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12.11.11 / Mit Heckenschützen gegen die Lehrfreiheit / Muff von 40 Jahren an der Uni Trier: Auf Druck linker Hochschulgruppen wurde ein Gastprofessor geschasst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Mit Heckenschützen gegen die Lehrfreiheit
Muff von 40 Jahren an der Uni Trier: Auf Druck linker Hochschulgruppen wurde ein Gastprofessor geschasst

Kürzlich schrieb Jan Fleischhauer, der Quoten-Konservative unter den linken „Spiegel“-Autoren, in seiner wöchentlichen Kolumne treffend: „Es gibt einiges, was die Anhänger der linken Glaubenswelt für sich beanspruchen können, Gelassenheit gehört nicht dazu. Tatsächlich reagieren viele ausgesprochen ungehalten auf Widerspruch. Das mag damit zusammenhängen, dass sich auch die meisten Linken am liebsten unter ihresgleichen aufhalten, allen Beschwörungen des Multikultilarismus zum Trotz.“

Fleischhauer sprach aus eigener Erfahrung. Wie zum Beweis der These hat sich dieser Tage an der Universität Trier eine Provinzposse abgespielt, die schlaglichtartig das von linken Denkverboten umzäunte, miefige Meinungsklima in der Bundesrepublik und in Sonderheit an deren Universitäten erhellt.

Der international anerkannte israelische Militärhistoriker Martin van Creveld sollte in diesem Wintersemester eine Gastprofessur an der 1970 wiedergegründeten Universität wahrnehmen. Der 1946 in Rotterdam geborene van Creveld ist eigentlich bekannt für seine unkonventionellen Thesen, er selbst lässt sich in keine ideologische Schublade stecken. Die „Welt“ verglich ihn wegen seines „kalten Blicks“ auf bewaffnete Konflikte mit dem preußischen Kriegstheoretiker Carl von Clausewitz. Seine Bücher wurden von der Öffentlichkeit kontrovers aufgenommen. Auf Einladung des Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums (HKFZ) hielt Creveld am 17. Ok­tober an der Trierer Uni vor etwa 50 Studenten seine Antrittsvorlesung mit dem Thema „Männer, Frauen, Kriegsspiele und Kultur“. Darin stellte er auf eine subtile Bedeutung der Frau für das Entstehen von Kriegen ab. „Oft schauen sie den Männern zu, stacheln sie an, ermuntern sie, trösten sie, beten sie an und betteln darum, mit ihnen Sex haben zu dürfen“, heißt es in einer für die „Welt“ verfassten Kurzversion des Vortrags.

Dem HKFZ schmeckten diese Thesen nicht. Der Vorstand des Zentrums reagierte sofort. „Die ersten Gespräche liefen direkt am nächsten Morgen“, sagte Dekan Ulrich Port dem „Trierischen Volksfreund“. Aus dem Vorstand verlautete, seien die „Ausführungen von Herrn van Creveld über das vermeintlich ,bevorzugte Geschlecht‘ der Frauen, insbesondere sein gleichnamiges Buch, bekannt“ gewesen, hätte man auf seine Einladung verzichtet. Dabei hatte die Uni in einer Presseerklärung von Anfang Oktober auf das Buch aufmerksam gemacht. Es zeige van Crevelds „Vorliebe für herausfordernde Zuspitzungen“.

Vier Tage nach Crevelds erster Vorlesung traten auch die Meinungswächter des Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) der Universität auf den Plan. Mit Unterstützung linksgewirkter Hoch­schul­gruppen forderte das Gremium in einem offenen Brief den Rauswurf des Gastprofessors, der seine Lehrheimat 37 Jahre lang an der Hebräischen Universität Jerusalem hatte. Dessen Ansichten seien „frauenfeindlich, militaristisch, latent antiisraelisch, nicht zuletzt vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv“, bezichtigte der ASta den 65-Jährigen, ohne die Anwürfe zu belegen. Zudem warf man ihm vor in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ zu publizieren.

Unter dem Druck der Kampagne kündigte die Universitätsleitung den Vertrag mit van Creveld auf. Alle weiteren Veranstaltungen mit ihm – Creveld hätte noch einen Vortrag halten sowie ein Seminar geben sollen – wurden abgesagt. Das HKFZ begründete in einer Stellungnahme den Schritt damit, dass van Crevelds Aussagen „im strikten Sinne indiskutabel“ seien und „seriöse und methodische Standards vermissen“ ließen. Der Präsident der Universität, Michael Jäckel, warf dem Historiker vor, das Forum der Universität für die Darstellung von Thesen benutzt zu haben, „die sich aufgrund ihres Inhalts einer sachlichen Diskussion entziehen“.

Im Gespräch mit der „Welt“ verteidigte sich der Geschasste, der Vorwurf, „antiisraelisch“ zu sein, zeige, „dass diese Leute völlige Idioten sind, die meine Vorlesung nicht gehört haben“. „Hier geht es um Zensur, und die Universität macht mit“, fand er gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ deutliche Worte. „Die Studenten urteilen wie die Nazis. 1933 hat man Bücher verbrannt, heute versucht man, unliebsame Professoren kaltzustellen“, so Creveld, der von holländischen Juden abstammt.

Indessen sprang ein Trierer Universitätsprofessor dem Militärhistoriker bei. Er bedaure die Trennung von van Creveld und halte die Entscheidung für falsch, schrieb Martin Wagener, Juniorprofessor für Politikwissenschaft, in einem offenen Brief. Er habe den inkriminierten Vortrag angehört und anschließend gemeinsam mit einem Dekan und dem Gastprofessor zu Abend gegessen. Kritik habe es nicht gegeben. Der offene Brief der verfassten Studentenschaft weise inhaltlich eine sehr einseitige Stoßrichtung auf und trage einen klaren ideologischen Farbanstrich. Bei dem Vortrag seien die wenigsten der Unterzeichner dabei gewesen und keiner habe den Mut zu Kritik gefunden. „Es ist dann wenig beeindruckend, sich im Nachgang als akademischer Heckenschütze zu betätigen.“

Der Politikprofessor warnte, die „rhetorischen Keulen des Faschismus- oder Rechtsextremismus-Vorwurfes“ würden in Deutschland „sehr schnell ausgepackt, um den politischen Gegner zu diffamieren“. Es gehe ihm nicht um einen Diskussionsbeitrag zum Thema der Vorlesung. „Mir geht es um etwas ganz anderes: Umgangsformen.“ Christian Rudolf


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