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05.11.11 / Bloß keine Krippe / Plädoyer dafür, dass nur eine Mutter ihr Kind optimal betreuen könne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Bloß keine Krippe
Plädoyer dafür, dass nur eine Mutter ihr Kind optimal betreuen könne

Fast die Hälfte der männlichen Befragten (47,1 Prozent) einer repräsentativen Umfrage der „Apotheken Umschau“ sind der Meinung, dass sich die traditionelle Rolle der Frau über Jahrhunderte bewährt habe und wieder an Bedeutung gewinnen sollte. Und immerhin noch 35,9 Prozent der Frauen sehen das auch so. Ihnen allen dürfte Hanne K. Götze mit „Kinder brauchen Mütter. Die Risiken der Krippenbetreuung und was Kinder wirklich stark macht“ aus der Seele sprechen. Die Autorin ist überzeugt, dass Fremdbetreuung dem Kind seine wichtigste Bezugsperson entfremdet. Außerdem würde der von der Politik stark vorangetriebene Ausbau der Kinderbetreuung nicht das Problem der niedrigen Geburtenraten beheben, wie ein Blick in die DDR zeige, wo es für jedes Kind einen Krippenplatz gab, die Frauen aber zeitweise sogar weniger Kinder bekamen als heute.

Götze stellt interessanterweise der Begründung des BRD-Familienministeriums aus dem Jahr 2007 für den Ausbau der Kinderbetreuung ein Zitat aus der Säuglingsfibel der DDR aus dem Jahr 1972 gegenüber und zeigt auf, wie sehr sich die Aussagen ähneln.

Da die Autorin selber vier Kinder hat und als ehrenamtliche Stillberaterin arbeitet, kennt sie viele Fallbeispiele und nennt auch Forschungsergebnisse, die belegen, wie wichtig der Kontakt zur Mutter ist, damit sich ein Kind bestmöglichst entwickeln kann. Vertrauen sei das wichtigste für ein Kind, daher wäre es ein Schock für die Kleinen, wenn die Mutter sie in der Krippe oder im Kindergarten abgebe. Dies würde das Urvertrauen des Kindes zerstören. Und sie verweist, wie über die Aufhebung der Geschlechter durch das sogenannte Gender-Mainstreaming die Mutterrolle gezielt hintertrieben wird.

Götze verweist auf zahlreiche Berichte von Personen, für die ihr Kindergartenbesuch oder der ihres Kindes traumatisch war. Sie selbst war nur wenige Wochen dort und hatte lange danach noch Alpträume. Und genau hier ist Götzes Schwäche. Sie führt einseitig nur Personen an, die negative Erfahrungen gemacht haben. Für die Rezensentin beispielsweise, die mit drei Jahren in den Kindergarten kam, war der Beginn der von der Autorin so verschrienen Kinderbetreuung hingegen mit eines ihrer besten Erlebnisse: Jeden Tag andere, gleichaltrige Kinder sehen, mit denen man spielen konnte, haufenweise Spielzeug und zahlreiche Erwachsene, die besser als die eigene Mutter die vielen Fragen des Kindes beantworten konnten. Zudem bekam man dort Geschichten erzählt und bekam dort mehr beigebracht, als es die eigene (übrigens nicht berufstätige) Mutter trotz bester Absichten mit ihrem durchschnittlichen Bildungshorizont je gekonnt hätte. Götze übersieht also, dass nicht alle Kinder und Elternhäuser gleich sind und die heutige, durch viele verschiedene Träger durchgeführte Kinderbetreuung zudem nicht mit der staatlichen in der DDR vergleichbar ist.

Und dass 35,9 Prozent der befragten Frauen in der genannten Umfrage das traditionelle Rollenbild der Frau befürworten, bedeutet im Umkehrschluss, dass 64,1 Prozent der Frauen es eben nicht tun. Das hat aber nicht die Folge, dass die Mutterrolle an sich in Gefahr ist, nur die Frauen von heute wollen mehrere Rollen nebeneinander leben oder müssen es zum Teil ja auch, man denke hier an die vielen alleinerziehenden Frauen. Und wenn Götze die allgegenwärtigen Graffitis als Botschaften einer Wut, Zerrissenheit und Verzweiflung sieht, an der aus ihrer Sicht die Fremdbetreuung einen wesentlichen Anteil hat, dann kann man ihr nur schwer folgen. Außerdem übersieht die Autorin die vielen heute nebeneinander herlaufenden Formen der Kinderversorgung. Vollzeitfremdbetreuung bereits wenige Wochen nach der Geburt gibt es, zumindest in Westdeutschland, kaum.

„Nur die zufriedene Mutter ist eine gute Mutter“, schreibt die Diplombibliothekarin und Vollzeitmutter selber, meint aber, dass die geringe gesellschaftliche Anerkennung der Mutterrolle Grund hierfür sei, dass sich Vollzeitmütter minderwertig fühlten. Dies mag zwar auch ein Grund sein, aber es ist keineswegs der einzige, warum Frauen heute früh wieder berufstätig sein wollen. Zumindest die Verfasserin dieser Zeilen – das muss sie erwähnen und ihre mangelnde Objektivität bei diesem Thema fairerweise offenbaren – liebt ihr 22 Wochen altes Kind, aber eben auch ihre Arbeit und ihre finanzielle Unabhängigkeit. R. Bellano

Hanne K. Götze: „Kinder brauchen Mütter. Die Risiken der Krippenbetreuung und was Kinder wirklich stark macht“, Ares Verlag, Graz 2011, gebunden, 277 Seiten, 19,90 Euro.


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