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12.11.11 / Hungerlöhne in Nobelhotels / Manchmal nur zwei Euro pro Stunde – Tarif mit Tricks ausgehebelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Hungerlöhne in Nobelhotels
Manchmal nur zwei Euro pro Stunde – Tarif mit Tricks ausgehebelt

Schon wieder erregt die Berliner ein Skandal um Dumpinglöhne. Das Problem ist bekannt: Unternehmen lassen ihre Mitarbeiter für sehr geringen Lohn arbeiten, sodass sie ihren Lebensunterhalt davon, auch bei bescheidenster Lebensführung, nicht bestreiten können. Eigentlich schreibt das sogenannte Entsendegesetz vor, dass für Gebäudereiniger ein Brutto-Stundenlohn von 8,55 Euro die Untergrenze ist.

Aber in vielen der 800 Berliner Hotels werden die Vorschriften mit Hilfe von externen Reinigungsfirmen umgangen. Dort werden Löhne unterhalb aller tariflichen Vereinbarungen gezahlt, die manchmal bei ein bis zwei Euro pro Zimmer liegen. Betroffen sind davon in erster Linie Zimmermädchen und Reinigungskräfte.

Das funktioniert so: Dienstleister werden von den Hotels beauftragt, die bezahlen ihre Kräfte aber nicht nach Zeitaufwand, sondern pauschal nach der Anzahl der zu putzenden Zimmer. Der im Arbeitsvertrag verzeichnete Stundenlohn ist nicht verbindlich. Pro Tag sollen jedoch meist bis zu 30 Zimmer gereinigt werden, was in der Praxis kaum zu machen ist. So bleibt ein tatsächlicher Stundenlohn von manchmal weniger als zwei Euro übrig.

Es handelt sich hier keineswegs um Einzelfälle, weiß Sebastian Riesner, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG): „Diese Praktiken sind durchaus üblich und ziehen sich durch alle Preisklassen der Hotels.“ Die Hotels verschanzen sich hinter der Behauptung, die Dienstleister hielten die Tarife ein.

Ein anderer Trick funktioniert so, dass Zimmermädchen nicht als Gebäudereiniger, sondern als „Servicekräfte“ geführt würden, für die kein Mindestlohn festgelegt ist. Der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin (Dehoga), Thomas Lengfelder, sieht darin „normale Prozesse“ der Marktwirtschaft. Die NGG fordert dagegen verschärfte Kontrollen der Behörden, um den Mindestlohn durchzusetzen.

Auch die Gruppe „Schwarzarbeit“ des Zolls interessiert sich für diese Vorgänge und kündigte vermehrte Razzien an. Die Mehrheit der ins Visier genommenen Unternehmen scheinen sich der zweifelhaften Praktiken nicht aus wirtschaftlichen Zwängen heraus zu bedienen. Laut Landesamt für Statistik in Berlin stiegen die Einnahmen der Beherbergungsstätten im ersten Halbjahr 2011 um 10,9 Prozent.   Hans Lody


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