgefüge würde dies allerdings Verwerfungen nach sich ziehen, auch würde die Ukraine der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Russland entkommen.

Bereits seit den 20er Jahren hatte sich der KGB an die Fersen mehrerer ukrainischer Personen namens Polubotok geheftet, was diesen zum Verhängnis wurde. Folgerichtig wird Taras Petrenko von seinem launischen Vorgesetzten darauf angesetzt, jedwede möglichen Pläne zur Auslösung der Riesensumme zu durchkreuzen. Und sollten sich Hinweise auf einen Raub des Golds von Zar Peter dem Großen durch die Kosaken bestätigen, wäre dies auch für Taras persönlich die bestmögliche Lösung.

Zur gleichen Zeit versucht der junge Ukrainer Andrij sein Glück in derselben Sache, aus gutem Grund und obwohl er sich der Gefahr bewusst ist. In London beauftragt er die Anwältin und Historikerin Kate mit den archivalischen Recherchen, und, wie könnte es anders sein, die beiden verlieben sich ineinander. Kate hat ebenfalls ukrainische Wurzeln und sie ist eine begnadete Spürnase. Von Taras weiß sie nichts. Nachdem Andrij auf unerklärliche Weise zu Tode gekommen ist, fühlt sie sich verpflichtet, die Angelegenheit ans Licht zu bringen.

Der Erzähler folgt den Hauptprotagonisten bei der Spurensuche in London, Cambridge, Buenos Aires und durch die Ukraine. Seinen Rechercheergebnissen folgend hat er Szenen und Ereignisse eingestreut, die sich im 18. Jahrhundert so oder ähnlich abgespielt haben könnten, so dass sich das Bild allmählich abrundet. Zum Verständnis von Taras’ Entwicklung hin zu einem perfiden Rechtsbrecher gibt der Erzähler eine überzeugende Charakteristik. Die Machenschaften des russischen FSB werden auf eindrückliche Weise ins Blick­feld gerückt, ebenso die jammervollen Lebensbedingungen großer Teile der Bevölkerung nach der Auflösung von Millionen gesicherter Arbeitsverhältnisse in Russland und der Ukraine. All dies sind Mosaiksteine, die von beklagenswerten gesellschaftspolitischen Zuständen zeugen.

Das Buch ist nicht nur als Polit-und Mystery-Thriller ein Glücksfall, sondern auch empfehlenswert für Freunde des historischen Romans. Dagmar Jestrzemski

Anna Shevchenko: „Ein fatales Erbe“, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2011, gebunden, 350 Seiten, 19,99 Euro.


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